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Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Zweites Vierteljahr.

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Uriegsgcographische Neuerscheinungen

"Nein", sagte Tilla mit einer Stimme, ganz tief vor Glück, "wir sind
nicht arm."

Sie standen am Fenster. Durch den Park schwankte ein Möbelwagen,
schwer bepackt. Das Luisenpalais schimmerte in der Sonne herüber, alle Fenster
geöffnet. Tilla erkannte eine kleine, dunkle Gestalt auf der Rampe, die mit
einer Schwester dem Wagen entgegensah. Das war Fräulein von Raven. Der
Wagen bog ein und hielt. Zwei Diener öffneten die großen Flügeltüren. Es
war, als breite das Luisenpalais weit, weit die Arme aus. Und Stück für
Stück, in einer langen Reihe zogen die kleinen, schneeweißen Gitterbettchen ein,
viele, viele --

Tilla streifte plötzlich die Ärmel hoch.

"Ich kann nicht mehr, Hoheit, ich muß helfen", sagte sie.

Dann lachten sie beide und gingen hinüber zu dem alten Haus, das
wieder jung geworden war.




Rriegsgeographische Neuerscheinungen
Albrecht Dühr von

cum es auch nicht Aufgabe der "Grenzboten" sein kann, stetig über
die Neuerscheinungen auf dem Gebiete der Kriegskarten und der
kriegsgeographischen Literatur zu berichten, so erscheint es doch
angebracht, hin und wieder auf Neuigkeiten besonderer Art hin¬
zuweisen, die es verdienen, aus der Hochflut von Kriegsliteratur
herausgehoben zu werden.*)

Es handelt sich hier zunächst um einige Kriegskarten, die mir noch
zugegangen sind:

Wie der Dominaverlag in München im Maßstab 1 : 125000, so hatte auch
L. Ravenstein in Frankfurt die französische Generalstabskarte 1 : 80000, auf
1 : 100000 verkleinert in besonderen Zusammendrücken als "Kampfgebiete"
erscheinen lassen, die bedeutend geeigneter sind als die Einzelblätter mit ihrer
unvermeidlichen Zerschneidung der Kampfplätze. Während die Karten des erst¬
genannten Verlages noch käuflich sind, wurden die Ravensteinschen zurück¬
gezogen. Der Grund ist mir unbekannt. -- Flemmings Karte des General¬
gouvernements Belgien 1 : 320000 kann als politisch-historisches Hilfsmittel
empfohlen werden. -- Für die Beobachtung der Ereignisse in den Einzelgebieten,
also jetzt etwa bei Verdun, können die Karten gar nicht plastisch genug sein:
Eine mit einfachen Mitteln hergestellte Reliefkarte leistet zur Veranschaulichung



*) Vergl. die Hefte 13 und 36 des Jahrgangs t916.
Uriegsgcographische Neuerscheinungen

„Nein", sagte Tilla mit einer Stimme, ganz tief vor Glück, „wir sind
nicht arm."

Sie standen am Fenster. Durch den Park schwankte ein Möbelwagen,
schwer bepackt. Das Luisenpalais schimmerte in der Sonne herüber, alle Fenster
geöffnet. Tilla erkannte eine kleine, dunkle Gestalt auf der Rampe, die mit
einer Schwester dem Wagen entgegensah. Das war Fräulein von Raven. Der
Wagen bog ein und hielt. Zwei Diener öffneten die großen Flügeltüren. Es
war, als breite das Luisenpalais weit, weit die Arme aus. Und Stück für
Stück, in einer langen Reihe zogen die kleinen, schneeweißen Gitterbettchen ein,
viele, viele —

Tilla streifte plötzlich die Ärmel hoch.

„Ich kann nicht mehr, Hoheit, ich muß helfen", sagte sie.

Dann lachten sie beide und gingen hinüber zu dem alten Haus, das
wieder jung geworden war.




Rriegsgeographische Neuerscheinungen
Albrecht Dühr von

cum es auch nicht Aufgabe der „Grenzboten" sein kann, stetig über
die Neuerscheinungen auf dem Gebiete der Kriegskarten und der
kriegsgeographischen Literatur zu berichten, so erscheint es doch
angebracht, hin und wieder auf Neuigkeiten besonderer Art hin¬
zuweisen, die es verdienen, aus der Hochflut von Kriegsliteratur
herausgehoben zu werden.*)

Es handelt sich hier zunächst um einige Kriegskarten, die mir noch
zugegangen sind:

Wie der Dominaverlag in München im Maßstab 1 : 125000, so hatte auch
L. Ravenstein in Frankfurt die französische Generalstabskarte 1 : 80000, auf
1 : 100000 verkleinert in besonderen Zusammendrücken als „Kampfgebiete"
erscheinen lassen, die bedeutend geeigneter sind als die Einzelblätter mit ihrer
unvermeidlichen Zerschneidung der Kampfplätze. Während die Karten des erst¬
genannten Verlages noch käuflich sind, wurden die Ravensteinschen zurück¬
gezogen. Der Grund ist mir unbekannt. — Flemmings Karte des General¬
gouvernements Belgien 1 : 320000 kann als politisch-historisches Hilfsmittel
empfohlen werden. — Für die Beobachtung der Ereignisse in den Einzelgebieten,
also jetzt etwa bei Verdun, können die Karten gar nicht plastisch genug sein:
Eine mit einfachen Mitteln hergestellte Reliefkarte leistet zur Veranschaulichung



*) Vergl. die Hefte 13 und 36 des Jahrgangs t916.
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[0329] Uriegsgcographische Neuerscheinungen „Nein", sagte Tilla mit einer Stimme, ganz tief vor Glück, „wir sind nicht arm." Sie standen am Fenster. Durch den Park schwankte ein Möbelwagen, schwer bepackt. Das Luisenpalais schimmerte in der Sonne herüber, alle Fenster geöffnet. Tilla erkannte eine kleine, dunkle Gestalt auf der Rampe, die mit einer Schwester dem Wagen entgegensah. Das war Fräulein von Raven. Der Wagen bog ein und hielt. Zwei Diener öffneten die großen Flügeltüren. Es war, als breite das Luisenpalais weit, weit die Arme aus. Und Stück für Stück, in einer langen Reihe zogen die kleinen, schneeweißen Gitterbettchen ein, viele, viele — Tilla streifte plötzlich die Ärmel hoch. „Ich kann nicht mehr, Hoheit, ich muß helfen", sagte sie. Dann lachten sie beide und gingen hinüber zu dem alten Haus, das wieder jung geworden war. Rriegsgeographische Neuerscheinungen Albrecht Dühr von cum es auch nicht Aufgabe der „Grenzboten" sein kann, stetig über die Neuerscheinungen auf dem Gebiete der Kriegskarten und der kriegsgeographischen Literatur zu berichten, so erscheint es doch angebracht, hin und wieder auf Neuigkeiten besonderer Art hin¬ zuweisen, die es verdienen, aus der Hochflut von Kriegsliteratur herausgehoben zu werden.*) Es handelt sich hier zunächst um einige Kriegskarten, die mir noch zugegangen sind: Wie der Dominaverlag in München im Maßstab 1 : 125000, so hatte auch L. Ravenstein in Frankfurt die französische Generalstabskarte 1 : 80000, auf 1 : 100000 verkleinert in besonderen Zusammendrücken als „Kampfgebiete" erscheinen lassen, die bedeutend geeigneter sind als die Einzelblätter mit ihrer unvermeidlichen Zerschneidung der Kampfplätze. Während die Karten des erst¬ genannten Verlages noch käuflich sind, wurden die Ravensteinschen zurück¬ gezogen. Der Grund ist mir unbekannt. — Flemmings Karte des General¬ gouvernements Belgien 1 : 320000 kann als politisch-historisches Hilfsmittel empfohlen werden. — Für die Beobachtung der Ereignisse in den Einzelgebieten, also jetzt etwa bei Verdun, können die Karten gar nicht plastisch genug sein: Eine mit einfachen Mitteln hergestellte Reliefkarte leistet zur Veranschaulichung *) Vergl. die Hefte 13 und 36 des Jahrgangs t916.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341903_330101/329>, abgerufen am 28.07.2024.