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Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Zweites Vierteljahr.

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Die Vereinigung der Schroarzburgischen Fürstentümer

1856 ist die Kammeralrente für jede Finanzperiode in den Etat eingestellt. Im
Etat 1912 bis 1914 sind eingestellt:

Kammeralrente des Fürsten . ....... 300000 M.
Naturalleistungen aus dem Dominium..... 2 400 "
Hofbaukosten............. 30000 "
Apanagen, Wittums- und Sustentationsgelder . . 33 667 "

Das Kammergut umfaßt in Rudolstadt: 13 Domänen und sonst ver¬
pachtete Grundstücke mit 3243 Hektar und 12 Oberförstereien mit 21415 Hektar.

V. Was die Kirchenverfassung betrifft, so ist in beiden Staaten die evangelisch¬
lutherische Kirche die Landeskirche. Über die Organisation bestimmt das Sonders¬
häuser Gesetz vom 9. Dezember 1865, geändert durch Gesetz vom 3. Dezember 1893
und Z 106 Abs. 3 des Volksschul-Geh. vom 31. Mai 1912 als Behörden: Ministe¬
rium, Abt. für Kirchen- und Schulsachen mit beigeordnetem Kirchenrat, 3 Kirchen¬
inspektionen, 3 Superintendanturen und Kirchenvorstände in den Gemeinden. In
Rudolstadt: Geh. vom 17. März 1854. V.-O. vom 8. Juli 1881, Kirchenvisitations¬
ordnung vom 20. April 1880: Ministerium, Abt. für Kirchen- und Schulsachen,
Kirchenrat, Generalsuperintendent, 5 Kirchen- und Schulinspektionen, 5 Super¬
intendenten einschließlich des Generalsuperintendenten, Kirchen- und Schulvorstünde.

In beiden Fürstentümern wird eine selbständige Kirchenverfassung (Synode,
Besteuerungsrecht, Dotationsrente des Staates, der seinerzeit die Kirchengüter
eingezogen hat) angestrebt.

VI. Als nach dem Ableben des letzten Sonderhänser Fürsten Karl Günther,
gab. 7. August 1830, geht. 28. März 1909, Fürst Günther zu Schwarzburg-
Rudolstadt. geb. 21. August 1852, mit Patent vom 29. März 1909 die Regie¬
rung auch im Fürstentum Schwarzburg-Sondershausen angetreten hatte, und nach¬
dem seit Juli 1909 auch die Ministerstellen demselben Staatsminister übertragen
worden waren, wurde eine allmähliche Verschmelzung der Fürstentümer angestrebt.

Als gemeinsame Behörden sind seitdem eingerichtet: Die Eichämter, die
Gewerbeinspektion, das Erbschafts- und Zuwachssteueramt, das Oberversicherungs¬
amt. Die Handwerkskammer umfaßte, wie oben ausgeführt, von Anfang an
beide Fürstentümer. Die fürstliche Gendarmerie und die fürstlichen Forstbeamten
sind einheitlich uniformiert. Dagegen sind z.B. zwei Gesetze, die für beide
Staaten geplant waren, nicht gleichmäßig angenommen; das in Sondershausen
angenommene Volksschulgesetz konnte in Rudolstadt dem Landtage noch nicht
vorgelegt werden. Die Kapitalrentensteuer, die in Rudolstadt angenommen
ist, wurde in Sondershausen abgelehnt.

VII. Der nunmehr zur Vorbereitung eingesetzte Ausschuß dürfte
sich zunächst mit der Aufstellung eines neuen Landesgrundgesetzes (der
Verfassung) und Landtagswahlgesetzes und Hand in Hand damit mit
der Herbeiführung des finanziellen Ausgleichs zu beschäftigen haben. Denn
wenn dieser nicht gefunden werden kann, wird zunächst keine Geneigtheit
zu einer endgültigen Beschlußfassung über eine völlige Verschmelzung der


Die Vereinigung der Schroarzburgischen Fürstentümer

1856 ist die Kammeralrente für jede Finanzperiode in den Etat eingestellt. Im
Etat 1912 bis 1914 sind eingestellt:

Kammeralrente des Fürsten . ....... 300000 M.
Naturalleistungen aus dem Dominium..... 2 400 „
Hofbaukosten............. 30000 „
Apanagen, Wittums- und Sustentationsgelder . . 33 667 „

Das Kammergut umfaßt in Rudolstadt: 13 Domänen und sonst ver¬
pachtete Grundstücke mit 3243 Hektar und 12 Oberförstereien mit 21415 Hektar.

V. Was die Kirchenverfassung betrifft, so ist in beiden Staaten die evangelisch¬
lutherische Kirche die Landeskirche. Über die Organisation bestimmt das Sonders¬
häuser Gesetz vom 9. Dezember 1865, geändert durch Gesetz vom 3. Dezember 1893
und Z 106 Abs. 3 des Volksschul-Geh. vom 31. Mai 1912 als Behörden: Ministe¬
rium, Abt. für Kirchen- und Schulsachen mit beigeordnetem Kirchenrat, 3 Kirchen¬
inspektionen, 3 Superintendanturen und Kirchenvorstände in den Gemeinden. In
Rudolstadt: Geh. vom 17. März 1854. V.-O. vom 8. Juli 1881, Kirchenvisitations¬
ordnung vom 20. April 1880: Ministerium, Abt. für Kirchen- und Schulsachen,
Kirchenrat, Generalsuperintendent, 5 Kirchen- und Schulinspektionen, 5 Super¬
intendenten einschließlich des Generalsuperintendenten, Kirchen- und Schulvorstünde.

In beiden Fürstentümern wird eine selbständige Kirchenverfassung (Synode,
Besteuerungsrecht, Dotationsrente des Staates, der seinerzeit die Kirchengüter
eingezogen hat) angestrebt.

VI. Als nach dem Ableben des letzten Sonderhänser Fürsten Karl Günther,
gab. 7. August 1830, geht. 28. März 1909, Fürst Günther zu Schwarzburg-
Rudolstadt. geb. 21. August 1852, mit Patent vom 29. März 1909 die Regie¬
rung auch im Fürstentum Schwarzburg-Sondershausen angetreten hatte, und nach¬
dem seit Juli 1909 auch die Ministerstellen demselben Staatsminister übertragen
worden waren, wurde eine allmähliche Verschmelzung der Fürstentümer angestrebt.

Als gemeinsame Behörden sind seitdem eingerichtet: Die Eichämter, die
Gewerbeinspektion, das Erbschafts- und Zuwachssteueramt, das Oberversicherungs¬
amt. Die Handwerkskammer umfaßte, wie oben ausgeführt, von Anfang an
beide Fürstentümer. Die fürstliche Gendarmerie und die fürstlichen Forstbeamten
sind einheitlich uniformiert. Dagegen sind z.B. zwei Gesetze, die für beide
Staaten geplant waren, nicht gleichmäßig angenommen; das in Sondershausen
angenommene Volksschulgesetz konnte in Rudolstadt dem Landtage noch nicht
vorgelegt werden. Die Kapitalrentensteuer, die in Rudolstadt angenommen
ist, wurde in Sondershausen abgelehnt.

VII. Der nunmehr zur Vorbereitung eingesetzte Ausschuß dürfte
sich zunächst mit der Aufstellung eines neuen Landesgrundgesetzes (der
Verfassung) und Landtagswahlgesetzes und Hand in Hand damit mit
der Herbeiführung des finanziellen Ausgleichs zu beschäftigen haben. Denn
wenn dieser nicht gefunden werden kann, wird zunächst keine Geneigtheit
zu einer endgültigen Beschlußfassung über eine völlige Verschmelzung der


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341903_330101/246>, abgerufen am 28.07.2024.