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Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Zweites Vierteljahr.

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Die Vereinigung der Schwarzburgischen Fürstentümer

direkt und geheim gewählt. Die Wahlen erfolgen ans drei Jahre nach dem
Reichstagswahlrecht analogen Bestimmungen. Wahlberechtigt sind alle männ¬
lichen Staatsangehörigen, welche direkte Staatssteuern entrichten, das fünfund-
zwanzigste Lebensjahr zurückgelegt, ihren Wohnsitz innerhalb des Fürstentums
haben und im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte sind. Wählbar zum Ab¬
geordneten ist jeder Wähler, der seit mindestens einem Jahre Angehöriger des
Fürstentums ist.

Die staatlichen Einrichtungen in beiden Fürstentümern haben sich durchaus
unabhängig voneinander und verschiedenartig entwickelt. In Sondershausen ist
eine erste und eine zweite Kammer im Landtage vereinigt, da der Landtag zu
i/s aus vom Fürsten auf Lebenszeit ernannten und zu ^/z aus gewählten Ab¬
geordneten sich zusammensetzt, falls der Fürst sechs lebenslängliche Mitglieder
ernannt hat. In Rudolstadt besteht der Landtag nur aus gewählten Abgeord¬
neten. Die Abgeordneten aus "sogenannten" allgemeinen Wahlen bilden in
Sondershausen nur Vs, in Rudolstadt ^/^ des Landtags; im ersteren Staate
werden sie indirekt durch Wahlmänner, im letzteren direkt gewählt. Die Wähl¬
barkeit beginnt in Sondershausen mit dem dreißigsten Lebensjahre, in Rudol¬
stadt mit dem fünfundzwanzigsten Lebensjahre. In Rudolstadt kann jeder
wählen, der seinen Wohnsitz im Fürstentum hat, in Sondershausen muß er das
Bürgerrecht in einer Gemeinde haben, in den meisten Fällen also zwei Jahre
in der Gemeinde wohnen. Eine Einigung auf ein neues in beiden Landtagen
annehmbares Wahlgesetz (zur Annahme gehört eine Stimmenmehrheit von ^/z
und zweimalige Abstimmung) unter gegenseitigen Zugeständnissen auf einer
mittleren Linie dürfte nicht unerhebliche Schwierigkeiten bieten und doch wird sie
die erste Voraussetzung für eine Durchführung der Vereinigung bilden müssen.*)

Auch die Vertretung der Erwerbsstände in Berufskammern ist in den
Fürstentümern nicht durchweg gleich geordnet.

Die Handwerkskammer ist durch Staatsvertrag vom 17. März 1900 für
beide Fürstentümer gemeinsam errichtet. Durch Gesetz vom 17. August 1901
ist für das Fürstentum Schwarzburg-Sondershausen eine Laudwirtschaftskammer
mit dem Sitze in Sondershausen errichtet. In Rudolstadt gibt es keine gesetz¬
liche Vertretung der Landwirtschaft. Handelskammern sind in beiden Staaten
getrennt gebildet: Geh. vom 30. Juli 1899, ergänzt durch Geh. vom 6. Dezember
1906 für Sondershausen, Geh. vom 22. März 1901 und Geh. vom 25. März
1904 für Rudolstadt. Der Ausdehnung der Landwirtschaftskammer auf Rüböl-



*) Die in Arnstadt tagende Konferenz von Regierungsvertretern und Landtags¬
abgeordneten der beiden Fürstentümer Schwarzburg-Rudolstadt und -Sondershausen wird
den Landtagen bezüglich des Landtags und Wahlrechts empfehlen: Ein Landtag mit der
gleichen Zahl von Abgeordneten aus jedem Fürstentum. Der Landtag besteht aus 32 Ab¬
geordneten. Hiervon werden 4 vom Fürsten ernannt, 12 Höchstbesteuerte, 16 Abgeordnete
aus allgemeinen Wahlen mit gleichem, geheimem und direktem Wahlrecht für alle 26 Jahre
^ alten männlichen Staatsbürger.
Die Vereinigung der Schwarzburgischen Fürstentümer

direkt und geheim gewählt. Die Wahlen erfolgen ans drei Jahre nach dem
Reichstagswahlrecht analogen Bestimmungen. Wahlberechtigt sind alle männ¬
lichen Staatsangehörigen, welche direkte Staatssteuern entrichten, das fünfund-
zwanzigste Lebensjahr zurückgelegt, ihren Wohnsitz innerhalb des Fürstentums
haben und im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte sind. Wählbar zum Ab¬
geordneten ist jeder Wähler, der seit mindestens einem Jahre Angehöriger des
Fürstentums ist.

Die staatlichen Einrichtungen in beiden Fürstentümern haben sich durchaus
unabhängig voneinander und verschiedenartig entwickelt. In Sondershausen ist
eine erste und eine zweite Kammer im Landtage vereinigt, da der Landtag zu
i/s aus vom Fürsten auf Lebenszeit ernannten und zu ^/z aus gewählten Ab¬
geordneten sich zusammensetzt, falls der Fürst sechs lebenslängliche Mitglieder
ernannt hat. In Rudolstadt besteht der Landtag nur aus gewählten Abgeord¬
neten. Die Abgeordneten aus „sogenannten" allgemeinen Wahlen bilden in
Sondershausen nur Vs, in Rudolstadt ^/^ des Landtags; im ersteren Staate
werden sie indirekt durch Wahlmänner, im letzteren direkt gewählt. Die Wähl¬
barkeit beginnt in Sondershausen mit dem dreißigsten Lebensjahre, in Rudol¬
stadt mit dem fünfundzwanzigsten Lebensjahre. In Rudolstadt kann jeder
wählen, der seinen Wohnsitz im Fürstentum hat, in Sondershausen muß er das
Bürgerrecht in einer Gemeinde haben, in den meisten Fällen also zwei Jahre
in der Gemeinde wohnen. Eine Einigung auf ein neues in beiden Landtagen
annehmbares Wahlgesetz (zur Annahme gehört eine Stimmenmehrheit von ^/z
und zweimalige Abstimmung) unter gegenseitigen Zugeständnissen auf einer
mittleren Linie dürfte nicht unerhebliche Schwierigkeiten bieten und doch wird sie
die erste Voraussetzung für eine Durchführung der Vereinigung bilden müssen.*)

Auch die Vertretung der Erwerbsstände in Berufskammern ist in den
Fürstentümern nicht durchweg gleich geordnet.

Die Handwerkskammer ist durch Staatsvertrag vom 17. März 1900 für
beide Fürstentümer gemeinsam errichtet. Durch Gesetz vom 17. August 1901
ist für das Fürstentum Schwarzburg-Sondershausen eine Laudwirtschaftskammer
mit dem Sitze in Sondershausen errichtet. In Rudolstadt gibt es keine gesetz¬
liche Vertretung der Landwirtschaft. Handelskammern sind in beiden Staaten
getrennt gebildet: Geh. vom 30. Juli 1899, ergänzt durch Geh. vom 6. Dezember
1906 für Sondershausen, Geh. vom 22. März 1901 und Geh. vom 25. März
1904 für Rudolstadt. Der Ausdehnung der Landwirtschaftskammer auf Rüböl-



*) Die in Arnstadt tagende Konferenz von Regierungsvertretern und Landtags¬
abgeordneten der beiden Fürstentümer Schwarzburg-Rudolstadt und -Sondershausen wird
den Landtagen bezüglich des Landtags und Wahlrechts empfehlen: Ein Landtag mit der
gleichen Zahl von Abgeordneten aus jedem Fürstentum. Der Landtag besteht aus 32 Ab¬
geordneten. Hiervon werden 4 vom Fürsten ernannt, 12 Höchstbesteuerte, 16 Abgeordnete
aus allgemeinen Wahlen mit gleichem, geheimem und direktem Wahlrecht für alle 26 Jahre
^ alten männlichen Staatsbürger.
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[0214] Die Vereinigung der Schwarzburgischen Fürstentümer direkt und geheim gewählt. Die Wahlen erfolgen ans drei Jahre nach dem Reichstagswahlrecht analogen Bestimmungen. Wahlberechtigt sind alle männ¬ lichen Staatsangehörigen, welche direkte Staatssteuern entrichten, das fünfund- zwanzigste Lebensjahr zurückgelegt, ihren Wohnsitz innerhalb des Fürstentums haben und im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte sind. Wählbar zum Ab¬ geordneten ist jeder Wähler, der seit mindestens einem Jahre Angehöriger des Fürstentums ist. Die staatlichen Einrichtungen in beiden Fürstentümern haben sich durchaus unabhängig voneinander und verschiedenartig entwickelt. In Sondershausen ist eine erste und eine zweite Kammer im Landtage vereinigt, da der Landtag zu i/s aus vom Fürsten auf Lebenszeit ernannten und zu ^/z aus gewählten Ab¬ geordneten sich zusammensetzt, falls der Fürst sechs lebenslängliche Mitglieder ernannt hat. In Rudolstadt besteht der Landtag nur aus gewählten Abgeord¬ neten. Die Abgeordneten aus „sogenannten" allgemeinen Wahlen bilden in Sondershausen nur Vs, in Rudolstadt ^/^ des Landtags; im ersteren Staate werden sie indirekt durch Wahlmänner, im letzteren direkt gewählt. Die Wähl¬ barkeit beginnt in Sondershausen mit dem dreißigsten Lebensjahre, in Rudol¬ stadt mit dem fünfundzwanzigsten Lebensjahre. In Rudolstadt kann jeder wählen, der seinen Wohnsitz im Fürstentum hat, in Sondershausen muß er das Bürgerrecht in einer Gemeinde haben, in den meisten Fällen also zwei Jahre in der Gemeinde wohnen. Eine Einigung auf ein neues in beiden Landtagen annehmbares Wahlgesetz (zur Annahme gehört eine Stimmenmehrheit von ^/z und zweimalige Abstimmung) unter gegenseitigen Zugeständnissen auf einer mittleren Linie dürfte nicht unerhebliche Schwierigkeiten bieten und doch wird sie die erste Voraussetzung für eine Durchführung der Vereinigung bilden müssen.*) Auch die Vertretung der Erwerbsstände in Berufskammern ist in den Fürstentümern nicht durchweg gleich geordnet. Die Handwerkskammer ist durch Staatsvertrag vom 17. März 1900 für beide Fürstentümer gemeinsam errichtet. Durch Gesetz vom 17. August 1901 ist für das Fürstentum Schwarzburg-Sondershausen eine Laudwirtschaftskammer mit dem Sitze in Sondershausen errichtet. In Rudolstadt gibt es keine gesetz¬ liche Vertretung der Landwirtschaft. Handelskammern sind in beiden Staaten getrennt gebildet: Geh. vom 30. Juli 1899, ergänzt durch Geh. vom 6. Dezember 1906 für Sondershausen, Geh. vom 22. März 1901 und Geh. vom 25. März 1904 für Rudolstadt. Der Ausdehnung der Landwirtschaftskammer auf Rüböl- *) Die in Arnstadt tagende Konferenz von Regierungsvertretern und Landtags¬ abgeordneten der beiden Fürstentümer Schwarzburg-Rudolstadt und -Sondershausen wird den Landtagen bezüglich des Landtags und Wahlrechts empfehlen: Ein Landtag mit der gleichen Zahl von Abgeordneten aus jedem Fürstentum. Der Landtag besteht aus 32 Ab¬ geordneten. Hiervon werden 4 vom Fürsten ernannt, 12 Höchstbesteuerte, 16 Abgeordnete aus allgemeinen Wahlen mit gleichem, geheimem und direktem Wahlrecht für alle 26 Jahre ^ alten männlichen Staatsbürger.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341903_330101/214>, abgerufen am 23.12.2024.