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Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Zweites Vierteljahr.

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Bismarck und die italienische Politik
Irnn Jahrestage der italienischen Kriegserklärung
v I. p. Buß on

"Ich wünsche, daß unsere politischen Sympathien unwandelbar
sein mögen, denn ebenso wie wir gemeinsame Freunde haben,
sind auch unsere Feinde die Ihren."

(Brief CrisM an Bismarck vom l. Januar 1889;
Crispi: "Memoiren, Erinnerungen und Dokumente")

is im Frühjahr 1866 Bismarck in Berlin mit dem italienischen
General Gavonne verhandelte, war dieser erschrocken, als der
Kanzler den Wunsch äußerte, der General möge zu Hause an¬
fragen, ob er auch gegen napoleonische Verstimmungen auf Italiens
Vertragstreue rechnen dürfte. Gavonne erwiderte, daß eine solche
Rückfrage an demselben Tage nach Paris telegraphiert werden würde, mit der
Anfrage, "was man antworten solle?" Die Fügsamkeit und Abhängigkeit
Italiens von Frankreich war von Bismarck voll und ganz erkannt worden.
Die öffentliche Meinung wie die Regierung Italiens waren von dem Glauben
an die "Wohltaten" beseelt, die schon Napoleon der Dritte den Italienern
erwiesen hatte. In einer leidenschaftlichen Verbohrtheit erkannte man nicht, daß
für Napoleon die Unterstützung Italiens im Kriege voll 1839 nichts als ein
Geschäft war, man sah nicht, daß im Grunde Napoleons Ziel ein uneiniges,
der Herrschaft Österreichs entrissenes und Frankreich tributpflichtiges Italien war,
man sah nicht, daß Napoleon durch die Wegnahme von Savoyen und Nizza
der eigentliche Gegner der so heiß ersehnten natürlichen Grenzen Italiens
geworden war. Crispi stand fast vereinsamt in der Erkenntnis, daß, bei aller
Bewunderung des Geistes und der Kultur des französischen Volkes, schon der
geschichtlichen Tradition gemäß, ein starkes und geeintes Italien, "in Frankreich


Grenzboien II 19t6 13


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Bismarck und die italienische Politik
Irnn Jahrestage der italienischen Kriegserklärung
v I. p. Buß on

„Ich wünsche, daß unsere politischen Sympathien unwandelbar
sein mögen, denn ebenso wie wir gemeinsame Freunde haben,
sind auch unsere Feinde die Ihren."

(Brief CrisM an Bismarck vom l. Januar 1889;
Crispi: „Memoiren, Erinnerungen und Dokumente")

is im Frühjahr 1866 Bismarck in Berlin mit dem italienischen
General Gavonne verhandelte, war dieser erschrocken, als der
Kanzler den Wunsch äußerte, der General möge zu Hause an¬
fragen, ob er auch gegen napoleonische Verstimmungen auf Italiens
Vertragstreue rechnen dürfte. Gavonne erwiderte, daß eine solche
Rückfrage an demselben Tage nach Paris telegraphiert werden würde, mit der
Anfrage, „was man antworten solle?" Die Fügsamkeit und Abhängigkeit
Italiens von Frankreich war von Bismarck voll und ganz erkannt worden.
Die öffentliche Meinung wie die Regierung Italiens waren von dem Glauben
an die „Wohltaten" beseelt, die schon Napoleon der Dritte den Italienern
erwiesen hatte. In einer leidenschaftlichen Verbohrtheit erkannte man nicht, daß
für Napoleon die Unterstützung Italiens im Kriege voll 1839 nichts als ein
Geschäft war, man sah nicht, daß im Grunde Napoleons Ziel ein uneiniges,
der Herrschaft Österreichs entrissenes und Frankreich tributpflichtiges Italien war,
man sah nicht, daß Napoleon durch die Wegnahme von Savoyen und Nizza
der eigentliche Gegner der so heiß ersehnten natürlichen Grenzen Italiens
geworden war. Crispi stand fast vereinsamt in der Erkenntnis, daß, bei aller
Bewunderung des Geistes und der Kultur des französischen Volkes, schon der
geschichtlichen Tradition gemäß, ein starkes und geeintes Italien, „in Frankreich


Grenzboien II 19t6 13
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341903_330101/205>, abgerufen am 28.07.2024.