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Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Erstes Vierteljahr.

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Friedensziele der Elektrotechnik

überwinden hatte. Am Schlüsse meines Aufsatzes deutete ich die Richtung an,
in welcher Forscher und Praktiker zu schaffen haben werden, um aus den An¬
strengungen der Not einen bleibenden Gewinn für die Elektrotechnik zu erzielen.
Es wird demnach das erste Friedensziel der elektrotechnischen Wissenschaft sein,
zu prüfen, inwieweit man die Erzeugnisse der elektrischen Industrie bei mög¬
lichster Sparsamkeit mit den im Lande nur in geringen Mengen gewonnenen
Rohstoffen wie Kupfer, Nickel und Gummi, und doch in jener Vollendung her¬
stellen kann, die der deutschen Elektrotechnik den Weltruf verschafft. Zwei
Gründe sprechen für die Verfolgung dieser Ziele. Erstens streben wir eine
möglichste Unabhängigkeit von dem Auslande an, indem wir uns mit manchen,
im Lande selbst gewonnenen Rohstoffen, die wir zunächst noch als Ersatzstoffe
bezeichnen, behelfen, folglich auch das Geld im Lande behalten, und durch die
Ersparnisse an Frachten und Zöllen billiger produzieren können, zweitens unter¬
stätzen wir den heimischen Bergbau und die heimische Hütten- und chemische
Industrie, da in Zukunft ihre Erzeugnisse in höherem Maße als bisher von der
Elektrotechnik benötigt und verbraucht werden. Durch die billigere Produktion
schaffen wir der elektrischen Industrie neue Abnehmer auch in Kreisen, in denen
die elektrotechnischen Erzeugnisse bis jetzt zu teuer waren. Durch die Ein¬
führung und die Popularisierung der Elektrizität verbreiten wir die Kultur in
weiteren Volksschichten und schaffen viele!? Tausenden von neuen Händen Arbeit
und tragen zur Erhöhung des Volkswohlstandes bei.

Der Friede, der früher oder später geschlossen wird, darf die elektrische
Industrie nicht unvorbereitet treffen. Die Vorarbeiten müssen nach drei Rich¬
tungen gefördert werden. Die durch den Krieg unmittelbar verursachten Be¬
schädigungen und Zerstörungen an elektrischem Material müssen beseitigt werden.
Die mittelbaren Schäden, die durch die infolge Rohstoff- und Arbeitermangel
nicht rechtzeitig ausgeführten Aufträge der Volkswirtschaft erwachsen sind, müssen
so schnell wie möglich behoben werden. Es muß getrachtet werden, diejenigen
Industriezweige, welche zur Befriedigung des Friedensbedarfes dienen, wieder
zur Blüte und zur höchsten Entfaltung zu bringen.

Indem ich die Beseitigung der durch den Krieg verursachten unmittelbaren
Schäden als erste Notwendigkeit bezeichnete, dachte ich natürlich in erster Linie
an die im Gebiete des deutschen Reiches und demjenigen unserer Verbündeten,
in Galizien, in der Bukowina und in Ungarn zerstörten Elektrizitätswerke und
sonstiger elektrischen Anlagen, deren Wiedererrichtung und Inbetriebsetzung die
Vorbedingung der Herstellung des Wirtschaftslebens, wie es sich vor dem Kriege
abwickelte, ist. Zum Glück hat der Feind in unseren Gebieten nur vorüber¬
gehend gehaust, und der Krieg wurde bald auf fremden Boden getragen, doch
er hat in der verhältnismäßig kurzen Zeit sein Zerstörungswerk gründlich be¬
sorgt. Manche bis dahin blühende industrielle Anlage liegt heute noch in
Trümmern, obwohl die Regierungen und Kommunen das Werk der Wieder-
aufrichtung unmittelbar nach Abzug des Feindes, sozusagen noch im Kanonen-


Friedensziele der Elektrotechnik

überwinden hatte. Am Schlüsse meines Aufsatzes deutete ich die Richtung an,
in welcher Forscher und Praktiker zu schaffen haben werden, um aus den An¬
strengungen der Not einen bleibenden Gewinn für die Elektrotechnik zu erzielen.
Es wird demnach das erste Friedensziel der elektrotechnischen Wissenschaft sein,
zu prüfen, inwieweit man die Erzeugnisse der elektrischen Industrie bei mög¬
lichster Sparsamkeit mit den im Lande nur in geringen Mengen gewonnenen
Rohstoffen wie Kupfer, Nickel und Gummi, und doch in jener Vollendung her¬
stellen kann, die der deutschen Elektrotechnik den Weltruf verschafft. Zwei
Gründe sprechen für die Verfolgung dieser Ziele. Erstens streben wir eine
möglichste Unabhängigkeit von dem Auslande an, indem wir uns mit manchen,
im Lande selbst gewonnenen Rohstoffen, die wir zunächst noch als Ersatzstoffe
bezeichnen, behelfen, folglich auch das Geld im Lande behalten, und durch die
Ersparnisse an Frachten und Zöllen billiger produzieren können, zweitens unter¬
stätzen wir den heimischen Bergbau und die heimische Hütten- und chemische
Industrie, da in Zukunft ihre Erzeugnisse in höherem Maße als bisher von der
Elektrotechnik benötigt und verbraucht werden. Durch die billigere Produktion
schaffen wir der elektrischen Industrie neue Abnehmer auch in Kreisen, in denen
die elektrotechnischen Erzeugnisse bis jetzt zu teuer waren. Durch die Ein¬
führung und die Popularisierung der Elektrizität verbreiten wir die Kultur in
weiteren Volksschichten und schaffen viele!? Tausenden von neuen Händen Arbeit
und tragen zur Erhöhung des Volkswohlstandes bei.

Der Friede, der früher oder später geschlossen wird, darf die elektrische
Industrie nicht unvorbereitet treffen. Die Vorarbeiten müssen nach drei Rich¬
tungen gefördert werden. Die durch den Krieg unmittelbar verursachten Be¬
schädigungen und Zerstörungen an elektrischem Material müssen beseitigt werden.
Die mittelbaren Schäden, die durch die infolge Rohstoff- und Arbeitermangel
nicht rechtzeitig ausgeführten Aufträge der Volkswirtschaft erwachsen sind, müssen
so schnell wie möglich behoben werden. Es muß getrachtet werden, diejenigen
Industriezweige, welche zur Befriedigung des Friedensbedarfes dienen, wieder
zur Blüte und zur höchsten Entfaltung zu bringen.

Indem ich die Beseitigung der durch den Krieg verursachten unmittelbaren
Schäden als erste Notwendigkeit bezeichnete, dachte ich natürlich in erster Linie
an die im Gebiete des deutschen Reiches und demjenigen unserer Verbündeten,
in Galizien, in der Bukowina und in Ungarn zerstörten Elektrizitätswerke und
sonstiger elektrischen Anlagen, deren Wiedererrichtung und Inbetriebsetzung die
Vorbedingung der Herstellung des Wirtschaftslebens, wie es sich vor dem Kriege
abwickelte, ist. Zum Glück hat der Feind in unseren Gebieten nur vorüber¬
gehend gehaust, und der Krieg wurde bald auf fremden Boden getragen, doch
er hat in der verhältnismäßig kurzen Zeit sein Zerstörungswerk gründlich be¬
sorgt. Manche bis dahin blühende industrielle Anlage liegt heute noch in
Trümmern, obwohl die Regierungen und Kommunen das Werk der Wieder-
aufrichtung unmittelbar nach Abzug des Feindes, sozusagen noch im Kanonen-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341903_329665/60>, abgerufen am 15.01.2025.