Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Erstes Vierteljahr.vom Rulturwert des Architekturstudiums liebe kleine illustrierte Reiseführer bekämen wie Leo Planiscig ("Denkmale der Bei allem kunstgeschichtlichen Studium ist für den Laien jedoch eines fest¬ Die Belebung eines verständigen Architekturstudiums ist auch noch aus vom Rulturwert des Architekturstudiums liebe kleine illustrierte Reiseführer bekämen wie Leo Planiscig („Denkmale der Bei allem kunstgeschichtlichen Studium ist für den Laien jedoch eines fest¬ Die Belebung eines verständigen Architekturstudiums ist auch noch aus <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0424" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/330092"/> <fw type="header" place="top"> vom Rulturwert des Architekturstudiums</fw><lb/> <p xml:id="ID_1449" prev="#ID_1448"> liebe kleine illustrierte Reiseführer bekämen wie Leo Planiscig („Denkmale der<lb/> Kunst in den südlichen Kriegsgebieten". Kunstverlag Anton Schroll Co., Wien)<lb/> jüngst für die Jsonzoebene, Jstrien, Dalmatien und Südtirol, deren Kunst¬<lb/> denkmäler noch bei weitem nicht genug gewürdigt werden, herausgegeben hat.<lb/> Allerdings würde es nicht schaden, wenn sie etwas persönlicher gehalten wären<lb/> als Planiscigs Büchlein und dem Laien neben den gewiß wertvollen historischen<lb/> und kunsttopographischen Hinweisen auch das eigentlich künstlerisch Wertvolle<lb/> nahe zu bringen suchten, wie das, um ein mir gerade vorliegendes Beispiel<lb/> anderer Art zu nennen, allem Anschein nach dem verdienstvollen Vorkämpfer deutscher<lb/> Kunst, W. Pinder in seiner „Deutschen Plastik" (in F. Burgers „Handbuch der<lb/> Kunstgeschichte", Berlin-Neubabelsberg. Akademische Verlagsgesellschaft Akenaion)<lb/> gelingen wird. Die an dieser Stelle bereits geäußerten grundsätzlichen Bedenken<lb/> gegen das Handbuch bleiben, um das bei dieser Gelegenheit gleich zu erwähnen,<lb/> bestehen, aber so vorzügliche Darstellungen, wie die genannte von Pinder oder<lb/> die von Ludwig Curtius (Die antike Kunst), über die, wenn sie weiter vor¬<lb/> geschritten sind, eingehender berichtet werden soll, zu werden versprechen, wiegen<lb/> manchen Fehler der Anlage auf. Von den übrigen inzwischen erschienenen<lb/> Lieferungen entspricht der Beginn der „Renaissancearchitektur in Italien" von<lb/> Hans Willich (Lieferung 18) am meisten dem Begriff eines Handbuches, die<lb/> übrigen setzen die schon früher erwähnten Werke Burgers, Wulffs und<lb/> Vitztums (Malerei und Plastik des Mittelalters) fort.</p><lb/> <p xml:id="ID_1450"> Bei allem kunstgeschichtlichen Studium ist für den Laien jedoch eines fest¬<lb/> zuhalten: das Studium der heimischen Kunst muß die Grundlage bilden. Dieses<lb/> allein ermöglicht Sicherheit der Maßstäbe und lebendiges Bewußtsein der Kunst<lb/> als Lebenswert, und zwei oder drei, wenn auch einfache, heimische Bauwerke<lb/> wirklich erfaßt, vermögen mehr zur Bildung der künstlerischen Empfänglichkeit<lb/> zu wirken, als das Bücherstudium entfernter, nie oder nur flüchtig im Original<lb/> erschauter Herrlichkeiten. Auch auf diesem Gebiet kann ja der Krieg, der uns<lb/> nachdrücklich auf die Landesgrenzen beschränkt, Gutes stiften und noch mancher,<lb/> der gewohnt war, seine künstlerischen Eindrücke in Italien zu holen, wird be¬<lb/> schämt gestehen, daß er von den vielen verstreuten architektonischen Kunstwerken<lb/> Deutschlands viel zu wenig gewußt hat. Allein mit dem rein formalen Erfassen<lb/> der Bauwerke ist es auch nicht getan, vielen, namentlich den Rathäusern, liegen<lb/> ganz bestimmte Gedankenkreise und Gebräuche zugrunde, die kennen muß, wer<lb/> die aufs innigste von ihnen abhängige Gestaltung verstehen will. Die Quellen<lb/> für diese Anschauungen und Gebräuche hat unlängst H. Brockhaus in einem<lb/> leider ziemlich dilettantischen, doch zur Not brauchbaren hübsch illustrierten Buch<lb/> zusammengestellt. („Deutsche städtische Kunst und ihr Sinn." Leipzig, F. A.<lb/> Brockhaus. 1916.)</p><lb/> <p xml:id="ID_1451" next="#ID_1452"> Die Belebung eines verständigen Architekturstudiums ist auch noch aus<lb/> einem anderen Grunde zu wünschen. Es würde anders um die modernen<lb/> Monumentalbauten unserer Städte stehen, wenn in Laienkreisen mehr Gefühl</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0424]
vom Rulturwert des Architekturstudiums
liebe kleine illustrierte Reiseführer bekämen wie Leo Planiscig („Denkmale der
Kunst in den südlichen Kriegsgebieten". Kunstverlag Anton Schroll Co., Wien)
jüngst für die Jsonzoebene, Jstrien, Dalmatien und Südtirol, deren Kunst¬
denkmäler noch bei weitem nicht genug gewürdigt werden, herausgegeben hat.
Allerdings würde es nicht schaden, wenn sie etwas persönlicher gehalten wären
als Planiscigs Büchlein und dem Laien neben den gewiß wertvollen historischen
und kunsttopographischen Hinweisen auch das eigentlich künstlerisch Wertvolle
nahe zu bringen suchten, wie das, um ein mir gerade vorliegendes Beispiel
anderer Art zu nennen, allem Anschein nach dem verdienstvollen Vorkämpfer deutscher
Kunst, W. Pinder in seiner „Deutschen Plastik" (in F. Burgers „Handbuch der
Kunstgeschichte", Berlin-Neubabelsberg. Akademische Verlagsgesellschaft Akenaion)
gelingen wird. Die an dieser Stelle bereits geäußerten grundsätzlichen Bedenken
gegen das Handbuch bleiben, um das bei dieser Gelegenheit gleich zu erwähnen,
bestehen, aber so vorzügliche Darstellungen, wie die genannte von Pinder oder
die von Ludwig Curtius (Die antike Kunst), über die, wenn sie weiter vor¬
geschritten sind, eingehender berichtet werden soll, zu werden versprechen, wiegen
manchen Fehler der Anlage auf. Von den übrigen inzwischen erschienenen
Lieferungen entspricht der Beginn der „Renaissancearchitektur in Italien" von
Hans Willich (Lieferung 18) am meisten dem Begriff eines Handbuches, die
übrigen setzen die schon früher erwähnten Werke Burgers, Wulffs und
Vitztums (Malerei und Plastik des Mittelalters) fort.
Bei allem kunstgeschichtlichen Studium ist für den Laien jedoch eines fest¬
zuhalten: das Studium der heimischen Kunst muß die Grundlage bilden. Dieses
allein ermöglicht Sicherheit der Maßstäbe und lebendiges Bewußtsein der Kunst
als Lebenswert, und zwei oder drei, wenn auch einfache, heimische Bauwerke
wirklich erfaßt, vermögen mehr zur Bildung der künstlerischen Empfänglichkeit
zu wirken, als das Bücherstudium entfernter, nie oder nur flüchtig im Original
erschauter Herrlichkeiten. Auch auf diesem Gebiet kann ja der Krieg, der uns
nachdrücklich auf die Landesgrenzen beschränkt, Gutes stiften und noch mancher,
der gewohnt war, seine künstlerischen Eindrücke in Italien zu holen, wird be¬
schämt gestehen, daß er von den vielen verstreuten architektonischen Kunstwerken
Deutschlands viel zu wenig gewußt hat. Allein mit dem rein formalen Erfassen
der Bauwerke ist es auch nicht getan, vielen, namentlich den Rathäusern, liegen
ganz bestimmte Gedankenkreise und Gebräuche zugrunde, die kennen muß, wer
die aufs innigste von ihnen abhängige Gestaltung verstehen will. Die Quellen
für diese Anschauungen und Gebräuche hat unlängst H. Brockhaus in einem
leider ziemlich dilettantischen, doch zur Not brauchbaren hübsch illustrierten Buch
zusammengestellt. („Deutsche städtische Kunst und ihr Sinn." Leipzig, F. A.
Brockhaus. 1916.)
Die Belebung eines verständigen Architekturstudiums ist auch noch aus
einem anderen Grunde zu wünschen. Es würde anders um die modernen
Monumentalbauten unserer Städte stehen, wenn in Laienkreisen mehr Gefühl
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