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Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Erstes Vierteljahr.

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Der Wiederaufbau Ostpreußens

Anzahl von Musterlagern für Möbel- und Hausgeräte in der Provinz, die
durch die einzelnen Lieferungsverbände eingerichtet worden sind. Nach über¬
einstimmendem Urteile sachverständiger Kreise genügen die dort zusammen-
gebrachten Gegenstände aber keineswegs den Ansprüchen einer neuzeitlichen
materialgerechten Handwerkskunst. Da ist denn zu fordern, daß diese Muster¬
lager möglichst von Staats wegen eingerichtet werden und daß diese nur solche
Waren aufnehmen, die durch eine aus Künstlern, Kunstgewerblern und Gewerbe¬
treibenden zusammengesetzte Jury beurteilt worden sind.

Ansätze zu einer derartigen Einrichtung sind vorhanden. So ist in
Johannisburg eine Einrichtung in Vorbereitung, die darauf hinzielt, das Haus¬
gerät im Sinne der Wertarbeit zu beeinflussen und das kaufende Publikum
zur Bevorzugung dieser Gegenstände z^l erziehen. Ein junger kaufmännisch
- ^""si^werbl-"- hat dort eine ostpreußische Vertriebsstelle für deutsche
n,it einen: Musterlager vorbildlicher Gegenstände, die zum
ven vim der ^rkbund°D^rI-/^--<Aenp^.^<,se in Dresden-
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dem Unternehmen sehr wohlwollend gegcnüb-^. und es P sogar zu hoffen,
daß eine positive staatliche Mitwirkung es noch mehr steifen M?d. iss ist
aber andererseits auch hier zu betonen, daß die Wertarbeit durch zum Teil
ungerechtfertigt hohe Preisstellungen das tausende Publikum abschreckt. Phantasie¬
preise sind nicht geeignet, gute Kleinkunst ins Volk zu tragen. Es sind Mittel
und Wege zu finden, um möglichst wohlfeile, aber handwerklich und künstlerisch
einwandfreie Ware zu vertreiben.

Welchen großen erziehlichen Einfluß die Verbreitung der Geschmacks¬
bildung im Sinne gesunder, guter Wertarbeit auf weite Kreise gewinnen
könnte, läßt sich an dem Umfange des ueuzubeschaffenden Hausgerätes ermessen.
Sind doch schätzungsweise mindestens 100 000 Familien gezwungen, ihre vom
Feinde zerstörte Habe zu ersetzen. Der Wert des vernichteten Hausgeräth wird
auf etwa 25 Millionen Mark berechnet.

Über den Anteil, den das übrige Deutschland am Wiederaufbau Ost¬
preußens hat oder haben könnte, ist einiges zu sagen. Das Schicksal, der dem
feindlichen Angriff ausgesetzten Provinz hat die Teilnahme des ganzen Reiches
aufs tiefste erregt und hat zu einer großen Hilfs- und Liebestätigkeit Anlaß
gegeben. In eine feste Form wurde diese Liebestätigkeit gebracht durch den
bekannten Vorschlag des Polizeipräsidenten von Wilmersdorf. Freiherrn von
Lüdinghausen, daß einzelne Städte und Kreise die Patenschaft für eine der
zerstörten Städte oder eines Kreises übernehmen.

Weiteren Kreisen ist auch die Spende der Münchner Ostpreußenhilfe be¬
kannt geworden, die aus einer Reihe mustergültiger Wohnungseinrichtungen
besteht. Sie verbindet das gute mit dem nützlichen, indem sie das Münchner
Kunsthandwerk beschäftigt und andererseits der Provinz Ostpreußen eine große
Anzahl einwandfreien vorbildlichen Hausgeräth bringt, das geeignet ist, die


Grenzboten I 1916 2g
Der Wiederaufbau Ostpreußens

Anzahl von Musterlagern für Möbel- und Hausgeräte in der Provinz, die
durch die einzelnen Lieferungsverbände eingerichtet worden sind. Nach über¬
einstimmendem Urteile sachverständiger Kreise genügen die dort zusammen-
gebrachten Gegenstände aber keineswegs den Ansprüchen einer neuzeitlichen
materialgerechten Handwerkskunst. Da ist denn zu fordern, daß diese Muster¬
lager möglichst von Staats wegen eingerichtet werden und daß diese nur solche
Waren aufnehmen, die durch eine aus Künstlern, Kunstgewerblern und Gewerbe¬
treibenden zusammengesetzte Jury beurteilt worden sind.

Ansätze zu einer derartigen Einrichtung sind vorhanden. So ist in
Johannisburg eine Einrichtung in Vorbereitung, die darauf hinzielt, das Haus¬
gerät im Sinne der Wertarbeit zu beeinflussen und das kaufende Publikum
zur Bevorzugung dieser Gegenstände z^l erziehen. Ein junger kaufmännisch
- ^""si^werbl-"- hat dort eine ostpreußische Vertriebsstelle für deutsche
n,it einen: Musterlager vorbildlicher Gegenstände, die zum
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dem Unternehmen sehr wohlwollend gegcnüb-^. und es P sogar zu hoffen,
daß eine positive staatliche Mitwirkung es noch mehr steifen M?d. iss ist
aber andererseits auch hier zu betonen, daß die Wertarbeit durch zum Teil
ungerechtfertigt hohe Preisstellungen das tausende Publikum abschreckt. Phantasie¬
preise sind nicht geeignet, gute Kleinkunst ins Volk zu tragen. Es sind Mittel
und Wege zu finden, um möglichst wohlfeile, aber handwerklich und künstlerisch
einwandfreie Ware zu vertreiben.

Welchen großen erziehlichen Einfluß die Verbreitung der Geschmacks¬
bildung im Sinne gesunder, guter Wertarbeit auf weite Kreise gewinnen
könnte, läßt sich an dem Umfange des ueuzubeschaffenden Hausgerätes ermessen.
Sind doch schätzungsweise mindestens 100 000 Familien gezwungen, ihre vom
Feinde zerstörte Habe zu ersetzen. Der Wert des vernichteten Hausgeräth wird
auf etwa 25 Millionen Mark berechnet.

Über den Anteil, den das übrige Deutschland am Wiederaufbau Ost¬
preußens hat oder haben könnte, ist einiges zu sagen. Das Schicksal, der dem
feindlichen Angriff ausgesetzten Provinz hat die Teilnahme des ganzen Reiches
aufs tiefste erregt und hat zu einer großen Hilfs- und Liebestätigkeit Anlaß
gegeben. In eine feste Form wurde diese Liebestätigkeit gebracht durch den
bekannten Vorschlag des Polizeipräsidenten von Wilmersdorf. Freiherrn von
Lüdinghausen, daß einzelne Städte und Kreise die Patenschaft für eine der
zerstörten Städte oder eines Kreises übernehmen.

Weiteren Kreisen ist auch die Spende der Münchner Ostpreußenhilfe be¬
kannt geworden, die aus einer Reihe mustergültiger Wohnungseinrichtungen
besteht. Sie verbindet das gute mit dem nützlichen, indem sie das Münchner
Kunsthandwerk beschäftigt und andererseits der Provinz Ostpreußen eine große
Anzahl einwandfreien vorbildlichen Hausgeräth bringt, das geeignet ist, die


Grenzboten I 1916 2g
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[0413] Der Wiederaufbau Ostpreußens Anzahl von Musterlagern für Möbel- und Hausgeräte in der Provinz, die durch die einzelnen Lieferungsverbände eingerichtet worden sind. Nach über¬ einstimmendem Urteile sachverständiger Kreise genügen die dort zusammen- gebrachten Gegenstände aber keineswegs den Ansprüchen einer neuzeitlichen materialgerechten Handwerkskunst. Da ist denn zu fordern, daß diese Muster¬ lager möglichst von Staats wegen eingerichtet werden und daß diese nur solche Waren aufnehmen, die durch eine aus Künstlern, Kunstgewerblern und Gewerbe¬ treibenden zusammengesetzte Jury beurteilt worden sind. Ansätze zu einer derartigen Einrichtung sind vorhanden. So ist in Johannisburg eine Einrichtung in Vorbereitung, die darauf hinzielt, das Haus¬ gerät im Sinne der Wertarbeit zu beeinflussen und das kaufende Publikum zur Bevorzugung dieser Gegenstände z^l erziehen. Ein junger kaufmännisch - ^""si^werbl-"- hat dort eine ostpreußische Vertriebsstelle für deutsche n,it einen: Musterlager vorbildlicher Gegenstände, die zum ven vim der ^rkbund°D^rI-/^--<Aenp^.^<,se in Dresden- Hellem» ^-.»sgegevenen MnsLerbu^ > OberprWdwm steht dem Unternehmen sehr wohlwollend gegcnüb-^. und es P sogar zu hoffen, daß eine positive staatliche Mitwirkung es noch mehr steifen M?d. iss ist aber andererseits auch hier zu betonen, daß die Wertarbeit durch zum Teil ungerechtfertigt hohe Preisstellungen das tausende Publikum abschreckt. Phantasie¬ preise sind nicht geeignet, gute Kleinkunst ins Volk zu tragen. Es sind Mittel und Wege zu finden, um möglichst wohlfeile, aber handwerklich und künstlerisch einwandfreie Ware zu vertreiben. Welchen großen erziehlichen Einfluß die Verbreitung der Geschmacks¬ bildung im Sinne gesunder, guter Wertarbeit auf weite Kreise gewinnen könnte, läßt sich an dem Umfange des ueuzubeschaffenden Hausgerätes ermessen. Sind doch schätzungsweise mindestens 100 000 Familien gezwungen, ihre vom Feinde zerstörte Habe zu ersetzen. Der Wert des vernichteten Hausgeräth wird auf etwa 25 Millionen Mark berechnet. Über den Anteil, den das übrige Deutschland am Wiederaufbau Ost¬ preußens hat oder haben könnte, ist einiges zu sagen. Das Schicksal, der dem feindlichen Angriff ausgesetzten Provinz hat die Teilnahme des ganzen Reiches aufs tiefste erregt und hat zu einer großen Hilfs- und Liebestätigkeit Anlaß gegeben. In eine feste Form wurde diese Liebestätigkeit gebracht durch den bekannten Vorschlag des Polizeipräsidenten von Wilmersdorf. Freiherrn von Lüdinghausen, daß einzelne Städte und Kreise die Patenschaft für eine der zerstörten Städte oder eines Kreises übernehmen. Weiteren Kreisen ist auch die Spende der Münchner Ostpreußenhilfe be¬ kannt geworden, die aus einer Reihe mustergültiger Wohnungseinrichtungen besteht. Sie verbindet das gute mit dem nützlichen, indem sie das Münchner Kunsthandwerk beschäftigt und andererseits der Provinz Ostpreußen eine große Anzahl einwandfreien vorbildlichen Hausgeräth bringt, das geeignet ist, die Grenzboten I 1916 2g

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341903_329665/413>, abgerufen am 15.01.2025.