Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Erstes Vierteljahr.Einiges vom Finden nicht zu ermitteln ist? Nun, es wird dann nichts übrig bleiben als das Not¬ Einen eigenartigen Fundfall hat das Oberlandesgericht zu Hamburg am Einiges vom Finden nicht zu ermitteln ist? Nun, es wird dann nichts übrig bleiben als das Not¬ Einen eigenartigen Fundfall hat das Oberlandesgericht zu Hamburg am <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0388" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/330056"/> <fw type="header" place="top"> Einiges vom Finden</fw><lb/> <p xml:id="ID_1313" prev="#ID_1312"> nicht zu ermitteln ist? Nun, es wird dann nichts übrig bleiben als das Not¬<lb/> mittel, die Sachen (oder einen Erlös, wenn ihr Verkauf zur Vermeidung<lb/> des Verderbs sich erforderlich macht) schließlich entweder nach den Vorschriften<lb/> der §K 372 ff. B. G. B. bei der dazu berufenen Behörde zu hinterlegen (so<lb/> Kommentar der Reichsgerichtsräte zum B. G. B. H 933 Anmerkung) oder sie<lb/> vollständig wie eigentliche Fundsachen zu behandeln; letzteres wird auch<lb/> in Staudinger B. G. B. Anmerkung I Absatz 1 s 7 zu Z 965 gebilligt, wo<lb/> gesagt ist, daß nach Verlauf einer gewissen Zeit bei erwiesener Unmöglichkeit,<lb/> den Empfangsberechtigten zu ermitteln, die Sache die Eigenschaft einer wirklich<lb/> verlorenen und gefundenen erhalte. Meist werden sich die Polizeibehörden von vorn¬<lb/> herein gar nicht weigern, Anzeigen über derartige Fälle und die Sachen selbst ent¬<lb/> gegen zu nehmen; die preußischen Ämter werden also den H l der Dienstanweisung<lb/> des Ministers des Innern vom 27. Oktober 1899 nicht engherzig auslegen, der<lb/> lautet: „Wird einer Ortspolizeibehörde ein Fund von dem Finder angezeigt, so<lb/> hat sie die Anzeige entgegenzunehmen usw." Insbesondere wird in Berlin so<lb/> verfahren. Die Droschkensührer sind nach einer besonderen Vorschrift der Droschken¬<lb/> ordnung (solche Ordnungen darf nach ez 37 der Reichsgewerbeordnung die Orts¬<lb/> polizeibehörde erlassen) zur Abgabe der in den Droschken gefundenen Sachen<lb/> an die Polizei verpflichtet, und diese werden dann nach den ZZ 965 ff. zunächst<lb/> als eigentliche Funde behandelt. Hieraus ergäben sich, falls der Verlierer nicht<lb/> ermittelt wird, auch die Rechte der Finder (Droschkenführer oder Fahrgast) auf<lb/> das Eigentum der Sache. Meidet sich aber der rechtmäßige Eigentümer, so<lb/> kann wohl weder davon noch von Finderlohn die Rede sein, wenn man der<lb/> hier gegebenen Darlegung folgt. Es bleibt dann der alte Satz bestehen: „in<lb/> einer Droschke kann man nichts finden." So wäre die Sache wenigstens vom<lb/> Gericht im Streitfalle zu beurteilen. Aus Billigkeit wird oft der Finderlohn<lb/> oder wenigstens eine Vergütung für den Dienst — siehe §§ 612, 683 B. G. B. —<lb/> gewährt werden. Für die großen Unternehmungen (Omnibusgesellschaften<lb/> Straßenbahnen usw.) aber regelt sich auch in Berlin das Ganze nach den §H 978 ff.<lb/> des B. G. B. Das Polizeipräsidium erhält von solchen Funden gar keine<lb/> Kenntnis.</p><lb/> <p xml:id="ID_1314" next="#ID_1315"> Einen eigenartigen Fundfall hat das Oberlandesgericht zu Hamburg am<lb/> 2. November 1903 entschieden — man kann auch das Urteil eigenartig nennen.<lb/> Das Erkenntnis ist abgedruckt in der „Rechtsprechung der Oberlandesgerichte<lb/> auf dem Gebiete des Zivilrechts" Bd. 8 S. 112: Einer, der jedenfalls den<lb/> Bremischen Staat um gewisse Gefälle verkürzt, aber Gewissensbedenken bekommen<lb/> hatte, ließ, offenbar absichtlich, einen die hinterzogene Summe in zehn Hundert¬<lb/> markscheinen und das Druckwort „Steuerhinterziehung" enthaltenden verschlossenen<lb/> Brief mit der Aufschrift „Hoher Senat der Stadt Bremen" auf der Straße<lb/> zurück. Dem jungen Manne, der den Brief fand und ordnungshalber ablieferte,<lb/> aber dennoch das Geld als Finder eigentümlich verlangte, weil der „Verlierer"<lb/> nicht ermittelt sei (§ 965 B. G. B.), wurde das Recht darauf aberkannt,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0388]
Einiges vom Finden
nicht zu ermitteln ist? Nun, es wird dann nichts übrig bleiben als das Not¬
mittel, die Sachen (oder einen Erlös, wenn ihr Verkauf zur Vermeidung
des Verderbs sich erforderlich macht) schließlich entweder nach den Vorschriften
der §K 372 ff. B. G. B. bei der dazu berufenen Behörde zu hinterlegen (so
Kommentar der Reichsgerichtsräte zum B. G. B. H 933 Anmerkung) oder sie
vollständig wie eigentliche Fundsachen zu behandeln; letzteres wird auch
in Staudinger B. G. B. Anmerkung I Absatz 1 s 7 zu Z 965 gebilligt, wo
gesagt ist, daß nach Verlauf einer gewissen Zeit bei erwiesener Unmöglichkeit,
den Empfangsberechtigten zu ermitteln, die Sache die Eigenschaft einer wirklich
verlorenen und gefundenen erhalte. Meist werden sich die Polizeibehörden von vorn¬
herein gar nicht weigern, Anzeigen über derartige Fälle und die Sachen selbst ent¬
gegen zu nehmen; die preußischen Ämter werden also den H l der Dienstanweisung
des Ministers des Innern vom 27. Oktober 1899 nicht engherzig auslegen, der
lautet: „Wird einer Ortspolizeibehörde ein Fund von dem Finder angezeigt, so
hat sie die Anzeige entgegenzunehmen usw." Insbesondere wird in Berlin so
verfahren. Die Droschkensührer sind nach einer besonderen Vorschrift der Droschken¬
ordnung (solche Ordnungen darf nach ez 37 der Reichsgewerbeordnung die Orts¬
polizeibehörde erlassen) zur Abgabe der in den Droschken gefundenen Sachen
an die Polizei verpflichtet, und diese werden dann nach den ZZ 965 ff. zunächst
als eigentliche Funde behandelt. Hieraus ergäben sich, falls der Verlierer nicht
ermittelt wird, auch die Rechte der Finder (Droschkenführer oder Fahrgast) auf
das Eigentum der Sache. Meidet sich aber der rechtmäßige Eigentümer, so
kann wohl weder davon noch von Finderlohn die Rede sein, wenn man der
hier gegebenen Darlegung folgt. Es bleibt dann der alte Satz bestehen: „in
einer Droschke kann man nichts finden." So wäre die Sache wenigstens vom
Gericht im Streitfalle zu beurteilen. Aus Billigkeit wird oft der Finderlohn
oder wenigstens eine Vergütung für den Dienst — siehe §§ 612, 683 B. G. B. —
gewährt werden. Für die großen Unternehmungen (Omnibusgesellschaften
Straßenbahnen usw.) aber regelt sich auch in Berlin das Ganze nach den §H 978 ff.
des B. G. B. Das Polizeipräsidium erhält von solchen Funden gar keine
Kenntnis.
Einen eigenartigen Fundfall hat das Oberlandesgericht zu Hamburg am
2. November 1903 entschieden — man kann auch das Urteil eigenartig nennen.
Das Erkenntnis ist abgedruckt in der „Rechtsprechung der Oberlandesgerichte
auf dem Gebiete des Zivilrechts" Bd. 8 S. 112: Einer, der jedenfalls den
Bremischen Staat um gewisse Gefälle verkürzt, aber Gewissensbedenken bekommen
hatte, ließ, offenbar absichtlich, einen die hinterzogene Summe in zehn Hundert¬
markscheinen und das Druckwort „Steuerhinterziehung" enthaltenden verschlossenen
Brief mit der Aufschrift „Hoher Senat der Stadt Bremen" auf der Straße
zurück. Dem jungen Manne, der den Brief fand und ordnungshalber ablieferte,
aber dennoch das Geld als Finder eigentümlich verlangte, weil der „Verlierer"
nicht ermittelt sei (§ 965 B. G. B.), wurde das Recht darauf aberkannt,
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |