Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Erstes Vierteljahr.Die Grientpolitik Friedrichs des Großen lichkeit um seine Liebe. Als die Allianzprojekte 1762 gescheitert waren, hielt In seinem schönen Aufsatz "Eine türkische Gesandtschaft am Hofe Friedrichs So sehr aber auch Friedrich über den Mamamouchi, wie er den Anführer Der politische Inhalt dieser Gesandtschaft ist bis heute noch nicht Kar Die Grientpolitik Friedrichs des Großen lichkeit um seine Liebe. Als die Allianzprojekte 1762 gescheitert waren, hielt In seinem schönen Aufsatz „Eine türkische Gesandtschaft am Hofe Friedrichs So sehr aber auch Friedrich über den Mamamouchi, wie er den Anführer Der politische Inhalt dieser Gesandtschaft ist bis heute noch nicht Kar <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0380" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/330048"/> <fw type="header" place="top"> Die Grientpolitik Friedrichs des Großen</fw><lb/> <p xml:id="ID_1287" prev="#ID_1286"> lichkeit um seine Liebe. Als die Allianzprojekte 1762 gescheitert waren, hielt<lb/> Friedrich die Sache für erledigt. Aber schon wenige Monate später wurde er<lb/> durch die Botschaft seines Gesandten aus Konstantinopel überrascht, die Pforte<lb/> beabsichtige, eine „extraordinäre Ambassade mit retchen Präsenten nach Berlin<lb/> zu senden und choisiere hierzu einen Großen des Hofes und Pascha von drei<lb/> Roßschweifen." Und schon im November 1763 hielten des „Orients geschenk-<lb/> beladene Boten" ihren festlichen Einzug in Berlin.</p><lb/> <p xml:id="ID_1288"> In seinem schönen Aufsatz „Eine türkische Gesandtschaft am Hofe Friedrichs<lb/> des Großen 1763/64", hat Gustav Berthold Bolz auf Grund zeitgenössischer<lb/> Quellen dies Ereignis anschaulich und ausführlich erzählt. Er hat geschildert,<lb/> welche Aufregung diese fremdländische Eskorte in Berlin hervorrief, wie man<lb/> die schönen Männer, den orientalischen Pomp, das seltsame Zeremoniell be¬<lb/> wunderte, wie von nah und fern alles herbeiströmte, die Janitscharenmust! zu<lb/> hören, wie man sich aber auch über die Leute beschwerte, die „mit Feuer¬<lb/> bränden und langen, offenen, brennenden Tabakspfeifen über die Höfe und in<lb/> den Ställen herumliefen", wie man sich ärgerte, daß sie „nicht allein auf dem<lb/> Herde, sondern auch auf dem Pflaster, in der ganzen Küche kochten und brieten,<lb/> und dadurch Küche, Keller und Schornstein ruinierten, wie man über ihre Art<lb/> mit den Fingern zu essen, lachte, über die Spärlichkeit ihrer Trinkgelder schalt<lb/> und doch in allem der Fremden Tun und Treiben nachahmungswert fand.<lb/> „Ganz Berlin", so schrieb damals spöttisch der König, „stehe in Feuer und<lb/> Flamme, Datteln essen gehört zum guten Ton. Die Gecken pflanzen sich einen<lb/> Turban aufs Haupt, ganz Berlin sei närrisch, die Sitten von Konstantinopel<lb/> geben den Ton an, wer reich genug sei. lege sich einen Harem zu."</p><lb/> <p xml:id="ID_1289"> So sehr aber auch Friedrich über den Mamamouchi, wie er den Anführer<lb/> der Gesandtschaft, Achmet Effendi, nach Moliöres Vorbild titulierte, spottete,<lb/> so gab er sich doch alle Mühe, seine orientalischen Gäste würdig zu empfangen.<lb/> Er befahl seiner Umgebung, in keinem Punkte den Anstand zu verletzen, er ließ<lb/> sämtliche Berichte über türkische Gesandtschaften studieren, „damit man alle<lb/> Erfordernisse für Empfänge und Audienzen bis ins kleinste ausarbeite",<lb/> er ordnete an, daß in dem Absteigequartier Achmets alle Möbel, Bilder,<lb/> Tapisserien, die die Türken nicht gerne um sich haben, entfernt wurden. Friedrich<lb/> ließ sich sogar selber vom Baron Pöllniz, der in diesen Dingen für kompetent<lb/> galt, weil er in seiner Jugend einmal eine persische Gesandtschaft in Paris ge¬<lb/> sehen hatte. Vorträge über das orientalische Zeremoniell halten, um in nichts<lb/> gegen die religiösen, nationalen Gefühle der Türken zu verstoßen. Hatte doch<lb/> Rexin den König gewarnt, den Türken „einigen Affront oder Mutwillen oder<lb/> Beleidigung zuzufügen", da sie empfindlicher und pointilleuser seien als irgend¬<lb/> eine Nation der Welt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1290" next="#ID_1291"> Der politische Inhalt dieser Gesandtschaft ist bis heute noch nicht Kar<lb/> erkannt. Rexin hatte Friedrich geschrieben, „Achmet sei beauftragt, die Freund-<lb/> chaft zwischen beiden Mächten auf einen noch festeren Fuß zu setzen". Andere</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0380]
Die Grientpolitik Friedrichs des Großen
lichkeit um seine Liebe. Als die Allianzprojekte 1762 gescheitert waren, hielt
Friedrich die Sache für erledigt. Aber schon wenige Monate später wurde er
durch die Botschaft seines Gesandten aus Konstantinopel überrascht, die Pforte
beabsichtige, eine „extraordinäre Ambassade mit retchen Präsenten nach Berlin
zu senden und choisiere hierzu einen Großen des Hofes und Pascha von drei
Roßschweifen." Und schon im November 1763 hielten des „Orients geschenk-
beladene Boten" ihren festlichen Einzug in Berlin.
In seinem schönen Aufsatz „Eine türkische Gesandtschaft am Hofe Friedrichs
des Großen 1763/64", hat Gustav Berthold Bolz auf Grund zeitgenössischer
Quellen dies Ereignis anschaulich und ausführlich erzählt. Er hat geschildert,
welche Aufregung diese fremdländische Eskorte in Berlin hervorrief, wie man
die schönen Männer, den orientalischen Pomp, das seltsame Zeremoniell be¬
wunderte, wie von nah und fern alles herbeiströmte, die Janitscharenmust! zu
hören, wie man sich aber auch über die Leute beschwerte, die „mit Feuer¬
bränden und langen, offenen, brennenden Tabakspfeifen über die Höfe und in
den Ställen herumliefen", wie man sich ärgerte, daß sie „nicht allein auf dem
Herde, sondern auch auf dem Pflaster, in der ganzen Küche kochten und brieten,
und dadurch Küche, Keller und Schornstein ruinierten, wie man über ihre Art
mit den Fingern zu essen, lachte, über die Spärlichkeit ihrer Trinkgelder schalt
und doch in allem der Fremden Tun und Treiben nachahmungswert fand.
„Ganz Berlin", so schrieb damals spöttisch der König, „stehe in Feuer und
Flamme, Datteln essen gehört zum guten Ton. Die Gecken pflanzen sich einen
Turban aufs Haupt, ganz Berlin sei närrisch, die Sitten von Konstantinopel
geben den Ton an, wer reich genug sei. lege sich einen Harem zu."
So sehr aber auch Friedrich über den Mamamouchi, wie er den Anführer
der Gesandtschaft, Achmet Effendi, nach Moliöres Vorbild titulierte, spottete,
so gab er sich doch alle Mühe, seine orientalischen Gäste würdig zu empfangen.
Er befahl seiner Umgebung, in keinem Punkte den Anstand zu verletzen, er ließ
sämtliche Berichte über türkische Gesandtschaften studieren, „damit man alle
Erfordernisse für Empfänge und Audienzen bis ins kleinste ausarbeite",
er ordnete an, daß in dem Absteigequartier Achmets alle Möbel, Bilder,
Tapisserien, die die Türken nicht gerne um sich haben, entfernt wurden. Friedrich
ließ sich sogar selber vom Baron Pöllniz, der in diesen Dingen für kompetent
galt, weil er in seiner Jugend einmal eine persische Gesandtschaft in Paris ge¬
sehen hatte. Vorträge über das orientalische Zeremoniell halten, um in nichts
gegen die religiösen, nationalen Gefühle der Türken zu verstoßen. Hatte doch
Rexin den König gewarnt, den Türken „einigen Affront oder Mutwillen oder
Beleidigung zuzufügen", da sie empfindlicher und pointilleuser seien als irgend¬
eine Nation der Welt.
Der politische Inhalt dieser Gesandtschaft ist bis heute noch nicht Kar
erkannt. Rexin hatte Friedrich geschrieben, „Achmet sei beauftragt, die Freund-
chaft zwischen beiden Mächten auf einen noch festeren Fuß zu setzen". Andere
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