Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Erstes Vierteljahr.Die VrientxoUtik Friedrichs des Großen daß er sich auf dem neuen und glatten Boden zuerst noch schwankend und un¬ Aber einmal mit dem Bündnisgedanken vertraut, ließ ihn Friedrich in Auch als es 1752 der polnischen Frage wegen fast zu einem Wassergang Ja, seine Orientpläne gerieten in jenen Jahren so in Fluß, daß er sich Die VrientxoUtik Friedrichs des Großen daß er sich auf dem neuen und glatten Boden zuerst noch schwankend und un¬ Aber einmal mit dem Bündnisgedanken vertraut, ließ ihn Friedrich in Auch als es 1752 der polnischen Frage wegen fast zu einem Wassergang Ja, seine Orientpläne gerieten in jenen Jahren so in Fluß, daß er sich <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0374" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/330042"/> <fw type="header" place="top"> Die VrientxoUtik Friedrichs des Großen</fw><lb/> <p xml:id="ID_1261" prev="#ID_1260"> daß er sich auf dem neuen und glatten Boden zuerst noch schwankend und un¬<lb/> sicher bewegte, daß es Jahre dauerte, bis er allen diplomatischen Winkelzügen<lb/> und wilden Intriguen, die Konstantinopel damals zum Tummelplatz hatten, auf<lb/> den Grund kam. Deshalb verliefen auch jene ersten Verhandlungen ergebnislos,<lb/> besonders da der sparsame König sich nicht hatte entschließen können, einen<lb/> eigenen Geschäftsträger nach Stambul zu senden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1262"> Aber einmal mit dem Bündnisgedanken vertraut, ließ ihn Friedrich in<lb/> den folgenden Jahren nie mehr aus dem Auge. Er hat ihn mit solcher Zähig¬<lb/> keit und Energie durchzuführen gesucht, daß sein Sekretär Eichel sogar Friedrichs<lb/> Orientpolitik das „Barometer" der allgemeinen politischen Lage nannte. Einen<lb/> Janitscharenmeister, der Pserdeverkäufe wegen 1749 nach Potsdam gekommen<lb/> war, behandelte der König öffentlich mit solcher Auszeichnung, daß der gute<lb/> Türke in ordentlichem Enthusiasmus für den liebenswürdigen Preußenherrfcher<lb/> geriet. Und als ein Jahr später der Khan der Krimtataren (die Krim stand<lb/> seit 1475 unter türkischer Oberhoheit, war aber seit Peter des Großen Zeiten<lb/> ständig von Rußland bedroht) unter der Führung Mustapha Agas eine Gesandt¬<lb/> schaft zu Friedrich entbot, um dessen Verhältnis zu Rußland zu Sortieren und<lb/> ihm gleichzeitig seine Hilfe gegen dieses Land anzubieten, überhäufte Friedrich<lb/> Mustapha mit Geschenken und gewährte ihm eine Audienz von sast einer<lb/> Stunde, wobei er dem Khan versichern ließ, „daß er nähere Freundschaft mit<lb/> der Pforte zu unterhalten wünsche". „Der Tataren", so erklärte nachher<lb/> Friedrich, der seine Feinde durch sein Verhalten auf das lebhafteste beunruhigt<lb/> hatte, „könne man sich unter Umständen in mehr als einer Hinsicht mit Vorteil<lb/> bedienen, um in die verderblichen Pläne der Feinde Bresche zu legen. Und<lb/> käme es zum Krieg mit Rußland, werde man jedenfalls auf eine Diversion<lb/> von 50—60 000 Tataren rechnen dürfen."</p><lb/> <p xml:id="ID_1263"> Auch als es 1752 der polnischen Frage wegen fast zu einem Wassergang<lb/> zwischen Friedrich mit Österreich und Rußland kam, suchte der König die Türkei<lb/> durch Vermittlung Frankreichs zu einer Kriegserklärung an die zwei Kaiserhofe<lb/> zu bewegen. „Müsse man doch", wie er in einer Denkschrift damals an<lb/> Ludwig den Fünfzehnten schrieb, „alles das wollen, was die Feinde nicht<lb/> wollen. Sie fürchten den Krieg mit den Türken, also müsse man ihn erregen."<lb/> In derselben Zeit forderte er auch in seinem politischen Testamente „einen<lb/> Soliman auf dem Thron von Konstantinopel als eine wesentliche Vorbedingung<lb/> der künftigen preußischen Aktionspolitik" und mahnt Frankreich dringend, „den<lb/> Türken wachzuhalten."</p><lb/> <p xml:id="ID_1264" next="#ID_1265"> Ja, seine Orientpläne gerieten in jenen Jahren so in Fluß, daß er sich<lb/> entschloß, den Anlaß eines türkischen Thronwechsels benutzend, einen eigenen<lb/> Geschäftsträger nach Konstantinopel zu senden. Der Gesandte, dessen Mission<lb/> ängstlich geheimgehalten wurde, war beauftragt, „sich eine vollkommene Idee<lb/> von der jetzigen dortigen Beschaffenheit der Sachen und Umstände zu machen",<lb/> zu sehen, „in welcher Weise man am wirksamsten durch Geschenke zur Erreichung</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0374]
Die VrientxoUtik Friedrichs des Großen
daß er sich auf dem neuen und glatten Boden zuerst noch schwankend und un¬
sicher bewegte, daß es Jahre dauerte, bis er allen diplomatischen Winkelzügen
und wilden Intriguen, die Konstantinopel damals zum Tummelplatz hatten, auf
den Grund kam. Deshalb verliefen auch jene ersten Verhandlungen ergebnislos,
besonders da der sparsame König sich nicht hatte entschließen können, einen
eigenen Geschäftsträger nach Stambul zu senden.
Aber einmal mit dem Bündnisgedanken vertraut, ließ ihn Friedrich in
den folgenden Jahren nie mehr aus dem Auge. Er hat ihn mit solcher Zähig¬
keit und Energie durchzuführen gesucht, daß sein Sekretär Eichel sogar Friedrichs
Orientpolitik das „Barometer" der allgemeinen politischen Lage nannte. Einen
Janitscharenmeister, der Pserdeverkäufe wegen 1749 nach Potsdam gekommen
war, behandelte der König öffentlich mit solcher Auszeichnung, daß der gute
Türke in ordentlichem Enthusiasmus für den liebenswürdigen Preußenherrfcher
geriet. Und als ein Jahr später der Khan der Krimtataren (die Krim stand
seit 1475 unter türkischer Oberhoheit, war aber seit Peter des Großen Zeiten
ständig von Rußland bedroht) unter der Führung Mustapha Agas eine Gesandt¬
schaft zu Friedrich entbot, um dessen Verhältnis zu Rußland zu Sortieren und
ihm gleichzeitig seine Hilfe gegen dieses Land anzubieten, überhäufte Friedrich
Mustapha mit Geschenken und gewährte ihm eine Audienz von sast einer
Stunde, wobei er dem Khan versichern ließ, „daß er nähere Freundschaft mit
der Pforte zu unterhalten wünsche". „Der Tataren", so erklärte nachher
Friedrich, der seine Feinde durch sein Verhalten auf das lebhafteste beunruhigt
hatte, „könne man sich unter Umständen in mehr als einer Hinsicht mit Vorteil
bedienen, um in die verderblichen Pläne der Feinde Bresche zu legen. Und
käme es zum Krieg mit Rußland, werde man jedenfalls auf eine Diversion
von 50—60 000 Tataren rechnen dürfen."
Auch als es 1752 der polnischen Frage wegen fast zu einem Wassergang
zwischen Friedrich mit Österreich und Rußland kam, suchte der König die Türkei
durch Vermittlung Frankreichs zu einer Kriegserklärung an die zwei Kaiserhofe
zu bewegen. „Müsse man doch", wie er in einer Denkschrift damals an
Ludwig den Fünfzehnten schrieb, „alles das wollen, was die Feinde nicht
wollen. Sie fürchten den Krieg mit den Türken, also müsse man ihn erregen."
In derselben Zeit forderte er auch in seinem politischen Testamente „einen
Soliman auf dem Thron von Konstantinopel als eine wesentliche Vorbedingung
der künftigen preußischen Aktionspolitik" und mahnt Frankreich dringend, „den
Türken wachzuhalten."
Ja, seine Orientpläne gerieten in jenen Jahren so in Fluß, daß er sich
entschloß, den Anlaß eines türkischen Thronwechsels benutzend, einen eigenen
Geschäftsträger nach Konstantinopel zu senden. Der Gesandte, dessen Mission
ängstlich geheimgehalten wurde, war beauftragt, „sich eine vollkommene Idee
von der jetzigen dortigen Beschaffenheit der Sachen und Umstände zu machen",
zu sehen, „in welcher Weise man am wirksamsten durch Geschenke zur Erreichung
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |