Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Erstes Vierteljahr.Aoalitionskrieg zu schätzen wissen. Man leistet ja in Wahrheit viel mehr, wenn man seine Bisher war das Weltbürgertum unserem Nationalismus feind. Wenn es Aoalitionskrieg er französische Journalist Rivarol hat von den Koalitionen ge¬ Aoalitionskrieg zu schätzen wissen. Man leistet ja in Wahrheit viel mehr, wenn man seine Bisher war das Weltbürgertum unserem Nationalismus feind. Wenn es Aoalitionskrieg er französische Journalist Rivarol hat von den Koalitionen ge¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0310" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/329978"/> <fw type="header" place="top"> Aoalitionskrieg</fw><lb/> <p xml:id="ID_1022" prev="#ID_1021"> zu schätzen wissen. Man leistet ja in Wahrheit viel mehr, wenn man seine<lb/> Arbeit nicht verzettelt. So werden auch wir dem internationalen Gedanken auf<lb/> engerem bestimmten Raume bessere Dienste leisten als in der uferlosen Weite.</p><lb/> <p xml:id="ID_1023"> Bisher war das Weltbürgertum unserem Nationalismus feind. Wenn es<lb/> jetzt einen bestimmten Raum für sein Walten und ein Feld praktischer Vetätiguug<lb/> findet, werden beide in einen Akkord zusammenklingen. Die Nation wird in<lb/> ein größeres Ganze hineinwachsen, aber nicht als Unterabteilung eines national<lb/> konstruierten Gedankenwesens „Menschheit", sondern als lebendiges Organ eines<lb/> zum Leben erwachenden Menschheitsorganismus, der mehr als ein Staat ist.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Aoalitionskrieg</head><lb/> <p xml:id="ID_1024"> er französische Journalist Rivarol hat von den Koalitionen ge¬<lb/> sagt: „IZIIe8 sont toujours en retarä et'uns ann6e, et'une<lb/> armöe et ä'uns pen8se." Man könnte dagegen einwenden, daß<lb/> die Zentralmächte, die doch auch eine Art von Koalition bilden,<lb/> die Unrichtigkeit des Ausspruches bewiesen haben, denn sie haben<lb/> wenig versäumt und sind nie um Armeen und Ideen verlegen gewesen. Ja,<lb/> sie haben im Gegenteil einen solchen Ideenreichtum und ein derartiges Geschick<lb/> in der Einsetzung ihrer Armeen an den richtigen Stellen und zur richtigen Zeit<lb/> an den Tag gelegt, daß selbst die Gegner ihnen ihre aufrichtige, neiderfüllte<lb/> Bewunderung nicht versagen konnten. In der Ententepresse und namentlich in<lb/> den englischen Blättern glaubt man, wie für alle peinlichen Überraschungen,<lb/> welche die Vierverbandsmächte in diesem Kriege erlebt haben, auch dafür eine<lb/> Erklärung gefunden zu haben, die ihrem eigenen Prestige aufhelfen soll. Für<lb/> die Zentralmächte, schreiben sie, sei es leicht, einheitlich vorzugehen. Sie würden<lb/> alle von Deutschland oder richtiger von Preußen so tyrannisiere, daß sie keinen<lb/> eigenen Willen mehr haben dürfen und blindlings gehorchen müssen, wenn man<lb/> in Berlin befiehlt. Der Londoner „Daily Telegraph" spielt in einem Artikel<lb/> „Die Politik der Verbündeten" dieses Argument als Trumpf aus. Er schreibt:<lb/> „Sie (das verführte Österreich-Ungarn und die beiden anderen Opfer: Türkei<lb/> und Bulgarien) müssen tun, was man ihnen sagt, und wenn ihre Ansichten<lb/> zufällig mit denen der Kriegsherren in der Wilhelmstraße nicht übereinstimmen,<lb/> so brauchen sie nicht berücksichtigt zu werden. Wir (die Entente) haben im<lb/> Gegensatze dazu mit wirklichen Verbündeten zu tun, die über die Ziele voll¬<lb/> ständig einig sind, aber gelegentlich in ihren Anschauungen über die Mittel aus¬<lb/> einandergehen, wie das nur begreiflich ist."</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0310]
Aoalitionskrieg
zu schätzen wissen. Man leistet ja in Wahrheit viel mehr, wenn man seine
Arbeit nicht verzettelt. So werden auch wir dem internationalen Gedanken auf
engerem bestimmten Raume bessere Dienste leisten als in der uferlosen Weite.
Bisher war das Weltbürgertum unserem Nationalismus feind. Wenn es
jetzt einen bestimmten Raum für sein Walten und ein Feld praktischer Vetätiguug
findet, werden beide in einen Akkord zusammenklingen. Die Nation wird in
ein größeres Ganze hineinwachsen, aber nicht als Unterabteilung eines national
konstruierten Gedankenwesens „Menschheit", sondern als lebendiges Organ eines
zum Leben erwachenden Menschheitsorganismus, der mehr als ein Staat ist.
Aoalitionskrieg
er französische Journalist Rivarol hat von den Koalitionen ge¬
sagt: „IZIIe8 sont toujours en retarä et'uns ann6e, et'une
armöe et ä'uns pen8se." Man könnte dagegen einwenden, daß
die Zentralmächte, die doch auch eine Art von Koalition bilden,
die Unrichtigkeit des Ausspruches bewiesen haben, denn sie haben
wenig versäumt und sind nie um Armeen und Ideen verlegen gewesen. Ja,
sie haben im Gegenteil einen solchen Ideenreichtum und ein derartiges Geschick
in der Einsetzung ihrer Armeen an den richtigen Stellen und zur richtigen Zeit
an den Tag gelegt, daß selbst die Gegner ihnen ihre aufrichtige, neiderfüllte
Bewunderung nicht versagen konnten. In der Ententepresse und namentlich in
den englischen Blättern glaubt man, wie für alle peinlichen Überraschungen,
welche die Vierverbandsmächte in diesem Kriege erlebt haben, auch dafür eine
Erklärung gefunden zu haben, die ihrem eigenen Prestige aufhelfen soll. Für
die Zentralmächte, schreiben sie, sei es leicht, einheitlich vorzugehen. Sie würden
alle von Deutschland oder richtiger von Preußen so tyrannisiere, daß sie keinen
eigenen Willen mehr haben dürfen und blindlings gehorchen müssen, wenn man
in Berlin befiehlt. Der Londoner „Daily Telegraph" spielt in einem Artikel
„Die Politik der Verbündeten" dieses Argument als Trumpf aus. Er schreibt:
„Sie (das verführte Österreich-Ungarn und die beiden anderen Opfer: Türkei
und Bulgarien) müssen tun, was man ihnen sagt, und wenn ihre Ansichten
zufällig mit denen der Kriegsherren in der Wilhelmstraße nicht übereinstimmen,
so brauchen sie nicht berücksichtigt zu werden. Wir (die Entente) haben im
Gegensatze dazu mit wirklichen Verbündeten zu tun, die über die Ziele voll¬
ständig einig sind, aber gelegentlich in ihren Anschauungen über die Mittel aus¬
einandergehen, wie das nur begreiflich ist."
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