Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Erstes Vierteljahr.Der internationale Gedanke gesamten Menschheit sind von diesem Standpunkte aus sittliche Forderungen, Völlig verschieden ist dieser moderne internationale Gedanke von ven Eine solche Macht war vor allem England. Während man auf dem Wenn der Krieg siegreich ausgeht, dann werden wir unseren Platz an der Der internationale Gedanke gesamten Menschheit sind von diesem Standpunkte aus sittliche Forderungen, Völlig verschieden ist dieser moderne internationale Gedanke von ven Eine solche Macht war vor allem England. Während man auf dem Wenn der Krieg siegreich ausgeht, dann werden wir unseren Platz an der <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0308" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/329976"/> <fw type="header" place="top"> Der internationale Gedanke</fw><lb/> <p xml:id="ID_1014" prev="#ID_1013"> gesamten Menschheit sind von diesem Standpunkte aus sittliche Forderungen,<lb/> die durch Verträge zu verwirklichen sind.</p><lb/> <p xml:id="ID_1015"> Völlig verschieden ist dieser moderne internationale Gedanke von ven<lb/> antiken römischen Reichsgedanken und auch von der katholischen Idee. Er ist<lb/> nicht wie diese beiden historisch bodenständig, sondern „uferlos", er achtet keine<lb/> natürlichen Schranken, denn er ist nichts als das, konstruierte Gedankenwesen<lb/> der Aufklärung, das nur jetzt die Kühnheit hat, mit politischen Machtansprüchen<lb/> aufzutreten. Die Geschichte verläuft aber in der Wirklichkeit und nicht im<lb/> rationalen Denken, und nicht Verträge gestalten und verändern die großen<lb/> politischen Organisationen der Menschen, sondern Mächte. Wenn daher das<lb/> internationale Pathos unseres Volkes sich großenteils feindlich gegen unseren<lb/> nationalen Staat wandte, so diente es in Wahrheit nicht sich selber, weil es<lb/> kein Substrat aus dem wirklichen Boden dieser Männererde hatte, sondern höch¬<lb/> stens außernationalen Mächten, die es besser verstanden hatten als das deutsche<lb/> Volk, ihrem nationalen Gedanken Bedeutung für die weite Welt zu ver¬<lb/> schaffen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1016"> Eine solche Macht war vor allem England. Während man auf dem<lb/> Kontinent um das Erbe der Vergangenheit rang, war der wichtigste Teil der<lb/> überseeischen Erde englisch geworden. Hätten unsere Sozialdemokraten ihre<lb/> Weltfriedens- und Vertragspläne durchsetzen können, sie hätten nichts anderes<lb/> erreicht als die Sanktionierung der Tatsache, daß die Welt wahrscheinlich für<lb/> alle Zeiten englisch blieb und immer mehr wurde. England hatte das welt¬<lb/> umspannende Reich und damit die Macht zu befehlen. Wer bei uns inter¬<lb/> national sein wollte, war in der Tat nur englisch. So verfahren war unsere<lb/> Lage bis zur Schwelle des Weltkrieges, daß ein Kleinod des deutschen Geistes,<lb/> nämlich die ehrliche Begeisterung für das Wohl der ganzen Menschheit, zu einem<lb/> Schaden unserer Selbsterhaltung wurde. Welch eine Erlösung, daß der Krieg<lb/> den gordischen Knoten des Widerstreits zwischen den nationalen und den inter¬<lb/> nationalen Strebungen zerhauen hat!</p><lb/> <p xml:id="ID_1017" next="#ID_1018"> Wenn der Krieg siegreich ausgeht, dann werden wir unseren Platz an der<lb/> Sonne neben den Engländern gewinnen, dann wird in einem angemessenen<lb/> Teile der Welt nicht die englische, sondern die deutsche Kultur die Arbeit für<lb/> das Wohl und den Fortschritt der in diesem Raume wohnenden Völker über¬<lb/> nehmen. Schon ist von der Nordsee bis fast an den Persischen Golf eine Gasse<lb/> gebrochen, und vier Reiche eröffnen durch ihre Waffenbrüderschaft der Zukunft<lb/> den Weg. Wir Deutsche werden berufen sein, dem Menschheitsgedanken mit<lb/> an erster Stelle unter den Völkern zu dienen, und wir werden zeigen können,<lb/> ob wir wirklich wie einst die Griechen ein Salz der Erde sind. Generationen<lb/> unseres Volkes haben ein reines Pathos an den internationalen Gedanken gesetzt.<lb/> Wir wollen dieses Pathos, das uns früher in unserer nationalen Entwicklung<lb/> manchmal hemmte, setzt als nunmehr geläutertes kostbares Erbe der Vergangen¬<lb/> heit uns zu eigen machen und an den Völkern, die uns Vertrauen schenken, echte</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0308]
Der internationale Gedanke
gesamten Menschheit sind von diesem Standpunkte aus sittliche Forderungen,
die durch Verträge zu verwirklichen sind.
Völlig verschieden ist dieser moderne internationale Gedanke von ven
antiken römischen Reichsgedanken und auch von der katholischen Idee. Er ist
nicht wie diese beiden historisch bodenständig, sondern „uferlos", er achtet keine
natürlichen Schranken, denn er ist nichts als das, konstruierte Gedankenwesen
der Aufklärung, das nur jetzt die Kühnheit hat, mit politischen Machtansprüchen
aufzutreten. Die Geschichte verläuft aber in der Wirklichkeit und nicht im
rationalen Denken, und nicht Verträge gestalten und verändern die großen
politischen Organisationen der Menschen, sondern Mächte. Wenn daher das
internationale Pathos unseres Volkes sich großenteils feindlich gegen unseren
nationalen Staat wandte, so diente es in Wahrheit nicht sich selber, weil es
kein Substrat aus dem wirklichen Boden dieser Männererde hatte, sondern höch¬
stens außernationalen Mächten, die es besser verstanden hatten als das deutsche
Volk, ihrem nationalen Gedanken Bedeutung für die weite Welt zu ver¬
schaffen.
Eine solche Macht war vor allem England. Während man auf dem
Kontinent um das Erbe der Vergangenheit rang, war der wichtigste Teil der
überseeischen Erde englisch geworden. Hätten unsere Sozialdemokraten ihre
Weltfriedens- und Vertragspläne durchsetzen können, sie hätten nichts anderes
erreicht als die Sanktionierung der Tatsache, daß die Welt wahrscheinlich für
alle Zeiten englisch blieb und immer mehr wurde. England hatte das welt¬
umspannende Reich und damit die Macht zu befehlen. Wer bei uns inter¬
national sein wollte, war in der Tat nur englisch. So verfahren war unsere
Lage bis zur Schwelle des Weltkrieges, daß ein Kleinod des deutschen Geistes,
nämlich die ehrliche Begeisterung für das Wohl der ganzen Menschheit, zu einem
Schaden unserer Selbsterhaltung wurde. Welch eine Erlösung, daß der Krieg
den gordischen Knoten des Widerstreits zwischen den nationalen und den inter¬
nationalen Strebungen zerhauen hat!
Wenn der Krieg siegreich ausgeht, dann werden wir unseren Platz an der
Sonne neben den Engländern gewinnen, dann wird in einem angemessenen
Teile der Welt nicht die englische, sondern die deutsche Kultur die Arbeit für
das Wohl und den Fortschritt der in diesem Raume wohnenden Völker über¬
nehmen. Schon ist von der Nordsee bis fast an den Persischen Golf eine Gasse
gebrochen, und vier Reiche eröffnen durch ihre Waffenbrüderschaft der Zukunft
den Weg. Wir Deutsche werden berufen sein, dem Menschheitsgedanken mit
an erster Stelle unter den Völkern zu dienen, und wir werden zeigen können,
ob wir wirklich wie einst die Griechen ein Salz der Erde sind. Generationen
unseres Volkes haben ein reines Pathos an den internationalen Gedanken gesetzt.
Wir wollen dieses Pathos, das uns früher in unserer nationalen Entwicklung
manchmal hemmte, setzt als nunmehr geläutertes kostbares Erbe der Vergangen¬
heit uns zu eigen machen und an den Völkern, die uns Vertrauen schenken, echte
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