Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Erstes Vierteljahr.Der Weltkrieg und die Lage der Unternehmerschaft 360 Millionen Franken betragen, während sich in normalen Jahren die Um¬ Nicht günstiger liegen die Verhältnisse in den übrigen gegen uns krieg¬ Nach Mitteilungen des "Hamburger Fremdenblatt" vom Dezember 1915 ist Recht ungünstig hat sich auch die Lage der italienischen Unternehmerschaft ge¬ Der Weltkrieg und die Lage der Unternehmerschaft 360 Millionen Franken betragen, während sich in normalen Jahren die Um¬ Nicht günstiger liegen die Verhältnisse in den übrigen gegen uns krieg¬ Nach Mitteilungen des „Hamburger Fremdenblatt" vom Dezember 1915 ist Recht ungünstig hat sich auch die Lage der italienischen Unternehmerschaft ge¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0284" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/329952"/> <fw type="header" place="top"> Der Weltkrieg und die Lage der Unternehmerschaft</fw><lb/> <p xml:id="ID_949" prev="#ID_948"> 360 Millionen Franken betragen, während sich in normalen Jahren die Um¬<lb/> sätze er Wechseln auf etwa vierzig Milliarden Franken in der gleichen Zeit<lb/> belaufen.</p><lb/> <p xml:id="ID_950"> Nicht günstiger liegen die Verhältnisse in den übrigen gegen uns krieg¬<lb/> führenden Staaten. In Rußland wurde Industrie und Handwerk durch die<lb/> Besetzung weiter russischer Gebiete durch die deutsch-österreichischen Truppen<lb/> wesentlich beeinflußt. Gründe der Produktionseinschränkungen in Rußland —<lb/> nur die Betriebe, die an Kriegslieferungen für den Heeresbedarf arbeiten,<lb/> weisen regere Beschäftigung auf — sind Mangel an Rohstoffen: nach Mit¬<lb/> teilungen der „Rußkija Wedomosti" vom Dezember 1915 mußte beispielsweise<lb/> die russische Regierung Aufträge an Tuchlieferungen im Werte von 10 Millionen<lb/> Rubel an japanische Fabriken vergeben, weil die russischen Fabrikanten wegen<lb/> Wollmangels nicht imstande waren, den Auftrag auszuführen, ferner Kohlen¬<lb/> mangel, Verkehrsunterbrechungen und -Störungen, Geldschwierigkeiten — laut<lb/> Angaben des „Golos Moskwy" hat wegen der stetigen Zunahme der Konkurse<lb/> in Rußland noch niemals eine solche Panik geherrscht wie heutzutage — und<lb/> Fehlen der Nachfrage. Bedeutende Einwirkungen auf Rußlands Industrie übt<lb/> auch die fast völlige Unterbindung der Ausfuhr der Agrarerzeugnisse, auf die<lb/> Rußland als vorwiegender Agrarstaat angewiesen ist, aus.</p><lb/> <p xml:id="ID_951"> Nach Mitteilungen des „Hamburger Fremdenblatt" vom Dezember 1915 ist<lb/> der Wert der Ausfuhr Rußlands in den letzten zehn Monaten von 834794000<lb/> Rubel auf 247985000 Rubel zurückgegangen. In der gleichen Zeit fiel der<lb/> Einfuhrwert von 869939000 Rubel auf 464793000 Rubel. Nicht weniger<lb/> haben auch die russischen Unternehmer unter der überaus starken Zunahme<lb/> der Streikbewegungen in Rußland, die in den meisten Fällen noch durch die<lb/> brutalen Akte der Sabotage, daß ist die mutwillige Vernichtung des Eigentums<lb/> der Unternehmer seitens der Streitenden, wesentlich verschärft werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_952" next="#ID_953"> Recht ungünstig hat sich auch die Lage der italienischen Unternehmerschaft ge¬<lb/> staltet. So leidet beispielsweise die italienische Eisen- und Metallindustrie unter<lb/> Kohlen- und Eisenerzmangel. Auch an der Zufuhr von verarbeiteten Eisen mangelt<lb/> es. Aus Deutschand allein wird nach der italienischen Statistik in den Jahre» vor<lb/> dem Weltkrieg alljährlich für 60 bis 65 Millionen Lire bearbeitetes Eisen in<lb/> Italien eingeführt. Ebenfalls fehlen Blei und Zink. Nicht viel besser steht es<lb/> zurzeit um die italienische Seidenindustrie, die seit Jahren unter der japanischen<lb/> und chinesischen Konkurrenz leidet, nach dem Ausbruch des Krieges aber außerdem<lb/> einen beträchtlichen Teil ihres früheren Absatzes nach der Levante, den Balkan¬<lb/> ländern und Mitteleuropa verloren hat. Nach einer Zusammenstellung italienischer<lb/> Zeitungen haben von den 93 Betrieben des Baumwollgewerbes, die Aktien¬<lb/> gesellschaften sind, 71 für das Jahr 1914 überhaupt keine Dividende verteilen<lb/> können. Nach Züricher Mitteilungen vom August 1915 besitzt Italien nicht<lb/> genug Maschinen zur Verarbeitung der Rohwolle. Trotz Nacht- und Sonntags¬<lb/> arbeit kann man hier nicht einmal den eigenen Heeresbedarf decken. Die</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0284]
Der Weltkrieg und die Lage der Unternehmerschaft
360 Millionen Franken betragen, während sich in normalen Jahren die Um¬
sätze er Wechseln auf etwa vierzig Milliarden Franken in der gleichen Zeit
belaufen.
Nicht günstiger liegen die Verhältnisse in den übrigen gegen uns krieg¬
führenden Staaten. In Rußland wurde Industrie und Handwerk durch die
Besetzung weiter russischer Gebiete durch die deutsch-österreichischen Truppen
wesentlich beeinflußt. Gründe der Produktionseinschränkungen in Rußland —
nur die Betriebe, die an Kriegslieferungen für den Heeresbedarf arbeiten,
weisen regere Beschäftigung auf — sind Mangel an Rohstoffen: nach Mit¬
teilungen der „Rußkija Wedomosti" vom Dezember 1915 mußte beispielsweise
die russische Regierung Aufträge an Tuchlieferungen im Werte von 10 Millionen
Rubel an japanische Fabriken vergeben, weil die russischen Fabrikanten wegen
Wollmangels nicht imstande waren, den Auftrag auszuführen, ferner Kohlen¬
mangel, Verkehrsunterbrechungen und -Störungen, Geldschwierigkeiten — laut
Angaben des „Golos Moskwy" hat wegen der stetigen Zunahme der Konkurse
in Rußland noch niemals eine solche Panik geherrscht wie heutzutage — und
Fehlen der Nachfrage. Bedeutende Einwirkungen auf Rußlands Industrie übt
auch die fast völlige Unterbindung der Ausfuhr der Agrarerzeugnisse, auf die
Rußland als vorwiegender Agrarstaat angewiesen ist, aus.
Nach Mitteilungen des „Hamburger Fremdenblatt" vom Dezember 1915 ist
der Wert der Ausfuhr Rußlands in den letzten zehn Monaten von 834794000
Rubel auf 247985000 Rubel zurückgegangen. In der gleichen Zeit fiel der
Einfuhrwert von 869939000 Rubel auf 464793000 Rubel. Nicht weniger
haben auch die russischen Unternehmer unter der überaus starken Zunahme
der Streikbewegungen in Rußland, die in den meisten Fällen noch durch die
brutalen Akte der Sabotage, daß ist die mutwillige Vernichtung des Eigentums
der Unternehmer seitens der Streitenden, wesentlich verschärft werden.
Recht ungünstig hat sich auch die Lage der italienischen Unternehmerschaft ge¬
staltet. So leidet beispielsweise die italienische Eisen- und Metallindustrie unter
Kohlen- und Eisenerzmangel. Auch an der Zufuhr von verarbeiteten Eisen mangelt
es. Aus Deutschand allein wird nach der italienischen Statistik in den Jahre» vor
dem Weltkrieg alljährlich für 60 bis 65 Millionen Lire bearbeitetes Eisen in
Italien eingeführt. Ebenfalls fehlen Blei und Zink. Nicht viel besser steht es
zurzeit um die italienische Seidenindustrie, die seit Jahren unter der japanischen
und chinesischen Konkurrenz leidet, nach dem Ausbruch des Krieges aber außerdem
einen beträchtlichen Teil ihres früheren Absatzes nach der Levante, den Balkan¬
ländern und Mitteleuropa verloren hat. Nach einer Zusammenstellung italienischer
Zeitungen haben von den 93 Betrieben des Baumwollgewerbes, die Aktien¬
gesellschaften sind, 71 für das Jahr 1914 überhaupt keine Dividende verteilen
können. Nach Züricher Mitteilungen vom August 1915 besitzt Italien nicht
genug Maschinen zur Verarbeitung der Rohwolle. Trotz Nacht- und Sonntags¬
arbeit kann man hier nicht einmal den eigenen Heeresbedarf decken. Die
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