Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Erstes Vierteljahr.Deutsche Rultnr im englischen Spiegel des menschlichen Geistes. In allen einzelnen Abteilungen des enormen Wissens¬ Das nächste Kapitel behandelt die deutsche Literatur. Der Verfasser geht Die neuere deutsche Literatur sei in Nachahmung und kritischer Diskussion Bei der klassischen Periode der deutschen Literatur wird der Einfluß der Goethe kommt natürlich nicht sehr gut weg mit seinen naturwissenschaftlichen Nietzsche wird als das Idol und Muster vieler junger deutscher Autoren Was die Kunst betrifft, so wird behauptet, daß, da der charakteristische Deutsche Rultnr im englischen Spiegel des menschlichen Geistes. In allen einzelnen Abteilungen des enormen Wissens¬ Das nächste Kapitel behandelt die deutsche Literatur. Der Verfasser geht Die neuere deutsche Literatur sei in Nachahmung und kritischer Diskussion Bei der klassischen Periode der deutschen Literatur wird der Einfluß der Goethe kommt natürlich nicht sehr gut weg mit seinen naturwissenschaftlichen Nietzsche wird als das Idol und Muster vieler junger deutscher Autoren Was die Kunst betrifft, so wird behauptet, daß, da der charakteristische <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0216" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/329884"/> <fw type="header" place="top"> Deutsche Rultnr im englischen Spiegel</fw><lb/> <p xml:id="ID_675" prev="#ID_674"> des menschlichen Geistes. In allen einzelnen Abteilungen des enormen Wissens¬<lb/> gebietes wird der außerordentlich große Anteil deutscher Arbeit an der Welt¬<lb/> kultur überzeugend nachgewiesen. Im Ganzen eine unvergleichliche Leistung<lb/> ehrlicher Gerechtigkeit, die den Feind ebenso ehrt wie die deutsche Wissenschaft.</p><lb/> <p xml:id="ID_676"> Das nächste Kapitel behandelt die deutsche Literatur. Der Verfasser geht<lb/> von der Anschauung aus, daß ihre Glanzperiode mit Lessing, Goethe und<lb/> Schiller spät kam, lange nach Shakespeare und Milton in England, und<lb/> Corneille und Moliöre in Frankreich. Das sechzehnte und siebzehnte Jahr¬<lb/> hundert sei ein weißes Blatt Papier, was die Bedeutung Deutschlands für die<lb/> internationale Literatur anlange. Er schließt daraus, mit einer eigentlich nicht<lb/> englischen Abwesenheit historischen Sinnes, auf einen gewissen Mangel an<lb/> Originalität. Was das Nibelungenlied anbetrifft, so sei es keineswegs eine neue<lb/> Jliade; die Konstruktion als Ganzes aber sei großartig.</p><lb/> <p xml:id="ID_677"> Die neuere deutsche Literatur sei in Nachahmung und kritischer Diskussion<lb/> der englischen und französischen entstanden.</p><lb/> <p xml:id="ID_678"> Bei der klassischen Periode der deutschen Literatur wird der Einfluß der<lb/> „edlen Einfalt und stillen Größe" der griechischen Kultur auf Schiller und<lb/> Goethe hervorgehoben.</p><lb/> <p xml:id="ID_679"> Goethe kommt natürlich nicht sehr gut weg mit seinen naturwissenschaftlichen<lb/> Forschungen, schon weil er es gewagt hat, Newton zu widersprechen; Schiller<lb/> noch weniger, der ja sein Leben lang sich um das tägliche Brot quälen mußte.<lb/> Immerhin wird die klassische Periode der deutschen Literatur als einzig in ihrem<lb/> Individualismus und in ihrem Kosmopolitismus bezeichnet; als die Wurzel<lb/> der Größe dieser Periode gilt natürlich die deutsche Kleinstaaterei.</p><lb/> <p xml:id="ID_680"> Nietzsche wird als das Idol und Muster vieler junger deutscher Autoren<lb/> geschildert. Im allgemeinen wird für die Neuzeit das Nachlassen der schrift¬<lb/> stellerischen Produktivität im Vergleich zur Goethescher Periode hervorgehoben,<lb/> sowie die deutsche Inferiorität in der Epik und im Lustspiel, aber auch bemerkt,<lb/> daß, wenn früher Weimar das Zentrum der ganzen deutschen Literatur war,<lb/> in der neueren Zeit eigentlich alle deutschen Provinzen, wozu auch Deutsch-<lb/> Österreich und die Schweiz gerechnet werden, gut vertreten seien. (S. 195).</p><lb/> <p xml:id="ID_681" next="#ID_682"> Was die Kunst betrifft, so wird behauptet, daß, da der charakteristische<lb/> Zug der deutschen Kultur Tiefe des Intellekts sei, Deutschland eigentlich nur in<lb/> der Philosophie und in der Musik zur Suprematie gelangt sei. In einer Reihe<lb/> feiner Bemerkungen, die von dem hohen Standpunkt des Verfassers Zeugnis<lb/> geben (wie z. B.: daß die Kunst darin bestehe, Gott nachzumachen, der jedes<lb/> Ding Zu seiner Jahreszeit schön gemacht habe, oder: daß die Größe und Fein¬<lb/> heit der mönchischen Kunst zum Teil darauf beruhe, daß der Künstler damals eben<lb/> auch sein eigenes Material und sein eigenes Handwerkszeug selbst anfertigte),<lb/> wird jedoch ausgeführt, daß die deutsche gothische Kunst im allgemeinen nicht<lb/> das große Interesse biete, wie die deutsche romanische; ferner, daß die Deutschen<lb/> mehr zeichnerisch als malerisch veranlagt seien und daß die Lebenslage der Be-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0216]
Deutsche Rultnr im englischen Spiegel
des menschlichen Geistes. In allen einzelnen Abteilungen des enormen Wissens¬
gebietes wird der außerordentlich große Anteil deutscher Arbeit an der Welt¬
kultur überzeugend nachgewiesen. Im Ganzen eine unvergleichliche Leistung
ehrlicher Gerechtigkeit, die den Feind ebenso ehrt wie die deutsche Wissenschaft.
Das nächste Kapitel behandelt die deutsche Literatur. Der Verfasser geht
von der Anschauung aus, daß ihre Glanzperiode mit Lessing, Goethe und
Schiller spät kam, lange nach Shakespeare und Milton in England, und
Corneille und Moliöre in Frankreich. Das sechzehnte und siebzehnte Jahr¬
hundert sei ein weißes Blatt Papier, was die Bedeutung Deutschlands für die
internationale Literatur anlange. Er schließt daraus, mit einer eigentlich nicht
englischen Abwesenheit historischen Sinnes, auf einen gewissen Mangel an
Originalität. Was das Nibelungenlied anbetrifft, so sei es keineswegs eine neue
Jliade; die Konstruktion als Ganzes aber sei großartig.
Die neuere deutsche Literatur sei in Nachahmung und kritischer Diskussion
der englischen und französischen entstanden.
Bei der klassischen Periode der deutschen Literatur wird der Einfluß der
„edlen Einfalt und stillen Größe" der griechischen Kultur auf Schiller und
Goethe hervorgehoben.
Goethe kommt natürlich nicht sehr gut weg mit seinen naturwissenschaftlichen
Forschungen, schon weil er es gewagt hat, Newton zu widersprechen; Schiller
noch weniger, der ja sein Leben lang sich um das tägliche Brot quälen mußte.
Immerhin wird die klassische Periode der deutschen Literatur als einzig in ihrem
Individualismus und in ihrem Kosmopolitismus bezeichnet; als die Wurzel
der Größe dieser Periode gilt natürlich die deutsche Kleinstaaterei.
Nietzsche wird als das Idol und Muster vieler junger deutscher Autoren
geschildert. Im allgemeinen wird für die Neuzeit das Nachlassen der schrift¬
stellerischen Produktivität im Vergleich zur Goethescher Periode hervorgehoben,
sowie die deutsche Inferiorität in der Epik und im Lustspiel, aber auch bemerkt,
daß, wenn früher Weimar das Zentrum der ganzen deutschen Literatur war,
in der neueren Zeit eigentlich alle deutschen Provinzen, wozu auch Deutsch-
Österreich und die Schweiz gerechnet werden, gut vertreten seien. (S. 195).
Was die Kunst betrifft, so wird behauptet, daß, da der charakteristische
Zug der deutschen Kultur Tiefe des Intellekts sei, Deutschland eigentlich nur in
der Philosophie und in der Musik zur Suprematie gelangt sei. In einer Reihe
feiner Bemerkungen, die von dem hohen Standpunkt des Verfassers Zeugnis
geben (wie z. B.: daß die Kunst darin bestehe, Gott nachzumachen, der jedes
Ding Zu seiner Jahreszeit schön gemacht habe, oder: daß die Größe und Fein¬
heit der mönchischen Kunst zum Teil darauf beruhe, daß der Künstler damals eben
auch sein eigenes Material und sein eigenes Handwerkszeug selbst anfertigte),
wird jedoch ausgeführt, daß die deutsche gothische Kunst im allgemeinen nicht
das große Interesse biete, wie die deutsche romanische; ferner, daß die Deutschen
mehr zeichnerisch als malerisch veranlagt seien und daß die Lebenslage der Be-
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