Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Erstes Vierteljahr.König Nikola vsu Montenegro und seine Politik daß er die Geister, die er gerufen hatte, nicht mehr loswerden konnte. Er Um Milan zum Mittun zu bewegen, wühlte Nikola in Serbien gegen ihn Jetzt erst kam es zwischen den beiden Fürsten zur Einigung und Nikola Nach dem Krieg brach für Montenegro eine neue Ära an. Das schon König Nikola vsu Montenegro und seine Politik daß er die Geister, die er gerufen hatte, nicht mehr loswerden konnte. Er Um Milan zum Mittun zu bewegen, wühlte Nikola in Serbien gegen ihn Jetzt erst kam es zwischen den beiden Fürsten zur Einigung und Nikola Nach dem Krieg brach für Montenegro eine neue Ära an. Das schon <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0197" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/329865"/> <fw type="header" place="top"> König Nikola vsu Montenegro und seine Politik</fw><lb/> <p xml:id="ID_611" prev="#ID_610"> daß er die Geister, die er gerufen hatte, nicht mehr loswerden konnte. Er<lb/> begann also Unterhandlungen mit den Mirediten, deren Sendling mir sagte,<lb/> er hätte als Lohn für das Mitwirken am Aufstand vollständige Unabhängigkeit<lb/> und Herrschaft über die anderen Nordalbanesen, sowie eine bedeutende Summe<lb/> Geldes verlangt, welch letztere der Fürst — geizig und habsüchtig wie immer! —<lb/> nicht zugestehen wollte. Auch 5 Häuptlinge der Holi, die nach Cetinje ge¬<lb/> kommen waren und sich erboten hatten, mit Montenegro gemeinsame Sache zu<lb/> machen, wenn sie Geld und Waffen erhielten, wurden abgewiesen. Auf meinen<lb/> diesbezüglichen Vorhalt sagte mir der Fürst, er traue den Albanesen nicht; sie<lb/> könnten das Geld nehmen und dann die erhaltenen Waffen gegen ihn kehren.<lb/> So kam es, daß dann im Krieg von 1876/78 die Maljisoren auf Seite der Türken<lb/> gegen Montenegro kämpften. Und das alles', weil Nikola nicht mit Geld heraus¬<lb/> rücken wollte; denn sein Grundsatz war immer: „Nehmen ist seliger als Geben!"</p><lb/> <p xml:id="ID_612"> Um Milan zum Mittun zu bewegen, wühlte Nikola in Serbien gegen ihn<lb/> und ließ ihn für fein Leben fürchten. Dennoch konnten sich die beiden Fürsten<lb/> noch nicht einigen, als im Frühjahr 1876 in Bulgarien der Aufstand aus¬<lb/> brach, der von den Türken niedergeschlagen wurde.</p><lb/> <p xml:id="ID_613"> Jetzt erst kam es zwischen den beiden Fürsten zur Einigung und Nikola<lb/> verpflichtete sich, sofort nach der serbischen Kriegserklärung die seinige folgen zu<lb/> lassen. Um aber die Türken einzulullen, versicherte er ihnen, er werde neutral<lb/> bleiben, sofern sie ihm einige kleine Grenzabtretungen machten. Im Vertrauen<lb/> darauf ließen die Türken die Herzegowina unbesetzt, so daß es Nikola ein<lb/> Leichtes gewesen wäre, binnen vier Tagen in Mostar zu sein. Statt dem ver¬<lb/> trödelte er zwanzig Tage zur Zurücklegung einer Strecke, die er beim Rückzug in<lb/> drei Tagen zurücklegte! Dadurch wurde der Angriffskrieg zu einem Ver¬<lb/> teidigungskrieg, der zwar den Montenegrinern unsterblichen Ruhm eintrug,<lb/> aber nicht die erhoffte Eroberung der Herzegowina. Die Schuld trug Fürst<lb/> Nikola allein, denn seine strategische Unfähigkeit überstieg alle Grenzen und<lb/> die Siege kamen nur auf Rechnung der montenegrinischen Tapferkeit und der<lb/> glänzenden Eigenschaften mehrerer montenegrinischer Vojvoden.</p><lb/> <p xml:id="ID_614"> Nach dem Krieg brach für Montenegro eine neue Ära an. Das schon<lb/> früher mit spärlichen Mitteln begonnene Kulturwerk wurde jetzt mit größeren<lb/> fortgesetzt, aber das kostete Geld und der Fürst, statt die ihm zufließenden<lb/> Gelder zum Besten des Landes zu verwenden, behielt sehr viel für sich. Seine<lb/> Gegner werfen ihm sogar vor, er habe 1878 die herzegowinischen Aufständischen<lb/> für etliche Millionen (man nannte mir die Summe, doch habe ich sie vergessen)<lb/> an Osterreich verkauft. Wenn etwas daran ist, dürste es vielleicht so zu<lb/> erklären sein, daß Österreich dem Fürsten eine Entschädigungssumme zahlte,<lb/> wogegen dieser sich mit der kleinen Grenzregulierung in der Herzegowina begnügte<lb/> und seinen Einfluß verwendete, daß sich die Herzegowiner der österreichischen<lb/> Herrschaft fügten und daß er dann diese Summe für sich behielt. Ähnlich<lb/> steht ihm derlei allerdings.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0197]
König Nikola vsu Montenegro und seine Politik
daß er die Geister, die er gerufen hatte, nicht mehr loswerden konnte. Er
begann also Unterhandlungen mit den Mirediten, deren Sendling mir sagte,
er hätte als Lohn für das Mitwirken am Aufstand vollständige Unabhängigkeit
und Herrschaft über die anderen Nordalbanesen, sowie eine bedeutende Summe
Geldes verlangt, welch letztere der Fürst — geizig und habsüchtig wie immer! —
nicht zugestehen wollte. Auch 5 Häuptlinge der Holi, die nach Cetinje ge¬
kommen waren und sich erboten hatten, mit Montenegro gemeinsame Sache zu
machen, wenn sie Geld und Waffen erhielten, wurden abgewiesen. Auf meinen
diesbezüglichen Vorhalt sagte mir der Fürst, er traue den Albanesen nicht; sie
könnten das Geld nehmen und dann die erhaltenen Waffen gegen ihn kehren.
So kam es, daß dann im Krieg von 1876/78 die Maljisoren auf Seite der Türken
gegen Montenegro kämpften. Und das alles', weil Nikola nicht mit Geld heraus¬
rücken wollte; denn sein Grundsatz war immer: „Nehmen ist seliger als Geben!"
Um Milan zum Mittun zu bewegen, wühlte Nikola in Serbien gegen ihn
und ließ ihn für fein Leben fürchten. Dennoch konnten sich die beiden Fürsten
noch nicht einigen, als im Frühjahr 1876 in Bulgarien der Aufstand aus¬
brach, der von den Türken niedergeschlagen wurde.
Jetzt erst kam es zwischen den beiden Fürsten zur Einigung und Nikola
verpflichtete sich, sofort nach der serbischen Kriegserklärung die seinige folgen zu
lassen. Um aber die Türken einzulullen, versicherte er ihnen, er werde neutral
bleiben, sofern sie ihm einige kleine Grenzabtretungen machten. Im Vertrauen
darauf ließen die Türken die Herzegowina unbesetzt, so daß es Nikola ein
Leichtes gewesen wäre, binnen vier Tagen in Mostar zu sein. Statt dem ver¬
trödelte er zwanzig Tage zur Zurücklegung einer Strecke, die er beim Rückzug in
drei Tagen zurücklegte! Dadurch wurde der Angriffskrieg zu einem Ver¬
teidigungskrieg, der zwar den Montenegrinern unsterblichen Ruhm eintrug,
aber nicht die erhoffte Eroberung der Herzegowina. Die Schuld trug Fürst
Nikola allein, denn seine strategische Unfähigkeit überstieg alle Grenzen und
die Siege kamen nur auf Rechnung der montenegrinischen Tapferkeit und der
glänzenden Eigenschaften mehrerer montenegrinischer Vojvoden.
Nach dem Krieg brach für Montenegro eine neue Ära an. Das schon
früher mit spärlichen Mitteln begonnene Kulturwerk wurde jetzt mit größeren
fortgesetzt, aber das kostete Geld und der Fürst, statt die ihm zufließenden
Gelder zum Besten des Landes zu verwenden, behielt sehr viel für sich. Seine
Gegner werfen ihm sogar vor, er habe 1878 die herzegowinischen Aufständischen
für etliche Millionen (man nannte mir die Summe, doch habe ich sie vergessen)
an Osterreich verkauft. Wenn etwas daran ist, dürste es vielleicht so zu
erklären sein, daß Österreich dem Fürsten eine Entschädigungssumme zahlte,
wogegen dieser sich mit der kleinen Grenzregulierung in der Herzegowina begnügte
und seinen Einfluß verwendete, daß sich die Herzegowiner der österreichischen
Herrschaft fügten und daß er dann diese Summe für sich behielt. Ähnlich
steht ihm derlei allerdings.
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