Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite

führen könnte"). Ihnen stehen gegenüber die Oboroncy. die für die Ver¬
teidigung des Vaterlandes (obororm) in-ter allen Umständen ihre Mithilfe nicht
verweigern wollen. Die Anwälte und geistigen Führer dieser Gruppe sind
ebenfalls Emigranten, hauptsächlich Plechanow, Alerinsky in Paris und Deutsch
in New York. Burzew, der nach langem Hin und Her begnadigt worden ist
und dem man den Aufenthalt in Petersburg gestattet hat, wird man j"tzt wohl
ebenfalls zu dieser Gruppe rechnen dürfen, wenn er nicht von der russischen
Ochrana gewonnen ist.

Ich möchte zuerst von Plechanow ein paar Worte sagen. Das von ihm
zusammen mit Bjeloussow. Alexinsky. Frl. Deutsch. Jda Axelrod und anderen
herausgegebene Manifest vom 10. September 1915 ist bekannt. Es ist in
vollem Wortlaute abgedruckt in der von Alexinsky in Paris herausgegebenen
Zeitung "Ko88ija i Lxvabüäa" (I^a Ku88le et la luderte) Ur. 3 und wird
Nummer für Nummer in der von Plechanow neugegründeten Zeitung "Pri8yvf"
(I'^ppel) erläutert und popularisiert. Von seinen Urhebern wird es als ein
grundlegender Beschluß der beiden Parteien der russischen Sozialdemokraten und
der russischen Sozialrevolutionäre bezeichnet und als solcher von der russischen
und Ententepresse wiedergegeben. Das ist falsch. Die Pariser Emigranten
hatten keine Autorisation, für die Parteien zu sprechen. Das Manifest ist denn
auch sofort von der Auslandsgruppe der russischen Sozialrevolutionäre (Z. K.
P. S. N. Zentralkomitee der Partei der Sozialrevolutionäre) abgelehnt
worden. Der ablehnende Beschluß ist abgedruckt in Ur. 25 (87) der in Genf
erscheinenden Wochenschrift Ztusnj (l.a Vie). die sich in ihrem Leitartikel für
die Revolution 8ar>8 pkra8e ausspreche. Auch die in Paris erscheinende ,M8de
Slovo" sMtre Parole) hat sich gegen Plechanow geäußert-I

Plechanows Gedankengang ist etwa folgender: "Wenn Deutschland gs-
winnt. wird Rußland eine ungeheuere Staatsschuld haben. Deutschland wird
eine gewaltige Kriegskontribution fordern und Rußland wird Deutschland öko°
römisch tributpflichtig sein. Aber weiter. Das alte Dreikaiserbündnis wird
von neuem wiedererstehen und es wird der Hort der Reaktion werden.
Der russische Arbeiter wird die Folgen davon sowohl ökonomisch wie politisch
tragen müssen, "denn Rußland gehört nicht dem Zaren, sondern dem arbeitenden
russischen Volke. Wenn das Volk Rußland verteidigt, so verteidigt es sich selbst
und die Sache seiner Befreiung". Man sage, daß Maklakow und Schtscheglowitow
bereit gewesen seien, den Frieden mit Deutschland zu schließen. "Wenn das
nicht wahr ist, so ist es gut erfunden, denn eine Niederlage Deutschlands wäre
die Niederlage des den Reaktionären so teueren monarchischen Prinzips". Jeder
revolutionäre Pulses arbeitet dem äußeren Feinde in die Hände, ist also Verrat
am Vaterlande. Es ist die Pflicht jedes Arbeitervertreters, "nach Möglichkeit
an der Arbeit nicht nur der speziellen technischen Organisationen für die Be-



") Ihre Devise ist: poraslienie - menskeje -lo, die Niederlage ist das kleinere Übel.

führen könnte"). Ihnen stehen gegenüber die Oboroncy. die für die Ver¬
teidigung des Vaterlandes (obororm) in-ter allen Umständen ihre Mithilfe nicht
verweigern wollen. Die Anwälte und geistigen Führer dieser Gruppe sind
ebenfalls Emigranten, hauptsächlich Plechanow, Alerinsky in Paris und Deutsch
in New York. Burzew, der nach langem Hin und Her begnadigt worden ist
und dem man den Aufenthalt in Petersburg gestattet hat, wird man j"tzt wohl
ebenfalls zu dieser Gruppe rechnen dürfen, wenn er nicht von der russischen
Ochrana gewonnen ist.

Ich möchte zuerst von Plechanow ein paar Worte sagen. Das von ihm
zusammen mit Bjeloussow. Alexinsky. Frl. Deutsch. Jda Axelrod und anderen
herausgegebene Manifest vom 10. September 1915 ist bekannt. Es ist in
vollem Wortlaute abgedruckt in der von Alexinsky in Paris herausgegebenen
Zeitung „Ko88ija i Lxvabüäa" (I^a Ku88le et la luderte) Ur. 3 und wird
Nummer für Nummer in der von Plechanow neugegründeten Zeitung „Pri8yvf"
(I'^ppel) erläutert und popularisiert. Von seinen Urhebern wird es als ein
grundlegender Beschluß der beiden Parteien der russischen Sozialdemokraten und
der russischen Sozialrevolutionäre bezeichnet und als solcher von der russischen
und Ententepresse wiedergegeben. Das ist falsch. Die Pariser Emigranten
hatten keine Autorisation, für die Parteien zu sprechen. Das Manifest ist denn
auch sofort von der Auslandsgruppe der russischen Sozialrevolutionäre (Z. K.
P. S. N. Zentralkomitee der Partei der Sozialrevolutionäre) abgelehnt
worden. Der ablehnende Beschluß ist abgedruckt in Ur. 25 (87) der in Genf
erscheinenden Wochenschrift Ztusnj (l.a Vie). die sich in ihrem Leitartikel für
die Revolution 8ar>8 pkra8e ausspreche. Auch die in Paris erscheinende ,M8de
Slovo« sMtre Parole) hat sich gegen Plechanow geäußert-I

Plechanows Gedankengang ist etwa folgender: „Wenn Deutschland gs-
winnt. wird Rußland eine ungeheuere Staatsschuld haben. Deutschland wird
eine gewaltige Kriegskontribution fordern und Rußland wird Deutschland öko°
römisch tributpflichtig sein. Aber weiter. Das alte Dreikaiserbündnis wird
von neuem wiedererstehen und es wird der Hort der Reaktion werden.
Der russische Arbeiter wird die Folgen davon sowohl ökonomisch wie politisch
tragen müssen, „denn Rußland gehört nicht dem Zaren, sondern dem arbeitenden
russischen Volke. Wenn das Volk Rußland verteidigt, so verteidigt es sich selbst
und die Sache seiner Befreiung". Man sage, daß Maklakow und Schtscheglowitow
bereit gewesen seien, den Frieden mit Deutschland zu schließen. „Wenn das
nicht wahr ist, so ist es gut erfunden, denn eine Niederlage Deutschlands wäre
die Niederlage des den Reaktionären so teueren monarchischen Prinzips". Jeder
revolutionäre Pulses arbeitet dem äußeren Feinde in die Hände, ist also Verrat
am Vaterlande. Es ist die Pflicht jedes Arbeitervertreters, „nach Möglichkeit
an der Arbeit nicht nur der speziellen technischen Organisationen für die Be-



") Ihre Devise ist: poraslienie - menskeje -lo, die Niederlage ist das kleinere Übel.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0019" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/329685"/>
          <fw type="header" place="top"/><lb/>
          <p xml:id="ID_25" prev="#ID_24"> führen könnte"). Ihnen stehen gegenüber die Oboroncy. die für die Ver¬<lb/>
teidigung des Vaterlandes (obororm) in-ter allen Umständen ihre Mithilfe nicht<lb/>
verweigern wollen. Die Anwälte und geistigen Führer dieser Gruppe sind<lb/>
ebenfalls Emigranten, hauptsächlich Plechanow, Alerinsky in Paris und Deutsch<lb/>
in New York. Burzew, der nach langem Hin und Her begnadigt worden ist<lb/>
und dem man den Aufenthalt in Petersburg gestattet hat, wird man j"tzt wohl<lb/>
ebenfalls zu dieser Gruppe rechnen dürfen, wenn er nicht von der russischen<lb/>
Ochrana gewonnen ist.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_26"> Ich möchte zuerst von Plechanow ein paar Worte sagen.  Das von ihm<lb/>
zusammen mit Bjeloussow. Alexinsky. Frl. Deutsch. Jda Axelrod und anderen<lb/>
herausgegebene Manifest vom 10. September 1915 ist bekannt.  Es ist in<lb/>
vollem Wortlaute abgedruckt in der von Alexinsky in Paris herausgegebenen<lb/>
Zeitung &#x201E;Ko88ija i Lxvabüäa" (I^a Ku88le et la luderte) Ur. 3 und wird<lb/>
Nummer für Nummer in der von Plechanow neugegründeten Zeitung &#x201E;Pri8yvf"<lb/>
(I'^ppel) erläutert und popularisiert.  Von seinen Urhebern wird es als ein<lb/>
grundlegender Beschluß der beiden Parteien der russischen Sozialdemokraten und<lb/>
der russischen Sozialrevolutionäre bezeichnet und als solcher von der russischen<lb/>
und Ententepresse wiedergegeben.  Das ist falsch.  Die Pariser Emigranten<lb/>
hatten keine Autorisation, für die Parteien zu sprechen. Das Manifest ist denn<lb/>
auch sofort von der Auslandsgruppe der russischen Sozialrevolutionäre (Z. K.<lb/>
P. S. N.   Zentralkomitee der Partei der Sozialrevolutionäre) abgelehnt<lb/>
worden. Der ablehnende Beschluß ist abgedruckt in Ur. 25 (87) der in Genf<lb/>
erscheinenden Wochenschrift Ztusnj (l.a Vie). die sich in ihrem Leitartikel für<lb/>
die Revolution 8ar&gt;8 pkra8e ausspreche. Auch die in Paris erscheinende ,M8de<lb/>
Slovo« sMtre Parole) hat sich gegen Plechanow geäußert-I</p><lb/>
          <p xml:id="ID_27" next="#ID_28"> Plechanows Gedankengang ist etwa folgender: &#x201E;Wenn Deutschland gs-<lb/>
winnt. wird Rußland eine ungeheuere Staatsschuld haben. Deutschland wird<lb/>
eine gewaltige Kriegskontribution fordern und Rußland wird Deutschland öko°<lb/>
römisch tributpflichtig sein. Aber weiter. Das alte Dreikaiserbündnis wird<lb/>
von neuem wiedererstehen und es wird der Hort der Reaktion werden.<lb/>
Der russische Arbeiter wird die Folgen davon sowohl ökonomisch wie politisch<lb/>
tragen müssen, &#x201E;denn Rußland gehört nicht dem Zaren, sondern dem arbeitenden<lb/>
russischen Volke. Wenn das Volk Rußland verteidigt, so verteidigt es sich selbst<lb/>
und die Sache seiner Befreiung". Man sage, daß Maklakow und Schtscheglowitow<lb/>
bereit gewesen seien, den Frieden mit Deutschland zu schließen. &#x201E;Wenn das<lb/>
nicht wahr ist, so ist es gut erfunden, denn eine Niederlage Deutschlands wäre<lb/>
die Niederlage des den Reaktionären so teueren monarchischen Prinzips". Jeder<lb/>
revolutionäre Pulses arbeitet dem äußeren Feinde in die Hände, ist also Verrat<lb/>
am Vaterlande. Es ist die Pflicht jedes Arbeitervertreters, &#x201E;nach Möglichkeit<lb/>
an der Arbeit nicht nur der speziellen technischen Organisationen für die Be-</p><lb/>
          <note xml:id="FID_2" place="foot"> ") Ihre Devise ist: poraslienie - menskeje -lo, die Niederlage ist das kleinere Übel.</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0019] führen könnte"). Ihnen stehen gegenüber die Oboroncy. die für die Ver¬ teidigung des Vaterlandes (obororm) in-ter allen Umständen ihre Mithilfe nicht verweigern wollen. Die Anwälte und geistigen Führer dieser Gruppe sind ebenfalls Emigranten, hauptsächlich Plechanow, Alerinsky in Paris und Deutsch in New York. Burzew, der nach langem Hin und Her begnadigt worden ist und dem man den Aufenthalt in Petersburg gestattet hat, wird man j"tzt wohl ebenfalls zu dieser Gruppe rechnen dürfen, wenn er nicht von der russischen Ochrana gewonnen ist. Ich möchte zuerst von Plechanow ein paar Worte sagen. Das von ihm zusammen mit Bjeloussow. Alexinsky. Frl. Deutsch. Jda Axelrod und anderen herausgegebene Manifest vom 10. September 1915 ist bekannt. Es ist in vollem Wortlaute abgedruckt in der von Alexinsky in Paris herausgegebenen Zeitung „Ko88ija i Lxvabüäa" (I^a Ku88le et la luderte) Ur. 3 und wird Nummer für Nummer in der von Plechanow neugegründeten Zeitung „Pri8yvf" (I'^ppel) erläutert und popularisiert. Von seinen Urhebern wird es als ein grundlegender Beschluß der beiden Parteien der russischen Sozialdemokraten und der russischen Sozialrevolutionäre bezeichnet und als solcher von der russischen und Ententepresse wiedergegeben. Das ist falsch. Die Pariser Emigranten hatten keine Autorisation, für die Parteien zu sprechen. Das Manifest ist denn auch sofort von der Auslandsgruppe der russischen Sozialrevolutionäre (Z. K. P. S. N. Zentralkomitee der Partei der Sozialrevolutionäre) abgelehnt worden. Der ablehnende Beschluß ist abgedruckt in Ur. 25 (87) der in Genf erscheinenden Wochenschrift Ztusnj (l.a Vie). die sich in ihrem Leitartikel für die Revolution 8ar>8 pkra8e ausspreche. Auch die in Paris erscheinende ,M8de Slovo« sMtre Parole) hat sich gegen Plechanow geäußert-I Plechanows Gedankengang ist etwa folgender: „Wenn Deutschland gs- winnt. wird Rußland eine ungeheuere Staatsschuld haben. Deutschland wird eine gewaltige Kriegskontribution fordern und Rußland wird Deutschland öko° römisch tributpflichtig sein. Aber weiter. Das alte Dreikaiserbündnis wird von neuem wiedererstehen und es wird der Hort der Reaktion werden. Der russische Arbeiter wird die Folgen davon sowohl ökonomisch wie politisch tragen müssen, „denn Rußland gehört nicht dem Zaren, sondern dem arbeitenden russischen Volke. Wenn das Volk Rußland verteidigt, so verteidigt es sich selbst und die Sache seiner Befreiung". Man sage, daß Maklakow und Schtscheglowitow bereit gewesen seien, den Frieden mit Deutschland zu schließen. „Wenn das nicht wahr ist, so ist es gut erfunden, denn eine Niederlage Deutschlands wäre die Niederlage des den Reaktionären so teueren monarchischen Prinzips". Jeder revolutionäre Pulses arbeitet dem äußeren Feinde in die Hände, ist also Verrat am Vaterlande. Es ist die Pflicht jedes Arbeitervertreters, „nach Möglichkeit an der Arbeit nicht nur der speziellen technischen Organisationen für die Be- ") Ihre Devise ist: poraslienie - menskeje -lo, die Niederlage ist das kleinere Übel.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341903_329665
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341903_329665/19
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341903_329665/19>, abgerufen am 15.01.2025.