Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Erstes Vierteljahr.Die Zukunft des Völkerrechts haben fast nur Teile der "mores populorum", der "jura pacto wcito intro- Von Einzelheiten ist hervorzuheben: Die "elau8uta rebU8 8in 8timtibu8" Aber alle diese mehr oder weniger formalistischen und juristischen Dinge Grenzboten I 191" 12
Die Zukunft des Völkerrechts haben fast nur Teile der „mores populorum", der „jura pacto wcito intro- Von Einzelheiten ist hervorzuheben: Die „elau8uta rebU8 8in 8timtibu8" Aber alle diese mehr oder weniger formalistischen und juristischen Dinge Grenzboten I 191« 12
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0189" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/329857"/> <fw type="header" place="top"> Die Zukunft des Völkerrechts</fw><lb/> <p xml:id="ID_584" prev="#ID_583"> haben fast nur Teile der „mores populorum", der „jura pacto wcito intro-<lb/> clueta". Hugo Grotius hat recht behalten. — Die Völkerrechtsgebräuche gilt<lb/> es deshalb neu zu sammeln, zu formen, festzulegen. Auch muß das Völker¬<lb/> recht mehr „allgemeines" Gewohnheitsrecht als „spezielles" Vertragsrecht werden.<lb/> Freilich geht die gewohnheitsrechtliche Entwicklung im Völkerrecht langsamer von<lb/> statten, als im Staatsrecht im weitesten Sinne. Was hier Jahre und Jahr¬<lb/> zehnte, sind dort Jahrhunderte.</p><lb/> <p xml:id="ID_585"> Von Einzelheiten ist hervorzuheben: Die „elau8uta rebU8 8in 8timtibu8"<lb/> darf nicht aus dem staatlichen Zivilrecht oder aus dem staatlichen Verwaltungs¬<lb/> recht, sondern nutz ans jenen Völkerrechtsgebräuchen authentisch interpretiert<lb/> werden. Ferner kann zwar die Verfügung über Ehre, Existenz und Lebens¬<lb/> interessen der Staaten selbst nach wie vor nicht völkerrechtlich geregelt werden,<lb/> wohl aber kann und nutz die „Klausel" von der Ehre, der Existenz und den<lb/> Lebensinteressen der Staaten in einer Weise formuliert werden, datz sie nicht<lb/> mehr als Vorwand dienen kann, jeden Angriffs- oder Präventivkrieg zu recht¬<lb/> fertigen; der einzelne Kriegsfall nützte zwecks (sofortiger) Feststellung der Vor¬<lb/> aussetzungen der Klausel einer internationalen Kommission, einer Spruchbehörde,<lb/> — keinem obligatorischen Schiedsgericht — zur Prüfung und den beteiligten<lb/> Volksvertretungen zur Würdigung und Entschließung vorgelegt werden. Die<lb/> „Allbeteiligungsklausel" (Zitelmann), d. i. die Klausel, daß im Kriege ein<lb/> Völkerrechtssatz nur dann anwendbar sei, wenn sämtliche am Kriege beteiligten<lb/> Staaten ihn anerkannt, ratifiziert haben — eine Klausel, deren Anwendung<lb/> im Völkerkrieg, wie gesagt, zu den unglaublichsten Konsequenzen führen würde —<lb/> muß hinter der stärkeren Geltung des Gewohnheitsrechtes zurückstehen, wo sie<lb/> sich in Verträgen findet. — Die „Klausel von der Geltung des früheren Rechts",<lb/> d. i. der Satz, daß die Völkerrcchtsstaaten an die frühere Formulierung einer<lb/> Völkerrechtsmaterie solange gebunden seien, bis sie der neuen Formulierung<lb/> zugestimmt haben, muß im Sinne einer klareren und engeren Bindung der<lb/> früheren Vertragsstaaten umgeändert werden. — Die „Neutralität" muß neu<lb/> umschrieben werden, damit die Berufung auf einen „Rechtssatz" für neutrale<lb/> Geschütz-, Geschoß- und Geldlieferungen an Kriegsführende nicht den Umfang<lb/> annehmen kann, den sie im Weltkrieg angenommen hat. — Das internationale<lb/> Verfahren in Verwaltungs- und Prozeßsachen ist zu reformieren — und vieles<lb/> andere. An das freilich, was viele für das Wichtigste -halten: die Möglichkeit<lb/> einer allgemeinen Abrüstung, glaube ich nicht; neque quis8 xentium 8me<lb/> armi8 — sagt Tacitus (Hist. IV).</p><lb/> <p xml:id="ID_586" next="#ID_587"> Aber alle diese mehr oder weniger formalistischen und juristischen Dinge<lb/> 'Nüssen zurücktreten hinter das eine große rechtspolitische Ziel des Völkerrechts<lb/> der Zukunft: den Völkerfrieden. Er war ja auch seither schon das Ziel oder<lb/> wenigstens ein Ziel der Völkerrechtsentwicklung. Erleichterung der internationalen<lb/> wirtschaftlichen, rechtlichen und sonstigen Verkehrsmöglichkeiten, Vermenschlichung<lb/> des Kriegs und Völkerfriede waren — kann man sagen — die Hauptzwecke</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten I 191« 12</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0189]
Die Zukunft des Völkerrechts
haben fast nur Teile der „mores populorum", der „jura pacto wcito intro-
clueta". Hugo Grotius hat recht behalten. — Die Völkerrechtsgebräuche gilt
es deshalb neu zu sammeln, zu formen, festzulegen. Auch muß das Völker¬
recht mehr „allgemeines" Gewohnheitsrecht als „spezielles" Vertragsrecht werden.
Freilich geht die gewohnheitsrechtliche Entwicklung im Völkerrecht langsamer von
statten, als im Staatsrecht im weitesten Sinne. Was hier Jahre und Jahr¬
zehnte, sind dort Jahrhunderte.
Von Einzelheiten ist hervorzuheben: Die „elau8uta rebU8 8in 8timtibu8"
darf nicht aus dem staatlichen Zivilrecht oder aus dem staatlichen Verwaltungs¬
recht, sondern nutz ans jenen Völkerrechtsgebräuchen authentisch interpretiert
werden. Ferner kann zwar die Verfügung über Ehre, Existenz und Lebens¬
interessen der Staaten selbst nach wie vor nicht völkerrechtlich geregelt werden,
wohl aber kann und nutz die „Klausel" von der Ehre, der Existenz und den
Lebensinteressen der Staaten in einer Weise formuliert werden, datz sie nicht
mehr als Vorwand dienen kann, jeden Angriffs- oder Präventivkrieg zu recht¬
fertigen; der einzelne Kriegsfall nützte zwecks (sofortiger) Feststellung der Vor¬
aussetzungen der Klausel einer internationalen Kommission, einer Spruchbehörde,
— keinem obligatorischen Schiedsgericht — zur Prüfung und den beteiligten
Volksvertretungen zur Würdigung und Entschließung vorgelegt werden. Die
„Allbeteiligungsklausel" (Zitelmann), d. i. die Klausel, daß im Kriege ein
Völkerrechtssatz nur dann anwendbar sei, wenn sämtliche am Kriege beteiligten
Staaten ihn anerkannt, ratifiziert haben — eine Klausel, deren Anwendung
im Völkerkrieg, wie gesagt, zu den unglaublichsten Konsequenzen führen würde —
muß hinter der stärkeren Geltung des Gewohnheitsrechtes zurückstehen, wo sie
sich in Verträgen findet. — Die „Klausel von der Geltung des früheren Rechts",
d. i. der Satz, daß die Völkerrcchtsstaaten an die frühere Formulierung einer
Völkerrechtsmaterie solange gebunden seien, bis sie der neuen Formulierung
zugestimmt haben, muß im Sinne einer klareren und engeren Bindung der
früheren Vertragsstaaten umgeändert werden. — Die „Neutralität" muß neu
umschrieben werden, damit die Berufung auf einen „Rechtssatz" für neutrale
Geschütz-, Geschoß- und Geldlieferungen an Kriegsführende nicht den Umfang
annehmen kann, den sie im Weltkrieg angenommen hat. — Das internationale
Verfahren in Verwaltungs- und Prozeßsachen ist zu reformieren — und vieles
andere. An das freilich, was viele für das Wichtigste -halten: die Möglichkeit
einer allgemeinen Abrüstung, glaube ich nicht; neque quis8 xentium 8me
armi8 — sagt Tacitus (Hist. IV).
Aber alle diese mehr oder weniger formalistischen und juristischen Dinge
'Nüssen zurücktreten hinter das eine große rechtspolitische Ziel des Völkerrechts
der Zukunft: den Völkerfrieden. Er war ja auch seither schon das Ziel oder
wenigstens ein Ziel der Völkerrechtsentwicklung. Erleichterung der internationalen
wirtschaftlichen, rechtlichen und sonstigen Verkehrsmöglichkeiten, Vermenschlichung
des Kriegs und Völkerfriede waren — kann man sagen — die Hauptzwecke
Grenzboten I 191« 12
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