Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Erstes Vierteljahr.Auf dem toten Punkt "Sie werden gestehen, daß das Organisation ist, wie sie niemals da war, "Was wollen Sie damit sagen?" warf hier ein energischer junger Herr ein. "Nur was ich gesagt habe. Bei uns ist alles desorganisiert vom kleinen "Was folgern Sie daraus?" "Unsere Ohnmacht." "Mit anderen Worten: daß die Organisation über die Desorganisation "Nein, ich habe mich etwas anders ausgedrückt . . . ." "Das heißt?" "Das heißt, daß es schwer ist, wenigstens theoretisch, daß eine Ist dieses Gespräch, dessen Schlußakkord vom russischen Zensor unterdrückt Das Gefühl der Ohnmacht ist es, das das Herz des russischen Patrioten bedrückt, Und niemand sieht einen Ausweg. Auch im Innern ist es schlecht bestellt. Da gibt es eine Kohlennot und "Wir sind, so sagte der .Kökökök' in seiner Nummer vom 28. November, Sollten Englands Politiker in Nußland allzu ungeschickt mit ihren Plänen Auf dem toten Punkt „Sie werden gestehen, daß das Organisation ist, wie sie niemals da war, „Was wollen Sie damit sagen?" warf hier ein energischer junger Herr ein. „Nur was ich gesagt habe. Bei uns ist alles desorganisiert vom kleinen „Was folgern Sie daraus?" „Unsere Ohnmacht." „Mit anderen Worten: daß die Organisation über die Desorganisation „Nein, ich habe mich etwas anders ausgedrückt . . . ." „Das heißt?" „Das heißt, daß es schwer ist, wenigstens theoretisch, daß eine Ist dieses Gespräch, dessen Schlußakkord vom russischen Zensor unterdrückt Das Gefühl der Ohnmacht ist es, das das Herz des russischen Patrioten bedrückt, Und niemand sieht einen Ausweg. Auch im Innern ist es schlecht bestellt. Da gibt es eine Kohlennot und „Wir sind, so sagte der .Kökökök' in seiner Nummer vom 28. November, Sollten Englands Politiker in Nußland allzu ungeschickt mit ihren Plänen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0144" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/329810"/> <fw type="header" place="top"> Auf dem toten Punkt</fw><lb/> <p xml:id="ID_410"> „Sie werden gestehen, daß das Organisation ist, wie sie niemals da war,<lb/> und wie sie bei keinem anderen Volke zu finden ist. Es ist traurig, schmachvoll,<lb/> ärgerlich, aber man muß anerkennen, daß es schwer ist sür die Desorganisation,<lb/> mit solcher Organisation zu kämpfen . . . ."</p><lb/> <p xml:id="ID_411"> „Was wollen Sie damit sagen?" warf hier ein energischer junger Herr ein.</p><lb/> <p xml:id="ID_412"> „Nur was ich gesagt habe. 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Auf dem toten Punkt
„Sie werden gestehen, daß das Organisation ist, wie sie niemals da war,
und wie sie bei keinem anderen Volke zu finden ist. Es ist traurig, schmachvoll,
ärgerlich, aber man muß anerkennen, daß es schwer ist sür die Desorganisation,
mit solcher Organisation zu kämpfen . . . ."
„Was wollen Sie damit sagen?" warf hier ein energischer junger Herr ein.
„Nur was ich gesagt habe. Bei uns ist alles desorganisiert vom kleinen
bis zum großen, vom lächerlichen bis zum ernstesten, von unten bis oben."
„Was folgern Sie daraus?"
„Unsere Ohnmacht."
„Mit anderen Worten: daß die Organisation über die Desorganisation
siegen wird?"
„Nein, ich habe mich etwas anders ausgedrückt . . . ."
„Das heißt?"
„Das heißt, daß es schwer ist, wenigstens theoretisch, daß eine
Desorganisation eine Organisation bewältigt . . . ." —
Ist dieses Gespräch, dessen Schlußakkord vom russischen Zensor unterdrückt
worden ist, nicht charakteristisch für die Stimmung in denjenigen russischen Kreisen,
die noch nachdenken?
Das Gefühl der Ohnmacht ist es, das das Herz des russischen Patrioten bedrückt,
das er nicht los werden kann. Der schöne Traum ist zum Alpdruck geworden.
Und niemand sieht einen Ausweg.
Auch im Innern ist es schlecht bestellt. Da gibt es eine Kohlennot und
viele andere Nöte. Beinahe die Hälfte der russischen Kohlenproduktion, die
man sonst hatte, fehlt — und doch soll die Industrie weiter Schrapnells machen.
Denn wenn auch einige Fabriken, wie Koreschkow-Jegorow in Moskau, um viel
zu verdienen „Dreck" liefern, so ist doch die Mehrzahl dieser Kriegslieferanten
patriotisch genug, um möglichst viel von solchem Zeug herstellen zu wollen.
Wie soll man das aber machen, wenn es an Kohlen, an Holz, an Elektrizität,
an Arbeitern mangelt? Soll man denn alles Geld nach England und den
Vereinigten Staaten geben, soll die englische und amerikanische „Vergewaltigung"
die deutsche ablösen?
„Wir sind, so sagte der .Kökökök' in seiner Nummer vom 28. November,
froh über die englisch-russische Annäherung, aber das ist nicht der beste, nicht
der kürzeste Weg dazu, um im vollen Sinne des Wortes russischer Bürger zu
werden. Wir brauchen dazu nicht die englische Kultur auswendig zu lernen. . .
wir sollen das Studium der englischen Kultur nicht dem der russischen vorziehen.
Alles, was wir bei den Engländern lernen können, um wirkliche
Staatsbürger zu werden, das können wir auch bei unseren eigenen
vergessenen russischen Denkern und am russischen Wesen finden." —
Sollten Englands Politiker in Nußland allzu ungeschickt mit ihren Plänen
herausgerückt sein? Ist Northcliffe und seine Trabanten dem russischen Publikum
auf die Nerven gefallen?
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