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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Viertes Vierteljahr.

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erneuern zu wollen. -- Bestellungen Verlag der
nimmt jede Buchhandlung und jede Gren-boten
G. in. b. K.
Postanftalt entgegen. Preis 6 M. Berlin LW n.

Die englische Arbeiterschaft und die Wehrpflicht
to. von Massow von

MZird England die allgemeine Wehrpflicht einführen oder nicht?
Das ist eine Frage, die gegenwärtig wohl überall mit dem
größten Interesse erörtert und verfolgt wird. Bis zum Aus¬
bruch des jetzigen Krieges ist es in England immer nur eine
Minderheit gewesen, die sich für den tiefeinschneidender System¬
wechsel in der Einrichtung der Wehrkraft des Landes eingesetzt hat. Es ist
wohl zu verstehen, daß die Erfahrungen der Kriegszeit ihr den Glauben bei¬
gebracht haben, das Land werde sich jetzt nicht länger sträuben, ihre überlegene
Einsicht anzuerkennen. Wenn die Rekrutierung die Ziffern des Heeresbestandes
nicht auf die gewünschte Höhe bringe, dann muß -- der Gedanke liegt nahe
-- durch Zwang nachgeholfen werden, und so drängt sich der Gedanke der
allgemeinen Wehrpflicht ganz von selbst aus. England ist die einzige Groß-
macht in Europa, die diese Einrichtung noch nicht besitzt. Was in allen
anderen Ländern längst als selbstverständlich gilt, dürfte doch auch den Eng¬
ländern nicht allzu fern liegen. So erscheint uns eigentlich die Antwort auf
vie gestellte Frage sehr einfach.

Aber einfach ist die Sache nach englicher Auffassung keineswegs. Zu¬
nächst wollen wir noch einmal betonen, daß die Zahl der überzeugten und
sachkundigen unbedingten Vertreter der allgemeinen Wehrpflicht in England
verhältnismäßig gering ist. Sie würden sich nie durchsetzen können, wenn sie
nicht hoffen dürften, jetzt in der Kriegsstimmung gewisser Kreise einen Vor¬
spann für ihre Sache zu finden. Da ist es nun von Wichtigkeit, zu wissen,
daß die Voraussetzungen, unter denen sich eine weiter verbreitete Stimmung
der allgemeinen Wehrpflicht zuneigt, auf einem Irrtum beruht. Es ist der
Glaube, der Zwang zum Eintritt in das Heer für jeden jungen Mann mit


Grenzboten IV 191S S


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Die englische Arbeiterschaft und die Wehrpflicht
to. von Massow von

MZird England die allgemeine Wehrpflicht einführen oder nicht?
Das ist eine Frage, die gegenwärtig wohl überall mit dem
größten Interesse erörtert und verfolgt wird. Bis zum Aus¬
bruch des jetzigen Krieges ist es in England immer nur eine
Minderheit gewesen, die sich für den tiefeinschneidender System¬
wechsel in der Einrichtung der Wehrkraft des Landes eingesetzt hat. Es ist
wohl zu verstehen, daß die Erfahrungen der Kriegszeit ihr den Glauben bei¬
gebracht haben, das Land werde sich jetzt nicht länger sträuben, ihre überlegene
Einsicht anzuerkennen. Wenn die Rekrutierung die Ziffern des Heeresbestandes
nicht auf die gewünschte Höhe bringe, dann muß — der Gedanke liegt nahe
— durch Zwang nachgeholfen werden, und so drängt sich der Gedanke der
allgemeinen Wehrpflicht ganz von selbst aus. England ist die einzige Groß-
macht in Europa, die diese Einrichtung noch nicht besitzt. Was in allen
anderen Ländern längst als selbstverständlich gilt, dürfte doch auch den Eng¬
ländern nicht allzu fern liegen. So erscheint uns eigentlich die Antwort auf
vie gestellte Frage sehr einfach.

Aber einfach ist die Sache nach englicher Auffassung keineswegs. Zu¬
nächst wollen wir noch einmal betonen, daß die Zahl der überzeugten und
sachkundigen unbedingten Vertreter der allgemeinen Wehrpflicht in England
verhältnismäßig gering ist. Sie würden sich nie durchsetzen können, wenn sie
nicht hoffen dürften, jetzt in der Kriegsstimmung gewisser Kreise einen Vor¬
spann für ihre Sache zu finden. Da ist es nun von Wichtigkeit, zu wissen,
daß die Voraussetzungen, unter denen sich eine weiter verbreitete Stimmung
der allgemeinen Wehrpflicht zuneigt, auf einem Irrtum beruht. Es ist der
Glaube, der Zwang zum Eintritt in das Heer für jeden jungen Mann mit


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[0077] [Abbildung] Wir bitten die Freunde der :: :: Grenzboten das Abonnement zum IV. Quartal 1915 erneuern zu wollen. — Bestellungen Verlag der nimmt jede Buchhandlung und jede Gren-boten G. in. b. K. Postanftalt entgegen. Preis 6 M. Berlin LW n. Die englische Arbeiterschaft und die Wehrpflicht to. von Massow von MZird England die allgemeine Wehrpflicht einführen oder nicht? Das ist eine Frage, die gegenwärtig wohl überall mit dem größten Interesse erörtert und verfolgt wird. Bis zum Aus¬ bruch des jetzigen Krieges ist es in England immer nur eine Minderheit gewesen, die sich für den tiefeinschneidender System¬ wechsel in der Einrichtung der Wehrkraft des Landes eingesetzt hat. Es ist wohl zu verstehen, daß die Erfahrungen der Kriegszeit ihr den Glauben bei¬ gebracht haben, das Land werde sich jetzt nicht länger sträuben, ihre überlegene Einsicht anzuerkennen. Wenn die Rekrutierung die Ziffern des Heeresbestandes nicht auf die gewünschte Höhe bringe, dann muß — der Gedanke liegt nahe — durch Zwang nachgeholfen werden, und so drängt sich der Gedanke der allgemeinen Wehrpflicht ganz von selbst aus. England ist die einzige Groß- macht in Europa, die diese Einrichtung noch nicht besitzt. Was in allen anderen Ländern längst als selbstverständlich gilt, dürfte doch auch den Eng¬ ländern nicht allzu fern liegen. So erscheint uns eigentlich die Antwort auf vie gestellte Frage sehr einfach. Aber einfach ist die Sache nach englicher Auffassung keineswegs. Zu¬ nächst wollen wir noch einmal betonen, daß die Zahl der überzeugten und sachkundigen unbedingten Vertreter der allgemeinen Wehrpflicht in England verhältnismäßig gering ist. Sie würden sich nie durchsetzen können, wenn sie nicht hoffen dürften, jetzt in der Kriegsstimmung gewisser Kreise einen Vor¬ spann für ihre Sache zu finden. Da ist es nun von Wichtigkeit, zu wissen, daß die Voraussetzungen, unter denen sich eine weiter verbreitete Stimmung der allgemeinen Wehrpflicht zuneigt, auf einem Irrtum beruht. Es ist der Glaube, der Zwang zum Eintritt in das Heer für jeden jungen Mann mit Grenzboten IV 191S S

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_324408/77>, abgerufen am 22.07.2024.