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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Viertes Vierteljahr.

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Baumwolle als Bannware

"Baumwoll-Jmport-Gesellschaft 1915 in. b. H." ein Unternehmen ins Leben
gerufen und von der Deutschen Bank, der Disconto-Gesellschaft, der Dresdner
Bank in Berlin sowie der Deutschen Nationalbank in Bremen mit einem
Kapital von vier Millionen Mark ausgestattet wurde, um die Bemühungen
um den Baumwollimport nach Deutschland zu zentralisieren und gleichermaßen
die Interessen der amerikanischen Produktion und des kontinentalen Verbrauchs
zu vereinigen. Die Gründung der Gesellschaft fand bei allen Beteiligten
freudige Zustimmung und lebhafte Unterstützung, die äußerlich dadurch zum
Ausdruck kam, daß schon am 31. August mehr als fünfhundert Händler- und
Spmnerfirmen Deutschlands und Österreich-Ungarns, einer an sie ergangenen
Aufforderung folgend, feste Kaufangebote auf nicht weniger als 987 000 Ballen
Baumwolle eingereicht hatten. Die Jmport-Gesellschaft übermittelte daraufhin
am genannten Tage mit Rücksicht auf die bestehenden Kabelschwierigkeiten und
angesichts der Unmöglichkeit, für so zahlreiche Einzelorders die Funkentelegraphie
in Anspruch zu nehmen, die gesamten Bestellungen in Form einer einzigen
Sammelorder einem Senator der amerikanischen Südstaaten mit der Bitte, alle
erstklassiger Baumwollexporteure davon in Kenntnis zu setzen. Noch niemals
ist ein derartig großer Auftrag, der einen Wert von 100 000 000 Dollars
darstellt, in der ganzen Welt erteilt worden. Er ist auch, wie die Gesellschaft
sehr richtig erkannte, viel zu umfangreich, um in die Hände einer einzelnen
Firma gelegt werden zu können. Deshalb bat man den Senator um seine
Vermittlung. Die Garantie für Erfüllung des Auftrages wurde gleichzeitig
beim amerikanischen Generalkonsulat in Berlin hinterlegt und gemeinschaftlich
von den vier obengenannten Banken gezeichnet.

Das Preisangebot lautete ursprünglich auf fünfzehn Cents für das eng¬
lische Pfund, frei Bremen lieferbar. Dieser Offerte wurde der am 31. August
in Neworleans für Baumwolle (middling) gezahlte Preis von neun Cents zu¬
grunde gelegt, sechs Cents wurden für Gewinn, Fracht, Versicherung usw.
hinzugeschlagen. Infolge der nach dem Bekanntwerden des deutschen Auftrags
in Amerika eingetretenen Steigerung des Baumwollpreises um eineinhalb Cents
ist das Preisangebot am 23. September um einen Cent erhöht worden, so daß
die Offerte jetzt 16 Cents pro Pfund beträgt.

Was diese Preissteigerung für die Vereinigten Staaten bedeutet, beweist
am besten eine von dem Präses der Bremer Handelskammer und Vorsitzenden
des Aufsichtsrats der "Baumwoll-Jmport-Gesellschaft", Herrn Alfred Lohmann,
angestellte Berechnung. Lohmann kommt dabei zu dem Ergebnis, daß jene
eineinhalb Cent auf 16 000 000 Ballen Baumwolle zu fünfhundert englische
Pfund den Amerikanern einen Gewinn von 120 000 000 Dollar einbringen.
Um aber den Wert der deutschen Baumwollorder für die Vereinigten Staaten
voll und ganz würdigen zu können, muß man in Betracht ziehen, daß ohne
das deutsche Angebot die Baumwolle in Amerika mit Sicherheit im Preise ge¬
sunken wäre und vielleicht wieder ihren früheren Tiefstand, sieben Cents pro


Baumwolle als Bannware

„Baumwoll-Jmport-Gesellschaft 1915 in. b. H." ein Unternehmen ins Leben
gerufen und von der Deutschen Bank, der Disconto-Gesellschaft, der Dresdner
Bank in Berlin sowie der Deutschen Nationalbank in Bremen mit einem
Kapital von vier Millionen Mark ausgestattet wurde, um die Bemühungen
um den Baumwollimport nach Deutschland zu zentralisieren und gleichermaßen
die Interessen der amerikanischen Produktion und des kontinentalen Verbrauchs
zu vereinigen. Die Gründung der Gesellschaft fand bei allen Beteiligten
freudige Zustimmung und lebhafte Unterstützung, die äußerlich dadurch zum
Ausdruck kam, daß schon am 31. August mehr als fünfhundert Händler- und
Spmnerfirmen Deutschlands und Österreich-Ungarns, einer an sie ergangenen
Aufforderung folgend, feste Kaufangebote auf nicht weniger als 987 000 Ballen
Baumwolle eingereicht hatten. Die Jmport-Gesellschaft übermittelte daraufhin
am genannten Tage mit Rücksicht auf die bestehenden Kabelschwierigkeiten und
angesichts der Unmöglichkeit, für so zahlreiche Einzelorders die Funkentelegraphie
in Anspruch zu nehmen, die gesamten Bestellungen in Form einer einzigen
Sammelorder einem Senator der amerikanischen Südstaaten mit der Bitte, alle
erstklassiger Baumwollexporteure davon in Kenntnis zu setzen. Noch niemals
ist ein derartig großer Auftrag, der einen Wert von 100 000 000 Dollars
darstellt, in der ganzen Welt erteilt worden. Er ist auch, wie die Gesellschaft
sehr richtig erkannte, viel zu umfangreich, um in die Hände einer einzelnen
Firma gelegt werden zu können. Deshalb bat man den Senator um seine
Vermittlung. Die Garantie für Erfüllung des Auftrages wurde gleichzeitig
beim amerikanischen Generalkonsulat in Berlin hinterlegt und gemeinschaftlich
von den vier obengenannten Banken gezeichnet.

Das Preisangebot lautete ursprünglich auf fünfzehn Cents für das eng¬
lische Pfund, frei Bremen lieferbar. Dieser Offerte wurde der am 31. August
in Neworleans für Baumwolle (middling) gezahlte Preis von neun Cents zu¬
grunde gelegt, sechs Cents wurden für Gewinn, Fracht, Versicherung usw.
hinzugeschlagen. Infolge der nach dem Bekanntwerden des deutschen Auftrags
in Amerika eingetretenen Steigerung des Baumwollpreises um eineinhalb Cents
ist das Preisangebot am 23. September um einen Cent erhöht worden, so daß
die Offerte jetzt 16 Cents pro Pfund beträgt.

Was diese Preissteigerung für die Vereinigten Staaten bedeutet, beweist
am besten eine von dem Präses der Bremer Handelskammer und Vorsitzenden
des Aufsichtsrats der „Baumwoll-Jmport-Gesellschaft", Herrn Alfred Lohmann,
angestellte Berechnung. Lohmann kommt dabei zu dem Ergebnis, daß jene
eineinhalb Cent auf 16 000 000 Ballen Baumwolle zu fünfhundert englische
Pfund den Amerikanern einen Gewinn von 120 000 000 Dollar einbringen.
Um aber den Wert der deutschen Baumwollorder für die Vereinigten Staaten
voll und ganz würdigen zu können, muß man in Betracht ziehen, daß ohne
das deutsche Angebot die Baumwolle in Amerika mit Sicherheit im Preise ge¬
sunken wäre und vielleicht wieder ihren früheren Tiefstand, sieben Cents pro


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_324408/71>, abgerufen am 29.12.2024.