Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Stärke und Macht des Deutschtums in den baltischen Provinzen

Kurland. Die Angaben über die Verteilung des Besitzes an Grund und
Boden in Kurland weichen recht stark von einander ab. Nach M. von Blaeses")
Berechnungen ist in Kurland folgendes Verhältnis:

1. Hofesland der Privatgüter 979 705 Dess. ca. 40"/",
2. Hosesland der Kronsgüter 626 318 " ^ ca. 22"/g
6'3. Bauerland der Krons¬
und Privatgüter
898 249 " 87"/°
4. Kirchenland lPastorate) 11464 "
1"/.
5. städtischer Grund 8 994 "
Land verschied. Besitzlichreiten S 916 " ---

Der Privatbesitz umfaßt also im wesentlichen die 1. und die 3. Rubrik.
Die erste besteht aus den Rittergütern das heißt Gütern, deren Besitzer das
Stimmrecht auf dem Landtage haben, und zweitens aus Gütern ohne dieses
Recht. Die 3. Rubrik enthält den Kleingrundbesitz, der zum allergrößtenteil
aus Letten besteht. Von diesem Bauerland ist der auf den Domänengütern
("Kronsgütern") belegene Teil jetzt vollständig Eigentum der Bauern geworden,
von dem Bauerland des Privatbesitzes der bei weitem größere Teil; der kleinere
-(etwa 10 Prozent vergleiche Livland) blfindet sich in bäuerlichen Pachtbesitz.
Immerhin begeht man keinen sehr großen Fehler, wenn man das unter 3 auf¬
gezählte Areal als überwiegend lettischen Besitz anspncht, wobei man freilich
noch zu beachten hat, daß in letzter Zeit eine Reihe von lettischen Bauerhöfen
in die Hände der in Kurland angesiedelten Kolonisten übergegangen sind. Es
bleibt also übrig, zu untersuchen, wie groß der deutsche Besitz in der ersten
Rubrik ist.

Zunächst ist zu bemerken, daß die von Blaese errechnete Zahl um rund
Vis zu klein ist. Rechnet man nämlich die im Nichterschen Adreßbuch für
Kurland 1910 aufgezählten Güter nach ihrem Hofesland zusammen, so erhält
man 618 Güter mit einem Gesamtareal von 1 045 140 TesMinen, von denen
664 Rittergüter mit einem Areal von zusammen 1 019 919 sind.

Von diesen Rittergütern waren 1910:

-t^S
"°Z -
FZZ
deutsches Eigentum 497 Güter mit 916 603 Dess. --^ 89.87 Prozent
russisches ., 24 " ., 61842 ., --- 6,09 "
Polnisches " 17 " .. 42 964 ., 4.21 ,.
lettisches " 10 .. ., 3 710 ., 0,36
unbestimmtes*),, 6 .. ,. 4 610 " 0,47
664 Güter mit 10 199 919 Test.

Der Privatbesitz (im engeren Sinn) umsaßt nur 64 Güter mit 25 221
DeMtinen. Von diesen waren 1910

deutsch 47 Güter mit 21 347 DessKtinen
russisch IGut " 71
polnisch 5 Güter " 1382
keltisch 4 ,. ., 430
unbestimmt**) 7 ,. ., 1W1



^^
") Baltische Bürgerkunde S. 332 ff.
**
) Das heißt das Adreßbuch gibt den Besitzer nicht um. Der größte Teil dieser Güter
ist im Besitze der Baueragrarbank, also russischer Besitz.
Stärke und Macht des Deutschtums in den baltischen Provinzen

Kurland. Die Angaben über die Verteilung des Besitzes an Grund und
Boden in Kurland weichen recht stark von einander ab. Nach M. von Blaeses")
Berechnungen ist in Kurland folgendes Verhältnis:

1. Hofesland der Privatgüter 979 705 Dess. ca. 40«/«,
2. Hosesland der Kronsgüter 626 318 „ ^ ca. 22»/g
6'3. Bauerland der Krons¬
und Privatgüter
898 249 „ 87»/°
4. Kirchenland lPastorate) 11464 „
1»/.
5. städtischer Grund 8 994 „
Land verschied. Besitzlichreiten S 916 „ ---

Der Privatbesitz umfaßt also im wesentlichen die 1. und die 3. Rubrik.
Die erste besteht aus den Rittergütern das heißt Gütern, deren Besitzer das
Stimmrecht auf dem Landtage haben, und zweitens aus Gütern ohne dieses
Recht. Die 3. Rubrik enthält den Kleingrundbesitz, der zum allergrößtenteil
aus Letten besteht. Von diesem Bauerland ist der auf den Domänengütern
(„Kronsgütern") belegene Teil jetzt vollständig Eigentum der Bauern geworden,
von dem Bauerland des Privatbesitzes der bei weitem größere Teil; der kleinere
-(etwa 10 Prozent vergleiche Livland) blfindet sich in bäuerlichen Pachtbesitz.
Immerhin begeht man keinen sehr großen Fehler, wenn man das unter 3 auf¬
gezählte Areal als überwiegend lettischen Besitz anspncht, wobei man freilich
noch zu beachten hat, daß in letzter Zeit eine Reihe von lettischen Bauerhöfen
in die Hände der in Kurland angesiedelten Kolonisten übergegangen sind. Es
bleibt also übrig, zu untersuchen, wie groß der deutsche Besitz in der ersten
Rubrik ist.

Zunächst ist zu bemerken, daß die von Blaese errechnete Zahl um rund
Vis zu klein ist. Rechnet man nämlich die im Nichterschen Adreßbuch für
Kurland 1910 aufgezählten Güter nach ihrem Hofesland zusammen, so erhält
man 618 Güter mit einem Gesamtareal von 1 045 140 TesMinen, von denen
664 Rittergüter mit einem Areal von zusammen 1 019 919 sind.

Von diesen Rittergütern waren 1910:

-t^S
«°Z -
FZZ
deutsches Eigentum 497 Güter mit 916 603 Dess. --^ 89.87 Prozent
russisches ., 24 „ ., 61842 ., --- 6,09 „
Polnisches „ 17 „ .. 42 964 ., 4.21 ,.
lettisches „ 10 .. ., 3 710 ., 0,36
unbestimmtes*),, 6 .. ,. 4 610 „ 0,47
664 Güter mit 10 199 919 Test.

Der Privatbesitz (im engeren Sinn) umsaßt nur 64 Güter mit 25 221
DeMtinen. Von diesen waren 1910

deutsch 47 Güter mit 21 347 DessKtinen
russisch IGut „ 71
polnisch 5 Güter „ 1382
keltisch 4 ,. ., 430
unbestimmt**) 7 ,. ., 1W1



^^
") Baltische Bürgerkunde S. 332 ff.
**
) Das heißt das Adreßbuch gibt den Besitzer nicht um. Der größte Teil dieser Güter
ist im Besitze der Baueragrarbank, also russischer Besitz.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0281" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/324694"/>
            <fw type="header" place="top"> Stärke und Macht des Deutschtums in den baltischen Provinzen</fw><lb/>
            <p xml:id="ID_1028"> Kurland. Die Angaben über die Verteilung des Besitzes an Grund und<lb/>
Boden in Kurland weichen recht stark von einander ab. Nach M. von Blaeses")<lb/>
Berechnungen ist in Kurland folgendes Verhältnis:</p><lb/>
            <list>
              <item> 1. Hofesland der Privatgüter 979 705 Dess.   ca. 40«/«,</item>
              <item> 2. Hosesland der Kronsgüter 626 318  &#x201E;  ^ ca. 22»/g</item>
              <item> 6'3. Bauerland der Krons¬<lb/>
und Privatgüter</item>
              <item> 898 249  &#x201E; 87»/°</item>
              <item> 4. Kirchenland lPastorate)   11464 &#x201E; </item>
              <item> 1»/.</item>
              <item> 5. städtischer Grund       8 994 &#x201E;</item>
              <item> Land verschied. Besitzlichreiten S 916 &#x201E; --- </item>
            </list><lb/>
            <p xml:id="ID_1029"> Der Privatbesitz umfaßt also im wesentlichen die 1. und die 3. Rubrik.<lb/>
Die erste besteht aus den Rittergütern das heißt Gütern, deren Besitzer das<lb/>
Stimmrecht auf dem Landtage haben, und zweitens aus Gütern ohne dieses<lb/>
Recht. Die 3. Rubrik enthält den Kleingrundbesitz, der zum allergrößtenteil<lb/>
aus Letten besteht. Von diesem Bauerland ist der auf den Domänengütern<lb/>
(&#x201E;Kronsgütern") belegene Teil jetzt vollständig Eigentum der Bauern geworden,<lb/>
von dem Bauerland des Privatbesitzes der bei weitem größere Teil; der kleinere<lb/>
-(etwa 10 Prozent vergleiche Livland) blfindet sich in bäuerlichen Pachtbesitz.<lb/>
Immerhin begeht man keinen sehr großen Fehler, wenn man das unter 3 auf¬<lb/>
gezählte Areal als überwiegend lettischen Besitz anspncht, wobei man freilich<lb/>
noch zu beachten hat, daß in letzter Zeit eine Reihe von lettischen Bauerhöfen<lb/>
in die Hände der in Kurland angesiedelten Kolonisten übergegangen sind. Es<lb/>
bleibt also übrig, zu untersuchen, wie groß der deutsche Besitz in der ersten<lb/>
Rubrik ist.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1030"> Zunächst ist zu bemerken, daß die von Blaese errechnete Zahl um rund<lb/>
Vis zu klein ist. Rechnet man nämlich die im Nichterschen Adreßbuch für<lb/>
Kurland 1910 aufgezählten Güter nach ihrem Hofesland zusammen, so erhält<lb/>
man 618 Güter mit einem Gesamtareal von 1 045 140 TesMinen, von denen<lb/>
664 Rittergüter mit einem Areal von zusammen 1 019 919 sind.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1031"> Von diesen Rittergütern waren 1910:</p><lb/>
            <list>
              <item> -t^S<lb/>
«°Z -<lb/>
FZZ</item>
              <item> deutsches Eigentum 497 Güter mit  916 603 Dess.  --^ 89.87 Prozent</item>
              <item> russisches   ., 24  &#x201E;   .,    61842  .,    --- 6,09 &#x201E;</item>
              <item> Polnisches  &#x201E; 17  &#x201E;   ..   42 964  ., 4.21   ,.   </item>
              <item> lettisches &#x201E; 10 .. ., 3 710 ., 0,36</item>
              <item> unbestimmtes*),,   6  ..   ,.    4 610  &#x201E; 0,47</item>
              <item> 664 Güter mit 10 199 919  Test.</item>
            </list><lb/>
            <p xml:id="ID_1032"> Der Privatbesitz (im engeren Sinn) umsaßt nur 64 Güter mit 25 221<lb/>
DeMtinen. Von diesen waren 1910</p><lb/>
            <list>
              <item> deutsch 47 Güter mit 21 347 DessKtinen</item>
              <item> russisch IGut  &#x201E; 71</item>
              <item> polnisch 5 Güter  &#x201E; 1382</item>
              <item> keltisch 4  ,.   ., 430</item>
              <item> unbestimmt**) 7  ,.   ., 1W1</item>
            </list><lb/>
            <note xml:id="FID_65" place="foot"> ^^<lb/>
") Baltische Bürgerkunde S. 332 ff.<lb/>
**</note><lb/>
            <note xml:id="FID_66" place="foot"> ) Das heißt das Adreßbuch gibt den Besitzer nicht um. Der größte Teil dieser Güter<lb/>
ist im Besitze der Baueragrarbank, also russischer Besitz.</note><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0281] Stärke und Macht des Deutschtums in den baltischen Provinzen Kurland. Die Angaben über die Verteilung des Besitzes an Grund und Boden in Kurland weichen recht stark von einander ab. Nach M. von Blaeses") Berechnungen ist in Kurland folgendes Verhältnis: 1. Hofesland der Privatgüter 979 705 Dess. ca. 40«/«, 2. Hosesland der Kronsgüter 626 318 „ ^ ca. 22»/g 6'3. Bauerland der Krons¬ und Privatgüter 898 249 „ 87»/° 4. Kirchenland lPastorate) 11464 „ 1»/. 5. städtischer Grund 8 994 „ Land verschied. Besitzlichreiten S 916 „ --- Der Privatbesitz umfaßt also im wesentlichen die 1. und die 3. Rubrik. Die erste besteht aus den Rittergütern das heißt Gütern, deren Besitzer das Stimmrecht auf dem Landtage haben, und zweitens aus Gütern ohne dieses Recht. Die 3. Rubrik enthält den Kleingrundbesitz, der zum allergrößtenteil aus Letten besteht. Von diesem Bauerland ist der auf den Domänengütern („Kronsgütern") belegene Teil jetzt vollständig Eigentum der Bauern geworden, von dem Bauerland des Privatbesitzes der bei weitem größere Teil; der kleinere -(etwa 10 Prozent vergleiche Livland) blfindet sich in bäuerlichen Pachtbesitz. Immerhin begeht man keinen sehr großen Fehler, wenn man das unter 3 auf¬ gezählte Areal als überwiegend lettischen Besitz anspncht, wobei man freilich noch zu beachten hat, daß in letzter Zeit eine Reihe von lettischen Bauerhöfen in die Hände der in Kurland angesiedelten Kolonisten übergegangen sind. Es bleibt also übrig, zu untersuchen, wie groß der deutsche Besitz in der ersten Rubrik ist. Zunächst ist zu bemerken, daß die von Blaese errechnete Zahl um rund Vis zu klein ist. Rechnet man nämlich die im Nichterschen Adreßbuch für Kurland 1910 aufgezählten Güter nach ihrem Hofesland zusammen, so erhält man 618 Güter mit einem Gesamtareal von 1 045 140 TesMinen, von denen 664 Rittergüter mit einem Areal von zusammen 1 019 919 sind. Von diesen Rittergütern waren 1910: -t^S «°Z - FZZ deutsches Eigentum 497 Güter mit 916 603 Dess. --^ 89.87 Prozent russisches ., 24 „ ., 61842 ., --- 6,09 „ Polnisches „ 17 „ .. 42 964 ., 4.21 ,. lettisches „ 10 .. ., 3 710 ., 0,36 unbestimmtes*),, 6 .. ,. 4 610 „ 0,47 664 Güter mit 10 199 919 Test. Der Privatbesitz (im engeren Sinn) umsaßt nur 64 Güter mit 25 221 DeMtinen. Von diesen waren 1910 deutsch 47 Güter mit 21 347 DessKtinen russisch IGut „ 71 polnisch 5 Güter „ 1382 keltisch 4 ,. ., 430 unbestimmt**) 7 ,. ., 1W1 ^^ ") Baltische Bürgerkunde S. 332 ff. ** ) Das heißt das Adreßbuch gibt den Besitzer nicht um. Der größte Teil dieser Güter ist im Besitze der Baueragrarbank, also russischer Besitz.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_324408
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_324408/281
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_324408/281>, abgerufen am 22.07.2024.