Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Rriegsliteratur

langsam eine Neuorganisation des ganzen Volkes herbeiführt, deren Früchte
in dem jetzigen Kampfe gegen den Dreiverband deutlich sichtbar geworden sind,
und die den Gegnern eine bittere Enttäuschung bereitet hat, die noch die
Türken von 1912 vor sich zu haben hofften.

Im dritten Heft berichtet Professor l)r. Sachan, Direktor des Berliner Orienta¬
lischen Seminars "Vom asiatischen Reich der Türkei", von der Zerrissenheit
seiner Bevölkerung in Stammesart und Religion und von dem Reichtum des
Bodens, der noch einer rationellen Ausbeutung harrt.

Als vierter Band erschien "Die Weltstellung Konstantinopels in ihrer
historischen Entwicklung" von Prof. Dr. Jastrow, in dem der Verfasser ein
klares Bild entwirft von der politischen und merkantilen Entwicklung Konstan¬
tinopels, dessen einzigartige Lage es stets zum Brennpunkt des Interesses der
Großmächte gemacht hat. --

Interessante Skizzen aus der türkischen Hauptstadt gibt schließlich Max
Rudolf Kaufmann im fünften Bande dieser Sammlung, in denen er auf Grund
eines langjährigen Aufenhaltes am Goldenen Horn das bunte Leben und
Treiben in Stambul, der Türkenstadt, und jenseits der Neuen Brücke, in Pera,
beschreibt, das schon fast ganz einen europäischen Eindruck macht.

Einen empfehlenswerten Beitrag zu der Kenntnis des Islams, dessen
wahre Grundsätze und Tendenzen bei uns leider noch wenig bekannt sind,
beziehungsweise falsch verstanden werden, bietet das bei Eugen Diederichs (Jena)
verlegte Buch "Die Religion des Islams", dessen erster Band in der von Walter
Otto herausgegebenen Sammlung "Religiöse Stimmen der Völker" erschienen
und von Joseph Hell mit einer interessanten Einleitung versehen ist, die einen
kurzen Überblick gibt über das Werk des Propheten und über die mohammeda¬
nischen Religionsphilosophen bis zu Al-Ghazali (gestorben 1111 n. Chr.). Hell bietet
in diesem Bande dem Leser eine gute Auswahl aus dem Koran und den
Werken der bedeutendsten Philosophen der ersten fünf Jahrhunderte nach
Mohammed.

Im Anschluß hieran sei auch des Buches gedacht, das der bekannte Berliner
Universttätsprofessor Friedrich Delitzsch in der vom Ullstein - Verlag heraus¬
gegebenen Sammlung: "Männer und Völker" unter dem Titel: "Die Welt des
Islam" veröffentlicht hat. In anschaulichster Weise führt der Verfasser den Leser
in die Religion und Kultur des Islam ein, behandelt er die geschichtliche Ent¬
wicklung und den sittlichen Begriff des Mohammedanismus und bringt so
unserem Verständnis die Gedankenwelt unserer Bundesgenossen näher.

Über den "Heiligen Krieg", den "Dschihad", von dessen glücklichem Aus-
gange die Existenz der Türkei und, man kann wohl sagen, des staatlich selb¬
ständigen Islams überhaupt abhängt, herrscht in weiten Kreisen eine irrige
Vorstellung. Um so verdienstvoller ist die Schrift des Kaiserlichen General¬
konsuls a. D. Dr. Gottfried Galli: "Dschihad", die im Verlage der C. Troemers
Universitäts-Buchhandlung, Freiburg i. Br., erschienen ist.


Rriegsliteratur

langsam eine Neuorganisation des ganzen Volkes herbeiführt, deren Früchte
in dem jetzigen Kampfe gegen den Dreiverband deutlich sichtbar geworden sind,
und die den Gegnern eine bittere Enttäuschung bereitet hat, die noch die
Türken von 1912 vor sich zu haben hofften.

Im dritten Heft berichtet Professor l)r. Sachan, Direktor des Berliner Orienta¬
lischen Seminars „Vom asiatischen Reich der Türkei", von der Zerrissenheit
seiner Bevölkerung in Stammesart und Religion und von dem Reichtum des
Bodens, der noch einer rationellen Ausbeutung harrt.

Als vierter Band erschien „Die Weltstellung Konstantinopels in ihrer
historischen Entwicklung" von Prof. Dr. Jastrow, in dem der Verfasser ein
klares Bild entwirft von der politischen und merkantilen Entwicklung Konstan¬
tinopels, dessen einzigartige Lage es stets zum Brennpunkt des Interesses der
Großmächte gemacht hat. —

Interessante Skizzen aus der türkischen Hauptstadt gibt schließlich Max
Rudolf Kaufmann im fünften Bande dieser Sammlung, in denen er auf Grund
eines langjährigen Aufenhaltes am Goldenen Horn das bunte Leben und
Treiben in Stambul, der Türkenstadt, und jenseits der Neuen Brücke, in Pera,
beschreibt, das schon fast ganz einen europäischen Eindruck macht.

Einen empfehlenswerten Beitrag zu der Kenntnis des Islams, dessen
wahre Grundsätze und Tendenzen bei uns leider noch wenig bekannt sind,
beziehungsweise falsch verstanden werden, bietet das bei Eugen Diederichs (Jena)
verlegte Buch „Die Religion des Islams", dessen erster Band in der von Walter
Otto herausgegebenen Sammlung „Religiöse Stimmen der Völker" erschienen
und von Joseph Hell mit einer interessanten Einleitung versehen ist, die einen
kurzen Überblick gibt über das Werk des Propheten und über die mohammeda¬
nischen Religionsphilosophen bis zu Al-Ghazali (gestorben 1111 n. Chr.). Hell bietet
in diesem Bande dem Leser eine gute Auswahl aus dem Koran und den
Werken der bedeutendsten Philosophen der ersten fünf Jahrhunderte nach
Mohammed.

Im Anschluß hieran sei auch des Buches gedacht, das der bekannte Berliner
Universttätsprofessor Friedrich Delitzsch in der vom Ullstein - Verlag heraus¬
gegebenen Sammlung: „Männer und Völker" unter dem Titel: „Die Welt des
Islam" veröffentlicht hat. In anschaulichster Weise führt der Verfasser den Leser
in die Religion und Kultur des Islam ein, behandelt er die geschichtliche Ent¬
wicklung und den sittlichen Begriff des Mohammedanismus und bringt so
unserem Verständnis die Gedankenwelt unserer Bundesgenossen näher.

Über den „Heiligen Krieg", den „Dschihad", von dessen glücklichem Aus-
gange die Existenz der Türkei und, man kann wohl sagen, des staatlich selb¬
ständigen Islams überhaupt abhängt, herrscht in weiten Kreisen eine irrige
Vorstellung. Um so verdienstvoller ist die Schrift des Kaiserlichen General¬
konsuls a. D. Dr. Gottfried Galli: „Dschihad", die im Verlage der C. Troemers
Universitäts-Buchhandlung, Freiburg i. Br., erschienen ist.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0163" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/324574"/>
          <fw type="header" place="top"> Rriegsliteratur</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_554" prev="#ID_553"> langsam eine Neuorganisation des ganzen Volkes herbeiführt, deren Früchte<lb/>
in dem jetzigen Kampfe gegen den Dreiverband deutlich sichtbar geworden sind,<lb/>
und die den Gegnern eine bittere Enttäuschung bereitet hat, die noch die<lb/>
Türken von 1912 vor sich zu haben hofften.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_555"> Im dritten Heft berichtet Professor l)r. Sachan, Direktor des Berliner Orienta¬<lb/>
lischen Seminars &#x201E;Vom asiatischen Reich der Türkei", von der Zerrissenheit<lb/>
seiner Bevölkerung in Stammesart und Religion und von dem Reichtum des<lb/>
Bodens, der noch einer rationellen Ausbeutung harrt.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_556"> Als vierter Band erschien &#x201E;Die Weltstellung Konstantinopels in ihrer<lb/>
historischen Entwicklung" von Prof. Dr. Jastrow, in dem der Verfasser ein<lb/>
klares Bild entwirft von der politischen und merkantilen Entwicklung Konstan¬<lb/>
tinopels, dessen einzigartige Lage es stets zum Brennpunkt des Interesses der<lb/>
Großmächte gemacht hat. &#x2014;</p><lb/>
          <p xml:id="ID_557"> Interessante Skizzen aus der türkischen Hauptstadt gibt schließlich Max<lb/>
Rudolf Kaufmann im fünften Bande dieser Sammlung, in denen er auf Grund<lb/>
eines langjährigen Aufenhaltes am Goldenen Horn das bunte Leben und<lb/>
Treiben in Stambul, der Türkenstadt, und jenseits der Neuen Brücke, in Pera,<lb/>
beschreibt, das schon fast ganz einen europäischen Eindruck macht.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_558"> Einen empfehlenswerten Beitrag zu der Kenntnis des Islams, dessen<lb/>
wahre Grundsätze und Tendenzen bei uns leider noch wenig bekannt sind,<lb/>
beziehungsweise falsch verstanden werden, bietet das bei Eugen Diederichs (Jena)<lb/>
verlegte Buch &#x201E;Die Religion des Islams", dessen erster Band in der von Walter<lb/>
Otto herausgegebenen Sammlung &#x201E;Religiöse Stimmen der Völker" erschienen<lb/>
und von Joseph Hell mit einer interessanten Einleitung versehen ist, die einen<lb/>
kurzen Überblick gibt über das Werk des Propheten und über die mohammeda¬<lb/>
nischen Religionsphilosophen bis zu Al-Ghazali (gestorben 1111 n. Chr.). Hell bietet<lb/>
in diesem Bande dem Leser eine gute Auswahl aus dem Koran und den<lb/>
Werken der bedeutendsten Philosophen der ersten fünf Jahrhunderte nach<lb/>
Mohammed.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_559"> Im Anschluß hieran sei auch des Buches gedacht, das der bekannte Berliner<lb/>
Universttätsprofessor Friedrich Delitzsch in der vom Ullstein - Verlag heraus¬<lb/>
gegebenen Sammlung: &#x201E;Männer und Völker" unter dem Titel: &#x201E;Die Welt des<lb/>
Islam" veröffentlicht hat. In anschaulichster Weise führt der Verfasser den Leser<lb/>
in die Religion und Kultur des Islam ein, behandelt er die geschichtliche Ent¬<lb/>
wicklung und den sittlichen Begriff des Mohammedanismus und bringt so<lb/>
unserem Verständnis die Gedankenwelt unserer Bundesgenossen näher.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_560"> Über den &#x201E;Heiligen Krieg", den &#x201E;Dschihad", von dessen glücklichem Aus-<lb/>
gange die Existenz der Türkei und, man kann wohl sagen, des staatlich selb¬<lb/>
ständigen Islams überhaupt abhängt, herrscht in weiten Kreisen eine irrige<lb/>
Vorstellung. Um so verdienstvoller ist die Schrift des Kaiserlichen General¬<lb/>
konsuls a. D. Dr. Gottfried Galli: &#x201E;Dschihad", die im Verlage der C. Troemers<lb/>
Universitäts-Buchhandlung, Freiburg i. Br., erschienen ist.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0163] Rriegsliteratur langsam eine Neuorganisation des ganzen Volkes herbeiführt, deren Früchte in dem jetzigen Kampfe gegen den Dreiverband deutlich sichtbar geworden sind, und die den Gegnern eine bittere Enttäuschung bereitet hat, die noch die Türken von 1912 vor sich zu haben hofften. Im dritten Heft berichtet Professor l)r. Sachan, Direktor des Berliner Orienta¬ lischen Seminars „Vom asiatischen Reich der Türkei", von der Zerrissenheit seiner Bevölkerung in Stammesart und Religion und von dem Reichtum des Bodens, der noch einer rationellen Ausbeutung harrt. Als vierter Band erschien „Die Weltstellung Konstantinopels in ihrer historischen Entwicklung" von Prof. Dr. Jastrow, in dem der Verfasser ein klares Bild entwirft von der politischen und merkantilen Entwicklung Konstan¬ tinopels, dessen einzigartige Lage es stets zum Brennpunkt des Interesses der Großmächte gemacht hat. — Interessante Skizzen aus der türkischen Hauptstadt gibt schließlich Max Rudolf Kaufmann im fünften Bande dieser Sammlung, in denen er auf Grund eines langjährigen Aufenhaltes am Goldenen Horn das bunte Leben und Treiben in Stambul, der Türkenstadt, und jenseits der Neuen Brücke, in Pera, beschreibt, das schon fast ganz einen europäischen Eindruck macht. Einen empfehlenswerten Beitrag zu der Kenntnis des Islams, dessen wahre Grundsätze und Tendenzen bei uns leider noch wenig bekannt sind, beziehungsweise falsch verstanden werden, bietet das bei Eugen Diederichs (Jena) verlegte Buch „Die Religion des Islams", dessen erster Band in der von Walter Otto herausgegebenen Sammlung „Religiöse Stimmen der Völker" erschienen und von Joseph Hell mit einer interessanten Einleitung versehen ist, die einen kurzen Überblick gibt über das Werk des Propheten und über die mohammeda¬ nischen Religionsphilosophen bis zu Al-Ghazali (gestorben 1111 n. Chr.). Hell bietet in diesem Bande dem Leser eine gute Auswahl aus dem Koran und den Werken der bedeutendsten Philosophen der ersten fünf Jahrhunderte nach Mohammed. Im Anschluß hieran sei auch des Buches gedacht, das der bekannte Berliner Universttätsprofessor Friedrich Delitzsch in der vom Ullstein - Verlag heraus¬ gegebenen Sammlung: „Männer und Völker" unter dem Titel: „Die Welt des Islam" veröffentlicht hat. In anschaulichster Weise führt der Verfasser den Leser in die Religion und Kultur des Islam ein, behandelt er die geschichtliche Ent¬ wicklung und den sittlichen Begriff des Mohammedanismus und bringt so unserem Verständnis die Gedankenwelt unserer Bundesgenossen näher. Über den „Heiligen Krieg", den „Dschihad", von dessen glücklichem Aus- gange die Existenz der Türkei und, man kann wohl sagen, des staatlich selb¬ ständigen Islams überhaupt abhängt, herrscht in weiten Kreisen eine irrige Vorstellung. Um so verdienstvoller ist die Schrift des Kaiserlichen General¬ konsuls a. D. Dr. Gottfried Galli: „Dschihad", die im Verlage der C. Troemers Universitäts-Buchhandlung, Freiburg i. Br., erschienen ist.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_324408
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_324408/163
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_324408/163>, abgerufen am 24.08.2024.