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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr.

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Die Notwendigkeit einer deutschen j?flichtjugendroehr

weder seiner Familie oder der freien Erholung und dem Vergnügen. Gegen¬
über der rein praktischen Frage, ob die Wahl des Sonntags als Übungstag
notwendig ist, können derartige Einwände keine Beachtung verdienen. Wenn
die männliche Jugend in der Arbeitszeit der Woche zum überwiegenden Teil
im Wirtschaftsleben nicht zu entbehren ist -- was möglicherweise für die Kriegs¬
zeit zutrifft -- muß eben der Sonntag gewählt werden. Für solche Jugendliche,
die auch für wenige Übungsstunden nicht aus der Arbeit herausgenommen werden
können, wären behördliche Unabkömmlichkeitszeugnisse auszustellen, die von der
Teilnahmepflicht befreien. Eine weitere Frage praktischer Erwägung ist diejenige,
welche Altersklassen für die militärische Pflichtjugendvorbildung heranzuziehen
sind. Sicher müssen die siebzehnjährigen bis hinauf zu den Zwanzigjährigen
von der Pflichtjugendwehr erfaßt werden. Manche wollen dagegen die sechzehn¬
jähriger, die in die heutigen Jugendkompagnien einbegriffen sind, außen vor¬
lassen. Sie würden dann der freien Jugendpflege unterliegen. Die Gesamtzahl
der vier Jahrgänge der siebzehnjährigen bis Zwanzigjährigen beläuft sich nach
angestellten Berechnungen in Deutschland auf anderthalb Millionen, diejenigen ab¬
gerechnet, die bereits unter der Fahne stehen*). Das gewaltige deutsche Jung¬
heer der deutschen Wehrkraft dienstbar zu machen, fordert gebieterisch die ernste
Stunde der Not: es gilt, eine Lücke an unserem Rüstungskleid zu schließen und
alle in deutschen Landen vorhandene Wehrkraft der Verteidigung deutscher Art
zu erschließen. Wird die große Stunde auch hier ein deutsches Geschlecht finden,
das sie nutzt?





*) Professor Hildebrandt in Ur. 168, Jahrgang 21 der "Kieler Neuesten Nachrichten".
Die Notwendigkeit einer deutschen j?flichtjugendroehr

weder seiner Familie oder der freien Erholung und dem Vergnügen. Gegen¬
über der rein praktischen Frage, ob die Wahl des Sonntags als Übungstag
notwendig ist, können derartige Einwände keine Beachtung verdienen. Wenn
die männliche Jugend in der Arbeitszeit der Woche zum überwiegenden Teil
im Wirtschaftsleben nicht zu entbehren ist — was möglicherweise für die Kriegs¬
zeit zutrifft — muß eben der Sonntag gewählt werden. Für solche Jugendliche,
die auch für wenige Übungsstunden nicht aus der Arbeit herausgenommen werden
können, wären behördliche Unabkömmlichkeitszeugnisse auszustellen, die von der
Teilnahmepflicht befreien. Eine weitere Frage praktischer Erwägung ist diejenige,
welche Altersklassen für die militärische Pflichtjugendvorbildung heranzuziehen
sind. Sicher müssen die siebzehnjährigen bis hinauf zu den Zwanzigjährigen
von der Pflichtjugendwehr erfaßt werden. Manche wollen dagegen die sechzehn¬
jähriger, die in die heutigen Jugendkompagnien einbegriffen sind, außen vor¬
lassen. Sie würden dann der freien Jugendpflege unterliegen. Die Gesamtzahl
der vier Jahrgänge der siebzehnjährigen bis Zwanzigjährigen beläuft sich nach
angestellten Berechnungen in Deutschland auf anderthalb Millionen, diejenigen ab¬
gerechnet, die bereits unter der Fahne stehen*). Das gewaltige deutsche Jung¬
heer der deutschen Wehrkraft dienstbar zu machen, fordert gebieterisch die ernste
Stunde der Not: es gilt, eine Lücke an unserem Rüstungskleid zu schließen und
alle in deutschen Landen vorhandene Wehrkraft der Verteidigung deutscher Art
zu erschließen. Wird die große Stunde auch hier ein deutsches Geschlecht finden,
das sie nutzt?





*) Professor Hildebrandt in Ur. 168, Jahrgang 21 der „Kieler Neuesten Nachrichten".
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[0263] Die Notwendigkeit einer deutschen j?flichtjugendroehr weder seiner Familie oder der freien Erholung und dem Vergnügen. Gegen¬ über der rein praktischen Frage, ob die Wahl des Sonntags als Übungstag notwendig ist, können derartige Einwände keine Beachtung verdienen. Wenn die männliche Jugend in der Arbeitszeit der Woche zum überwiegenden Teil im Wirtschaftsleben nicht zu entbehren ist — was möglicherweise für die Kriegs¬ zeit zutrifft — muß eben der Sonntag gewählt werden. Für solche Jugendliche, die auch für wenige Übungsstunden nicht aus der Arbeit herausgenommen werden können, wären behördliche Unabkömmlichkeitszeugnisse auszustellen, die von der Teilnahmepflicht befreien. Eine weitere Frage praktischer Erwägung ist diejenige, welche Altersklassen für die militärische Pflichtjugendvorbildung heranzuziehen sind. Sicher müssen die siebzehnjährigen bis hinauf zu den Zwanzigjährigen von der Pflichtjugendwehr erfaßt werden. Manche wollen dagegen die sechzehn¬ jähriger, die in die heutigen Jugendkompagnien einbegriffen sind, außen vor¬ lassen. Sie würden dann der freien Jugendpflege unterliegen. Die Gesamtzahl der vier Jahrgänge der siebzehnjährigen bis Zwanzigjährigen beläuft sich nach angestellten Berechnungen in Deutschland auf anderthalb Millionen, diejenigen ab¬ gerechnet, die bereits unter der Fahne stehen*). Das gewaltige deutsche Jung¬ heer der deutschen Wehrkraft dienstbar zu machen, fordert gebieterisch die ernste Stunde der Not: es gilt, eine Lücke an unserem Rüstungskleid zu schließen und alle in deutschen Landen vorhandene Wehrkraft der Verteidigung deutscher Art zu erschließen. Wird die große Stunde auch hier ein deutsches Geschlecht finden, das sie nutzt? *) Professor Hildebrandt in Ur. 168, Jahrgang 21 der „Kieler Neuesten Nachrichten".

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323972/263>, abgerufen am 03.07.2024.