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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Zweites Vierteljahr.

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Die vereinigten Staaten von Amerika und Japan

Warenaustausches eine stets steigende Tendenz. So betrug der amerikanische
Handel mit China:

im Jahre 1888 etwa 21000000 Dollar
" 1898 " 30000000 "
" " 1908 " 48000000 "

Nach den chinesischen Berichten, die bis jetzt allein vorliegen, betrug der
Gesamthandel zwischen den Vereinigten Staaten und China im Jahre 1913
etwa 73 Millionen Taels, das heißt etwa 37 Millionen Dollar, und zwar
zeigt die Handelsbilanz in diesem Jahre zum ersten Male seit 1902 wieder ein
Überwiegen der chinesischen Einfuhr in die Union um etwa 1 Million Taels*).
Es ist dies allerdings ein nicht unbeträchtlicher Rückgang gegen 1908; aber
gegenüber den vorhergehenden Jahren, die ein tiefes Sinken der Handelsbilanz
gebracht hatten, wieder eine, wenn auch nur kleine Steigerung des Warenaustausches.

Diese immer wachsende Bedeutung der Chinesen als Kunden und Lieferanten
der Vereinigten Staaten, die in Zukunft bei einer rationellen Ausbeutung der
reichen Bodenschätze Chinas zweifellos noch zunehmen wird, zwang die Amerikaner,
ein wachsames Auge auf die Entwicklung der Dinge im Fernen Osten zu haben
und sich besonders darüber klar zu werden, welchen Einfluß eine etwaige Zer¬
stückelung des chinesischen Reiches auf die amerikanisch-chinesischen Beziehungen
ausüben mußte. Denn offenbar mußte eine allmähliche Aufteilung Chinas an
die hieran interessierten europäischen Mächte und Japan eine starke Zurück¬
drängung, wenn nicht gar die Vernichtung des amerikanischen Handels mit
China zur Folge haben. Aus diesem Gesichtspunkte erklärt sich die stritte
Durchführung der Grundsätze der "Offenen Tür" im Reich der Mitte und der
Integrität des chinesischen Gebietes, die sich wie ein roter Faden durch die
ostasiatische Politik der Vereinigten Staaten zieht. Von diesen beiden Grund¬
lätzen ist die Aufrechterhaltung der Integrität der chinesischen Republik das
zweifellos wichtigere Problem**); denn es ist klar, daß der Grundsatz der
"Offenen Tür" nur in diesem Falle wirklich bestehen kann, wie das Schicksal
zahlreicher anderer Länder in der Weltgeschichte lehrt, während er bei einer
Aufteilung in Interessensphären zur leeren Phrase wird.

Die Geschichte der ostasiatischen Politik der Vereinigten Staaten in den
letzten Jahrzehnten zeigt immer wieder deutlich das Eintreten der Union zu¬
gunsten Chinas, das Bestreben, alles zu vermeiden, was zu einer Verletzung
der territorialen Integrität dieses Landes führen könnte, in der klaren Erkenntnis,
daß mit dem Einrücken der Union in die Stellung einer Macht am Stillen
Ozean die Integrität Chinas für sie von größter Wichtigkeit geworden ist***).





*) 1>säe Deports lor 1913. Part I herausgegeben von der chinesischen Regierung.
- **) Vergleiche Millard (bei Blakeslee a. a. O-): Ihe neeä ok a äistinctive American
polioy in Lulua. Seite 84.
***) Vergleiche ?oorä: ^msrica's Iraäe Kelations vieil Lnins, (in Klalceslee: LKma
ana tke 5ar Last, 1910) S. 111.
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Die vereinigten Staaten von Amerika und Japan

Warenaustausches eine stets steigende Tendenz. So betrug der amerikanische
Handel mit China:

im Jahre 1888 etwa 21000000 Dollar
„ 1898 „ 30000000 „
„ „ 1908 „ 48000000 „

Nach den chinesischen Berichten, die bis jetzt allein vorliegen, betrug der
Gesamthandel zwischen den Vereinigten Staaten und China im Jahre 1913
etwa 73 Millionen Taels, das heißt etwa 37 Millionen Dollar, und zwar
zeigt die Handelsbilanz in diesem Jahre zum ersten Male seit 1902 wieder ein
Überwiegen der chinesischen Einfuhr in die Union um etwa 1 Million Taels*).
Es ist dies allerdings ein nicht unbeträchtlicher Rückgang gegen 1908; aber
gegenüber den vorhergehenden Jahren, die ein tiefes Sinken der Handelsbilanz
gebracht hatten, wieder eine, wenn auch nur kleine Steigerung des Warenaustausches.

Diese immer wachsende Bedeutung der Chinesen als Kunden und Lieferanten
der Vereinigten Staaten, die in Zukunft bei einer rationellen Ausbeutung der
reichen Bodenschätze Chinas zweifellos noch zunehmen wird, zwang die Amerikaner,
ein wachsames Auge auf die Entwicklung der Dinge im Fernen Osten zu haben
und sich besonders darüber klar zu werden, welchen Einfluß eine etwaige Zer¬
stückelung des chinesischen Reiches auf die amerikanisch-chinesischen Beziehungen
ausüben mußte. Denn offenbar mußte eine allmähliche Aufteilung Chinas an
die hieran interessierten europäischen Mächte und Japan eine starke Zurück¬
drängung, wenn nicht gar die Vernichtung des amerikanischen Handels mit
China zur Folge haben. Aus diesem Gesichtspunkte erklärt sich die stritte
Durchführung der Grundsätze der „Offenen Tür" im Reich der Mitte und der
Integrität des chinesischen Gebietes, die sich wie ein roter Faden durch die
ostasiatische Politik der Vereinigten Staaten zieht. Von diesen beiden Grund¬
lätzen ist die Aufrechterhaltung der Integrität der chinesischen Republik das
zweifellos wichtigere Problem**); denn es ist klar, daß der Grundsatz der
„Offenen Tür" nur in diesem Falle wirklich bestehen kann, wie das Schicksal
zahlreicher anderer Länder in der Weltgeschichte lehrt, während er bei einer
Aufteilung in Interessensphären zur leeren Phrase wird.

Die Geschichte der ostasiatischen Politik der Vereinigten Staaten in den
letzten Jahrzehnten zeigt immer wieder deutlich das Eintreten der Union zu¬
gunsten Chinas, das Bestreben, alles zu vermeiden, was zu einer Verletzung
der territorialen Integrität dieses Landes führen könnte, in der klaren Erkenntnis,
daß mit dem Einrücken der Union in die Stellung einer Macht am Stillen
Ozean die Integrität Chinas für sie von größter Wichtigkeit geworden ist***).





*) 1>säe Deports lor 1913. Part I herausgegeben von der chinesischen Regierung.
- **) Vergleiche Millard (bei Blakeslee a. a. O-): Ihe neeä ok a äistinctive American
polioy in Lulua. Seite 84.
***) Vergleiche ?oorä: ^msrica's Iraäe Kelations vieil Lnins, (in Klalceslee: LKma
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[0047] Die vereinigten Staaten von Amerika und Japan Warenaustausches eine stets steigende Tendenz. So betrug der amerikanische Handel mit China: im Jahre 1888 etwa 21000000 Dollar „ 1898 „ 30000000 „ „ „ 1908 „ 48000000 „ Nach den chinesischen Berichten, die bis jetzt allein vorliegen, betrug der Gesamthandel zwischen den Vereinigten Staaten und China im Jahre 1913 etwa 73 Millionen Taels, das heißt etwa 37 Millionen Dollar, und zwar zeigt die Handelsbilanz in diesem Jahre zum ersten Male seit 1902 wieder ein Überwiegen der chinesischen Einfuhr in die Union um etwa 1 Million Taels*). Es ist dies allerdings ein nicht unbeträchtlicher Rückgang gegen 1908; aber gegenüber den vorhergehenden Jahren, die ein tiefes Sinken der Handelsbilanz gebracht hatten, wieder eine, wenn auch nur kleine Steigerung des Warenaustausches. Diese immer wachsende Bedeutung der Chinesen als Kunden und Lieferanten der Vereinigten Staaten, die in Zukunft bei einer rationellen Ausbeutung der reichen Bodenschätze Chinas zweifellos noch zunehmen wird, zwang die Amerikaner, ein wachsames Auge auf die Entwicklung der Dinge im Fernen Osten zu haben und sich besonders darüber klar zu werden, welchen Einfluß eine etwaige Zer¬ stückelung des chinesischen Reiches auf die amerikanisch-chinesischen Beziehungen ausüben mußte. Denn offenbar mußte eine allmähliche Aufteilung Chinas an die hieran interessierten europäischen Mächte und Japan eine starke Zurück¬ drängung, wenn nicht gar die Vernichtung des amerikanischen Handels mit China zur Folge haben. Aus diesem Gesichtspunkte erklärt sich die stritte Durchführung der Grundsätze der „Offenen Tür" im Reich der Mitte und der Integrität des chinesischen Gebietes, die sich wie ein roter Faden durch die ostasiatische Politik der Vereinigten Staaten zieht. Von diesen beiden Grund¬ lätzen ist die Aufrechterhaltung der Integrität der chinesischen Republik das zweifellos wichtigere Problem**); denn es ist klar, daß der Grundsatz der „Offenen Tür" nur in diesem Falle wirklich bestehen kann, wie das Schicksal zahlreicher anderer Länder in der Weltgeschichte lehrt, während er bei einer Aufteilung in Interessensphären zur leeren Phrase wird. Die Geschichte der ostasiatischen Politik der Vereinigten Staaten in den letzten Jahrzehnten zeigt immer wieder deutlich das Eintreten der Union zu¬ gunsten Chinas, das Bestreben, alles zu vermeiden, was zu einer Verletzung der territorialen Integrität dieses Landes führen könnte, in der klaren Erkenntnis, daß mit dem Einrücken der Union in die Stellung einer Macht am Stillen Ozean die Integrität Chinas für sie von größter Wichtigkeit geworden ist***). *) 1>säe Deports lor 1913. Part I herausgegeben von der chinesischen Regierung. - **) Vergleiche Millard (bei Blakeslee a. a. O-): Ihe neeä ok a äistinctive American polioy in Lulua. Seite 84. ***) Vergleiche ?oorä: ^msrica's Iraäe Kelations vieil Lnins, (in Klalceslee: LKma ana tke 5ar Last, 1910) S. 111. 3«

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323538/47>, abgerufen am 22.07.2024.