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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Zweites Vierteljahr.

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Ein neues Universitätsgesetz

in der Gegenwart bei Abänderungen der Universitätsstatuten und beim Erlaß
neuer Universitätsstatuten kein Publikationszwang in der Gesetzsammlung.
Hatschek mahnt gegenüber Anschütz. auf die Universitäten nicht "den Begriff
der modernen Staatsanstalten mit ihren Folgerungen" anzuwenden, hält jene
aber doch im Sinne des A. L. R. für "Stiftungen", die eventuell grundsätzlich
nach II 19, nicht nach dem das Korporationsrecht enthaltenden II 6 zu
behandeln find. Bornhak charakterisiert trotz des Einspruchs von Hatschek die
Universitäten weiter als "Korporationen und Anstalten" und arbeitet hinsichtlich
des Universitätswesens, ebenso wie Arndt, weiter mit der Idee eines "selbständigen"
Verordnungsrechts des Königs.

Bei solchem juristischen Zwiespalt über die Grundlagen des Universitäts¬
rechts sind trotz guten Willens auf allen Seiten Differenzen der beteiligten
Kreise unausbleiblich, und der vorgeschlagene Gesetzentwurf sieht daher (§ 2)
in einer erst- und letztinstanzlichen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts
in Berlin das beste Hilfsmittel, auf dem Gebiete des Universitätswesens zu
autoritativ-sicherem Recht zu gelangen. Er zerreißt nicht den Faden der Ent¬
wicklung, will vielmehr durch die Möglichkeit einer höchstrichterlichen Nachprüfung
die Zweifelsfragen des Univerfitätsrechts zur Klärung bringen, auch dem in
den beteiligten Kreisen obwaltenden Bedürfnis nach Rechtsgarantien ein Genüge
schaffen, insbesondere den Charakter der Universitäten als Selbstverwaltungs¬
körper sicherstellen. Es kann für den Geschichtskenner jedenfalls nicht zweifelhaft
sein, daß die wissenschaftliche Blüte der Universitäten mit gesicherter korporativer
Selbstverwaltung im Zusammenhang steht. Der Sicherung der Universitäten
in ihrer Eigenschaft als Selbstoerwaltungskörper dient denn auch der H 1 des
Gesetzentwurfs. Der Absatz 2 des ZI trägt dabei dem Umstand Rechnung,
daß bisher noch immer nicht alle Fakultäten die in den Universitätsstatuten
vorgesehenen, ministeriell bestätigten Fakultätsstatuten besitzen. Zu verschiedenen
Zeiten find von einzelnen Fakultäten auf amtliche Aufforderung Entwürfe von
Fakultätsstatuten eingereicht, ohne daß die ministerielle Genehmigung erreicht
wurde. So herrscht auch in dieser Hinsicht Rechtsunsicherheit in den einzelnen
Fakultäten und Ungewißheit, auf welchen Statutenentwurf gegebenenfalls zurück¬
zugehen ist. Der vorliegende Gesetzentwurf sieht daher vor, daß die Fakultäten,
die noch nicht ministeriell bestätigte Statuten haben, solche binnen Jahresfrist
nach dem Inkrafttreten des Gesetzentwurfs erhalten müssen.




Ein neues Universitätsgesetz

in der Gegenwart bei Abänderungen der Universitätsstatuten und beim Erlaß
neuer Universitätsstatuten kein Publikationszwang in der Gesetzsammlung.
Hatschek mahnt gegenüber Anschütz. auf die Universitäten nicht „den Begriff
der modernen Staatsanstalten mit ihren Folgerungen" anzuwenden, hält jene
aber doch im Sinne des A. L. R. für „Stiftungen", die eventuell grundsätzlich
nach II 19, nicht nach dem das Korporationsrecht enthaltenden II 6 zu
behandeln find. Bornhak charakterisiert trotz des Einspruchs von Hatschek die
Universitäten weiter als „Korporationen und Anstalten" und arbeitet hinsichtlich
des Universitätswesens, ebenso wie Arndt, weiter mit der Idee eines „selbständigen"
Verordnungsrechts des Königs.

Bei solchem juristischen Zwiespalt über die Grundlagen des Universitäts¬
rechts sind trotz guten Willens auf allen Seiten Differenzen der beteiligten
Kreise unausbleiblich, und der vorgeschlagene Gesetzentwurf sieht daher (§ 2)
in einer erst- und letztinstanzlichen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts
in Berlin das beste Hilfsmittel, auf dem Gebiete des Universitätswesens zu
autoritativ-sicherem Recht zu gelangen. Er zerreißt nicht den Faden der Ent¬
wicklung, will vielmehr durch die Möglichkeit einer höchstrichterlichen Nachprüfung
die Zweifelsfragen des Univerfitätsrechts zur Klärung bringen, auch dem in
den beteiligten Kreisen obwaltenden Bedürfnis nach Rechtsgarantien ein Genüge
schaffen, insbesondere den Charakter der Universitäten als Selbstverwaltungs¬
körper sicherstellen. Es kann für den Geschichtskenner jedenfalls nicht zweifelhaft
sein, daß die wissenschaftliche Blüte der Universitäten mit gesicherter korporativer
Selbstverwaltung im Zusammenhang steht. Der Sicherung der Universitäten
in ihrer Eigenschaft als Selbstoerwaltungskörper dient denn auch der H 1 des
Gesetzentwurfs. Der Absatz 2 des ZI trägt dabei dem Umstand Rechnung,
daß bisher noch immer nicht alle Fakultäten die in den Universitätsstatuten
vorgesehenen, ministeriell bestätigten Fakultätsstatuten besitzen. Zu verschiedenen
Zeiten find von einzelnen Fakultäten auf amtliche Aufforderung Entwürfe von
Fakultätsstatuten eingereicht, ohne daß die ministerielle Genehmigung erreicht
wurde. So herrscht auch in dieser Hinsicht Rechtsunsicherheit in den einzelnen
Fakultäten und Ungewißheit, auf welchen Statutenentwurf gegebenenfalls zurück¬
zugehen ist. Der vorliegende Gesetzentwurf sieht daher vor, daß die Fakultäten,
die noch nicht ministeriell bestätigte Statuten haben, solche binnen Jahresfrist
nach dem Inkrafttreten des Gesetzentwurfs erhalten müssen.




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[0259] Ein neues Universitätsgesetz in der Gegenwart bei Abänderungen der Universitätsstatuten und beim Erlaß neuer Universitätsstatuten kein Publikationszwang in der Gesetzsammlung. Hatschek mahnt gegenüber Anschütz. auf die Universitäten nicht „den Begriff der modernen Staatsanstalten mit ihren Folgerungen" anzuwenden, hält jene aber doch im Sinne des A. L. R. für „Stiftungen", die eventuell grundsätzlich nach II 19, nicht nach dem das Korporationsrecht enthaltenden II 6 zu behandeln find. Bornhak charakterisiert trotz des Einspruchs von Hatschek die Universitäten weiter als „Korporationen und Anstalten" und arbeitet hinsichtlich des Universitätswesens, ebenso wie Arndt, weiter mit der Idee eines „selbständigen" Verordnungsrechts des Königs. Bei solchem juristischen Zwiespalt über die Grundlagen des Universitäts¬ rechts sind trotz guten Willens auf allen Seiten Differenzen der beteiligten Kreise unausbleiblich, und der vorgeschlagene Gesetzentwurf sieht daher (§ 2) in einer erst- und letztinstanzlichen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts in Berlin das beste Hilfsmittel, auf dem Gebiete des Universitätswesens zu autoritativ-sicherem Recht zu gelangen. Er zerreißt nicht den Faden der Ent¬ wicklung, will vielmehr durch die Möglichkeit einer höchstrichterlichen Nachprüfung die Zweifelsfragen des Univerfitätsrechts zur Klärung bringen, auch dem in den beteiligten Kreisen obwaltenden Bedürfnis nach Rechtsgarantien ein Genüge schaffen, insbesondere den Charakter der Universitäten als Selbstverwaltungs¬ körper sicherstellen. Es kann für den Geschichtskenner jedenfalls nicht zweifelhaft sein, daß die wissenschaftliche Blüte der Universitäten mit gesicherter korporativer Selbstverwaltung im Zusammenhang steht. Der Sicherung der Universitäten in ihrer Eigenschaft als Selbstoerwaltungskörper dient denn auch der H 1 des Gesetzentwurfs. Der Absatz 2 des ZI trägt dabei dem Umstand Rechnung, daß bisher noch immer nicht alle Fakultäten die in den Universitätsstatuten vorgesehenen, ministeriell bestätigten Fakultätsstatuten besitzen. Zu verschiedenen Zeiten find von einzelnen Fakultäten auf amtliche Aufforderung Entwürfe von Fakultätsstatuten eingereicht, ohne daß die ministerielle Genehmigung erreicht wurde. So herrscht auch in dieser Hinsicht Rechtsunsicherheit in den einzelnen Fakultäten und Ungewißheit, auf welchen Statutenentwurf gegebenenfalls zurück¬ zugehen ist. Der vorliegende Gesetzentwurf sieht daher vor, daß die Fakultäten, die noch nicht ministeriell bestätigte Statuten haben, solche binnen Jahresfrist nach dem Inkrafttreten des Gesetzentwurfs erhalten müssen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323538/259>, abgerufen am 22.07.2024.