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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Zweites Vierteljahr.

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Deutschlands Anteil am Suezkanal

durch Kanalifierung der Landenge von Suez für Deutschland wieder hervorgehen
könnte" (U. S. G. Ur. 6). Die Berechtigung dieser Anschauungen erkannte man
auch an den amtlichen Stellen, und im Januar 1847 wurde dem in Sachsen
gebildeten "Comitö zur Herstellung der Vorarbeiten für den Canal von Suez"
ein Vorschuß von 25000 Franken bewilligt. In Österreich war man ebenfalls
sehr rührig: das Beste für den Kanal hat hier geleistet der Ingenieur, später
Chefingenieur der österreichischen Eisenbahnen, Negrelli: Dufours Korrespondenz
mit ihm bezeugt es.

Negrelli legte 1846 in einem Bericht an seinen Vorgesetzten. Hof-
kammerprästdenten von Kübeck, dar, welche Wichtigkeit das Unternehmen zu
allernächst für Österreich habe: "Am Tage, wo der Kanal eröffnet würde,
hätte die Entdeckung Vascos da Gama ihre große Bedeutung eingebüßt,
und Venedigs Größe nebst dem Flor ihrer neuen Schwester an Adriens
Gestade würde von demselben Tage an wieder aufblühen, und der Segen
des Handels würde erst durch Österreich, Italien, Tirol, Kärnten und
Kram, kurz durch das weite Gebiet Österreichs zu dem Nachbarlande ge¬
langen" (U. G. S. Ur. 7). Auch außerhalb der schwarz-gelben Pfähle sah man
Österreichs Mitwirkung als entscheidend an: "Jedenfalls müssen," schreibt Dufour
1850 aus Lyon, "die ersten Schritte von Österreich kommen; England wird sie
nicht tun, und Frankreich wird alles verderben, wenn es an die Spitze treten
wollte. Der Österreichische Lloyd muß sich recht fest in den Sattel setzen, um
sich in seiner Dampfschiffahrt im Orient zu behaupten; denn wie ich hier
vernehme, soll in Marseille in der nächsten Zeit eine sehr mächtige Dampfschiff-
Compagnie hergestellt werden, deren Zweck ist, allen orientalischen Verkehr von
Trieft ab nach Marseille abzuleiten" (U. G. S. Ur. 62). In der Tat war
bereits 1847 außer der Handelskammer in Trieft auch der Österreichische Lloyd
dem deutschen Zweigverein des Suezkanal-Comitös beigetreten, und man hoffte,
dieser Gruppe ein so bedeutendes Gewicht in den künftigen Beratungen zu
verschaffen, daß einst Trieft der Sitz der Kanalgesellschaft werden würde.
Preußen aber, zu dessen Vertreter Alexander von Humboldt ausersehen war.
blieb in dem Ausschutz unvertreten. da Humboldt Dufour mitgeteilt hatte, daß
Gründe vorwalteten, welche seinen Beitritt nicht gestatteten (U. G. S. Ur. 15).

Die Gründung der "SoLists ä'etuäe8 an Lana! as Sue?" oder des
"Comitö zur Betreibung der Vorarbeiten für den Kanal von Suez" war
inzwischen erfolgt in einer Sitzung vom 30. November 1846 in Paris: die
Gesellschaft bestand aus drei Gruppen (jede von zehn Mitgliedern aus den
meistbeteiligten Nationen), einer deutschen Gruppe mit Negrelli als Ingenieur,
einer englischen mit Robert Stephenson als Ingenieur, einer französischen
Gruppe mit Paulin Talabot als Ingenieur. Da die leitenden Ingenieure ihre
unentgeltliche Mitwirkung versprochen hatten, so glaubte man die Vorarbeiten
mit 150000 Franken finanzieren zu können. Die deutsche Gruppe, die aus
folgenden zehn Mitgliedern und Körperschaften bestand:


Deutschlands Anteil am Suezkanal

durch Kanalifierung der Landenge von Suez für Deutschland wieder hervorgehen
könnte" (U. S. G. Ur. 6). Die Berechtigung dieser Anschauungen erkannte man
auch an den amtlichen Stellen, und im Januar 1847 wurde dem in Sachsen
gebildeten „Comitö zur Herstellung der Vorarbeiten für den Canal von Suez"
ein Vorschuß von 25000 Franken bewilligt. In Österreich war man ebenfalls
sehr rührig: das Beste für den Kanal hat hier geleistet der Ingenieur, später
Chefingenieur der österreichischen Eisenbahnen, Negrelli: Dufours Korrespondenz
mit ihm bezeugt es.

Negrelli legte 1846 in einem Bericht an seinen Vorgesetzten. Hof-
kammerprästdenten von Kübeck, dar, welche Wichtigkeit das Unternehmen zu
allernächst für Österreich habe: „Am Tage, wo der Kanal eröffnet würde,
hätte die Entdeckung Vascos da Gama ihre große Bedeutung eingebüßt,
und Venedigs Größe nebst dem Flor ihrer neuen Schwester an Adriens
Gestade würde von demselben Tage an wieder aufblühen, und der Segen
des Handels würde erst durch Österreich, Italien, Tirol, Kärnten und
Kram, kurz durch das weite Gebiet Österreichs zu dem Nachbarlande ge¬
langen" (U. G. S. Ur. 7). Auch außerhalb der schwarz-gelben Pfähle sah man
Österreichs Mitwirkung als entscheidend an: „Jedenfalls müssen," schreibt Dufour
1850 aus Lyon, „die ersten Schritte von Österreich kommen; England wird sie
nicht tun, und Frankreich wird alles verderben, wenn es an die Spitze treten
wollte. Der Österreichische Lloyd muß sich recht fest in den Sattel setzen, um
sich in seiner Dampfschiffahrt im Orient zu behaupten; denn wie ich hier
vernehme, soll in Marseille in der nächsten Zeit eine sehr mächtige Dampfschiff-
Compagnie hergestellt werden, deren Zweck ist, allen orientalischen Verkehr von
Trieft ab nach Marseille abzuleiten" (U. G. S. Ur. 62). In der Tat war
bereits 1847 außer der Handelskammer in Trieft auch der Österreichische Lloyd
dem deutschen Zweigverein des Suezkanal-Comitös beigetreten, und man hoffte,
dieser Gruppe ein so bedeutendes Gewicht in den künftigen Beratungen zu
verschaffen, daß einst Trieft der Sitz der Kanalgesellschaft werden würde.
Preußen aber, zu dessen Vertreter Alexander von Humboldt ausersehen war.
blieb in dem Ausschutz unvertreten. da Humboldt Dufour mitgeteilt hatte, daß
Gründe vorwalteten, welche seinen Beitritt nicht gestatteten (U. G. S. Ur. 15).

Die Gründung der „SoLists ä'etuäe8 an Lana! as Sue?" oder des
„Comitö zur Betreibung der Vorarbeiten für den Kanal von Suez" war
inzwischen erfolgt in einer Sitzung vom 30. November 1846 in Paris: die
Gesellschaft bestand aus drei Gruppen (jede von zehn Mitgliedern aus den
meistbeteiligten Nationen), einer deutschen Gruppe mit Negrelli als Ingenieur,
einer englischen mit Robert Stephenson als Ingenieur, einer französischen
Gruppe mit Paulin Talabot als Ingenieur. Da die leitenden Ingenieure ihre
unentgeltliche Mitwirkung versprochen hatten, so glaubte man die Vorarbeiten
mit 150000 Franken finanzieren zu können. Die deutsche Gruppe, die aus
folgenden zehn Mitgliedern und Körperschaften bestand:


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323538/242>, abgerufen am 24.08.2024.