Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Erstes Vierteljahr.Sir Roger Lasement Schlachten. Kann Englands Emporstieg nicht gedacht werden ohne Irland, so Es ist nicht Sir Rogers eigene späte Entdeckung, daß die Säule des Sir Roger tritt vor den deutschen Imperator auf dem großen Wasser¬ Aus der Bedeutung Irlands für den Bestand des Weltreichs ergaben sich Sir Roger Lasement Schlachten. Kann Englands Emporstieg nicht gedacht werden ohne Irland, so Es ist nicht Sir Rogers eigene späte Entdeckung, daß die Säule des Sir Roger tritt vor den deutschen Imperator auf dem großen Wasser¬ Aus der Bedeutung Irlands für den Bestand des Weltreichs ergaben sich <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0258" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/323355"/> <fw type="header" place="top"> Sir Roger Lasement</fw><lb/> <p xml:id="ID_833" prev="#ID_832"> Schlachten. Kann Englands Emporstieg nicht gedacht werden ohne Irland, so<lb/> ist auch der Bestand des Weltreiches durch den Besitz dieser Insel bedingt.<lb/> Ein politisch unabhängiges Irland, frei ein Bündnis mit Englands Feinden<lb/> einzugehen, besäße die Bedeutung einer Festung, drohend gelagert vor dem<lb/> Tore Englands, das in die Welt sührt. Mit einem freien Irland kann ein<lb/> englisches Weltreich nicht zusammen gedacht werden. Das sreie Irland verbürgt<lb/> die Freiheit des Meeres, die Freiheit der Welt. In diesem Sinne umschließt<lb/> die irische Insel das Geheimnis von Englands Stärke und Schwäche, auf das<lb/> Sir Roger Casement uns hinweist, damit dem großen Wollen das letzte Voll¬<lb/> bringen nicht fehle.</p><lb/> <p xml:id="ID_834"> Es ist nicht Sir Rogers eigene späte Entdeckung, daß die Säule des<lb/> britischen Weltreiches auf der irischen Insel steht. Montesquieu erkannte es<lb/> als den großen Fehler in der Politik Ludwigs des Vierzehnten, daß der<lb/> französische König nicht seine ganze Kraft in dem einen Entschlüsse zusammenzog,<lb/> Irland als ein selbständiges Königreich unter seinem Schützling Jakob von<lb/> England abzutrennen. Und als Napoleon auf Se. Helena die Wege seines<lb/> Lebens bedachte, um den Punkt zu finden, von dem aus er die Straße des<lb/> Verderbens ging, kam er zu dem Schlüsse, es sei das Verhängnis seiner Lauf¬<lb/> bahn gewesen, daß er die militärische und ökonomische Bedeutung Irlands für<lb/> den Grund und Zusammenhalt des britischen Imperiums verkannte: „Wäre ich<lb/> nach Irland statt nach Ägypten gegangen, mit dem englischen Weltreiche wäre<lb/> es vorbei gewesen." Es mag gesagt werden, der gestürzte Kaiser habe mit<lb/> dieser verspäteten Einsicht die Summe seines Lebens gezogen.</p><lb/> <p xml:id="ID_835"> Sir Roger tritt vor den deutschen Imperator auf dem großen Wasser¬<lb/> gang und erinnert ihn an die Erkenntnis Napoleons. In seinem Buche:<lb/> „l'Ke Lrimo 3Aairi8t Irelanä ana Kop tke V/ar ma^ ri^Kt it" wendet er<lb/> sich an unsern Kaiser, an unsere Diplomaten und Strategen, wendet er sich an<lb/> das ganze deutsche Volk, um uns den einzigen Weg zu zeigen, der zu einem<lb/> vollen Siege sührt. Wir hören hier nicht Wünsche und Behauptungen; die<lb/> ganze Vergangenheit Irlands, die Geschichte des englischen Imperiums steigt<lb/> vor uns auf als lebendiger Beweis für die eine Tatsache, daß das britische<lb/> Weltreich mit dem Besitze Irlands steht und füllt. Diese Überzeugung stand<lb/> bei allen britischen Machthabern unwandelbar fest seit den Zeiten Heinrich des<lb/> Achten bis zur Stunde und bestimmte die englische Politik.</p><lb/> <p xml:id="ID_836" next="#ID_837"> Aus der Bedeutung Irlands für den Bestand des Weltreichs ergaben sich<lb/> für die englische Politik zwei Notwendigkeiten. Die Versuche der unterworfenen<lb/> Jrländer, sich ihre Freiheit zu erkämpfen, mußten mit allen Mitteln der List<lb/> und Gewalt vereitelt, und Irland selbst mußte dem europäischen Gesichts- und<lb/> Interessenkreis nach Möglichkeit entrückt werden. Kein Land der Erde sah<lb/> soviel Greuel und Verwüstung, nirgends gingen so wie hier Gift und Dolch<lb/> um zur Unterdrückung des immer wieder aufflackernden Verlangens nach<lb/> Freiheit. Und höchst wundersam wird es stets bleiben, daß es den Engländern</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0258]
Sir Roger Lasement
Schlachten. Kann Englands Emporstieg nicht gedacht werden ohne Irland, so
ist auch der Bestand des Weltreiches durch den Besitz dieser Insel bedingt.
Ein politisch unabhängiges Irland, frei ein Bündnis mit Englands Feinden
einzugehen, besäße die Bedeutung einer Festung, drohend gelagert vor dem
Tore Englands, das in die Welt sührt. Mit einem freien Irland kann ein
englisches Weltreich nicht zusammen gedacht werden. Das sreie Irland verbürgt
die Freiheit des Meeres, die Freiheit der Welt. In diesem Sinne umschließt
die irische Insel das Geheimnis von Englands Stärke und Schwäche, auf das
Sir Roger Casement uns hinweist, damit dem großen Wollen das letzte Voll¬
bringen nicht fehle.
Es ist nicht Sir Rogers eigene späte Entdeckung, daß die Säule des
britischen Weltreiches auf der irischen Insel steht. Montesquieu erkannte es
als den großen Fehler in der Politik Ludwigs des Vierzehnten, daß der
französische König nicht seine ganze Kraft in dem einen Entschlüsse zusammenzog,
Irland als ein selbständiges Königreich unter seinem Schützling Jakob von
England abzutrennen. Und als Napoleon auf Se. Helena die Wege seines
Lebens bedachte, um den Punkt zu finden, von dem aus er die Straße des
Verderbens ging, kam er zu dem Schlüsse, es sei das Verhängnis seiner Lauf¬
bahn gewesen, daß er die militärische und ökonomische Bedeutung Irlands für
den Grund und Zusammenhalt des britischen Imperiums verkannte: „Wäre ich
nach Irland statt nach Ägypten gegangen, mit dem englischen Weltreiche wäre
es vorbei gewesen." Es mag gesagt werden, der gestürzte Kaiser habe mit
dieser verspäteten Einsicht die Summe seines Lebens gezogen.
Sir Roger tritt vor den deutschen Imperator auf dem großen Wasser¬
gang und erinnert ihn an die Erkenntnis Napoleons. In seinem Buche:
„l'Ke Lrimo 3Aairi8t Irelanä ana Kop tke V/ar ma^ ri^Kt it" wendet er
sich an unsern Kaiser, an unsere Diplomaten und Strategen, wendet er sich an
das ganze deutsche Volk, um uns den einzigen Weg zu zeigen, der zu einem
vollen Siege sührt. Wir hören hier nicht Wünsche und Behauptungen; die
ganze Vergangenheit Irlands, die Geschichte des englischen Imperiums steigt
vor uns auf als lebendiger Beweis für die eine Tatsache, daß das britische
Weltreich mit dem Besitze Irlands steht und füllt. Diese Überzeugung stand
bei allen britischen Machthabern unwandelbar fest seit den Zeiten Heinrich des
Achten bis zur Stunde und bestimmte die englische Politik.
Aus der Bedeutung Irlands für den Bestand des Weltreichs ergaben sich
für die englische Politik zwei Notwendigkeiten. Die Versuche der unterworfenen
Jrländer, sich ihre Freiheit zu erkämpfen, mußten mit allen Mitteln der List
und Gewalt vereitelt, und Irland selbst mußte dem europäischen Gesichts- und
Interessenkreis nach Möglichkeit entrückt werden. Kein Land der Erde sah
soviel Greuel und Verwüstung, nirgends gingen so wie hier Gift und Dolch
um zur Unterdrückung des immer wieder aufflackernden Verlangens nach
Freiheit. Und höchst wundersam wird es stets bleiben, daß es den Engländern
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