Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Erstes Vierteljahr.Wie Napoleon im Jahre über die Länder Europas dachte "Wäre Fox am Leben geblieben, dann hätten wir uns von Dover nach So sprach Napoleon -- und diese Worte könnten heute aus deutschem Schwierigkeiten sah er also wohl voraus. Aber ihn tröstete der Gedanke, So war der Kaiser entschlossen, abzureisen. Den Tag der Abfahrt aller¬ 16*
Wie Napoleon im Jahre über die Länder Europas dachte „Wäre Fox am Leben geblieben, dann hätten wir uns von Dover nach So sprach Napoleon — und diese Worte könnten heute aus deutschem Schwierigkeiten sah er also wohl voraus. Aber ihn tröstete der Gedanke, So war der Kaiser entschlossen, abzureisen. Den Tag der Abfahrt aller¬ 16*
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0255" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/323352"/> <fw type="header" place="top"> Wie Napoleon im Jahre über die Länder Europas dachte</fw><lb/> <p xml:id="ID_822"> „Wäre Fox am Leben geblieben, dann hätten wir uns von Dover nach<lb/> Calais die Hände reichen können. Solange aber England nach den Grund¬<lb/> sätzen und Plänen Pitts regiert wird, verhalten wir uns wie Feuer und<lb/> Wasser. . . . Von England habe ich weder Ruhe noch Gnade zu erwarten. . . .<lb/> Es weiß ja, daß von dem Augenblick, da ich französischen Boden betrete,<lb/> Frankreichs Einfluß zu Wasser steigen wird. . . . Solange ich lebe, werde ich<lb/> mit England einen Krieg bis auss Messer gegen seine Vorherrschaft zur See<lb/> führen. Hätte Europa mir geholfen, anstatt daß es sich vor mir fürchtete,<lb/> hätte es meine Absichten aufgegriffen und verstanden: die Flaggen aller Mächte<lb/> könnten stolz von einem Ende des Erdkreises bis zum andern im Winde flattern<lb/> und die Erde würde Frieden haben."</p><lb/> <p xml:id="ID_823"> So sprach Napoleon — und diese Worte könnten heute aus deutschem<lb/> Munde kommen.</p><lb/> <p xml:id="ID_824"> Schwierigkeiten sah er also wohl voraus. Aber ihn tröstete der Gedanke,<lb/> daß Frankreich ihn ruft. Und da sprach er wieder einen Satz, der wie für<lb/> uns geprägt erscheint: „Eine Nation, welche vom ganzen Volk verteidigt wird,<lb/> ist immer unbesieglich!"</p><lb/> <p xml:id="ID_825"> So war der Kaiser entschlossen, abzureisen. Den Tag der Abfahrt aller¬<lb/> dings kannte er noch nicht. Er meinte, es werde der 1. April sein. Einst¬<lb/> weilen sollte der Oberst nach Frankreich zurückkehren und ihm von dort aus<lb/> genauere Mitteilungen machen. Kaum aber war der Oberst fort, so fürchtete<lb/> er, daß die Erkundigungen, die er in seinem Namen anstellen sollte, Verdacht<lb/> erregen könnten; auch die Besprechungen, die der Oberst mit seinen Anhängern<lb/> in Paris führen sollte, schienen ihm geeignet, ihm die Bourbonen auf den Hals<lb/> zu Hetzen. Darum entschloß er sich, ehe die Engländer und Bourbonen die<lb/> Insel ganz mit Schiffen absperren könnten, aufzubrechen. Und fo kam es, daß<lb/> der Oberst, als er nach manchen Schwierigkeiten endlich nach Turin gelangte,<lb/> dort erregte Menschenmengen traf, die eifrig darüber sprachen, was alle Welt<lb/> in Atem versetzte: daß Napoleon von Elba abgereist sei und am 1. März mit<lb/> seiner Flotille im Golf Jouan, zwischen Cannes und Antibes, Anker geworfen habe.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 16*</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0255]
Wie Napoleon im Jahre über die Länder Europas dachte
„Wäre Fox am Leben geblieben, dann hätten wir uns von Dover nach
Calais die Hände reichen können. Solange aber England nach den Grund¬
sätzen und Plänen Pitts regiert wird, verhalten wir uns wie Feuer und
Wasser. . . . Von England habe ich weder Ruhe noch Gnade zu erwarten. . . .
Es weiß ja, daß von dem Augenblick, da ich französischen Boden betrete,
Frankreichs Einfluß zu Wasser steigen wird. . . . Solange ich lebe, werde ich
mit England einen Krieg bis auss Messer gegen seine Vorherrschaft zur See
führen. Hätte Europa mir geholfen, anstatt daß es sich vor mir fürchtete,
hätte es meine Absichten aufgegriffen und verstanden: die Flaggen aller Mächte
könnten stolz von einem Ende des Erdkreises bis zum andern im Winde flattern
und die Erde würde Frieden haben."
So sprach Napoleon — und diese Worte könnten heute aus deutschem
Munde kommen.
Schwierigkeiten sah er also wohl voraus. Aber ihn tröstete der Gedanke,
daß Frankreich ihn ruft. Und da sprach er wieder einen Satz, der wie für
uns geprägt erscheint: „Eine Nation, welche vom ganzen Volk verteidigt wird,
ist immer unbesieglich!"
So war der Kaiser entschlossen, abzureisen. Den Tag der Abfahrt aller¬
dings kannte er noch nicht. Er meinte, es werde der 1. April sein. Einst¬
weilen sollte der Oberst nach Frankreich zurückkehren und ihm von dort aus
genauere Mitteilungen machen. Kaum aber war der Oberst fort, so fürchtete
er, daß die Erkundigungen, die er in seinem Namen anstellen sollte, Verdacht
erregen könnten; auch die Besprechungen, die der Oberst mit seinen Anhängern
in Paris führen sollte, schienen ihm geeignet, ihm die Bourbonen auf den Hals
zu Hetzen. Darum entschloß er sich, ehe die Engländer und Bourbonen die
Insel ganz mit Schiffen absperren könnten, aufzubrechen. Und fo kam es, daß
der Oberst, als er nach manchen Schwierigkeiten endlich nach Turin gelangte,
dort erregte Menschenmengen traf, die eifrig darüber sprachen, was alle Welt
in Atem versetzte: daß Napoleon von Elba abgereist sei und am 1. März mit
seiner Flotille im Golf Jouan, zwischen Cannes und Antibes, Anker geworfen habe.
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