Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Erstes Vierteljahr.Zur Psychologie des Nationalbewußtseins fester Staatenbund vermocht hätte. Man hat in den ersten Jahren des Reiches Überblicken wir zusammenfassend von hier aus die Hauptfaktoren, die ein Zur Psychologie des Nationalbewußtseins fester Staatenbund vermocht hätte. Man hat in den ersten Jahren des Reiches Überblicken wir zusammenfassend von hier aus die Hauptfaktoren, die ein <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0235" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/323332"/> <fw type="header" place="top"> Zur Psychologie des Nationalbewußtseins</fw><lb/> <p xml:id="ID_739" prev="#ID_738"> fester Staatenbund vermocht hätte. Man hat in den ersten Jahren des Reiches<lb/> wohl Bedenken gehabt, ob der deutsche Kaiser nicht bloß eine Schattenfigur<lb/> neben den Landesfürsten sein würde. Die Entwicklung hat gezeigt, daß das<lb/> Kaisertum immer mehr gewachsen ist und eine zentrale Stellung erhalten hat,<lb/> neben der die Landesfürsten weit zurückstehen. Es ist gut so! denn damit<lb/> wird das dynastische Gefühl zum einigenden Bande, das sonst eher hemmend<lb/> gewirkt hätte. Und es wird gerade nach dem Kriege, wenn eine Annäherung<lb/> des Reiches an Österreich stattfinden soll, sehr viel davon abhängen, wie<lb/> Habsburger und Hohenzollern sich stellen, damit nicht das dynastische Gefühl,<lb/> das ein so starkes Bindemittel zu werden vermag, eine große Kluft aufreißt<lb/> zwischen den Völkern.</p><lb/> <p xml:id="ID_740" next="#ID_741"> Überblicken wir zusammenfassend von hier aus die Hauptfaktoren, die ein<lb/> völkisches Solidaritätsgefühl zu schaffen vermögen, so liegen gerade für Deutsch¬<lb/> land die Verhältnisse schwierig. Kultur im allgemeinen und wirtschaftliche<lb/> Verhältnisse, sahen wir, scheiden aus als Bindemittel. Als solche ergaben<lb/> sich uns, wenn wir nur die wichtigsten hervorheben: Sprache, gemeinsame<lb/> nationale Erlebnisse, dynastisches Gefühl und Religion. Nun find für Deutsch¬<lb/> land insofern die Verhältnisse verwickelt, als einem deutschen Staate, so wie<lb/> wir ihn brauchen, einige dieser Faktoren eher entgegenstehen als zu Hilfe</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0235]
Zur Psychologie des Nationalbewußtseins
fester Staatenbund vermocht hätte. Man hat in den ersten Jahren des Reiches
wohl Bedenken gehabt, ob der deutsche Kaiser nicht bloß eine Schattenfigur
neben den Landesfürsten sein würde. Die Entwicklung hat gezeigt, daß das
Kaisertum immer mehr gewachsen ist und eine zentrale Stellung erhalten hat,
neben der die Landesfürsten weit zurückstehen. Es ist gut so! denn damit
wird das dynastische Gefühl zum einigenden Bande, das sonst eher hemmend
gewirkt hätte. Und es wird gerade nach dem Kriege, wenn eine Annäherung
des Reiches an Österreich stattfinden soll, sehr viel davon abhängen, wie
Habsburger und Hohenzollern sich stellen, damit nicht das dynastische Gefühl,
das ein so starkes Bindemittel zu werden vermag, eine große Kluft aufreißt
zwischen den Völkern.
Überblicken wir zusammenfassend von hier aus die Hauptfaktoren, die ein
völkisches Solidaritätsgefühl zu schaffen vermögen, so liegen gerade für Deutsch¬
land die Verhältnisse schwierig. Kultur im allgemeinen und wirtschaftliche
Verhältnisse, sahen wir, scheiden aus als Bindemittel. Als solche ergaben
sich uns, wenn wir nur die wichtigsten hervorheben: Sprache, gemeinsame
nationale Erlebnisse, dynastisches Gefühl und Religion. Nun find für Deutsch¬
land insofern die Verhältnisse verwickelt, als einem deutschen Staate, so wie
wir ihn brauchen, einige dieser Faktoren eher entgegenstehen als zu Hilfe
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