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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

[Beginn Spaltensatz]

es Kultur- und Universalreligion stets neu
bleiben kann. Und doch will er nicht etwa
eine Religion heraufführen, die sich ganz los¬
gelöst hat von ihren christlichen Ursprüngen.
Wenn sich Präzis das Wesen des Christentums
nicht feststellen läßt, so ist doch die Tendenz
oder Zielstrebigkeit "des inneren Gehaltes"
erkennbar. Es will Erlösung von Sünde,
Gottesferne und deren Übeln bringen. Es hat
universale Züge (vgl. S. 234 f.) usw. Und
diese Zielstrebigkeit ist maßgebend für die
Weiterentwicklung. Und so hat Beths Buch
auch einen konservativ-religiösen Zug, der es
verhindern soll, etwa eine rein monistische
sogenannte Religion heranzuentwickeln. Das
erste Kapitel mit seinem Rückblick auf bis¬
herige Forschung kann bei der Stoffülle
geradezu von weiterer Lektüre abschrecken.

Eine gesonderte Stellung nimmt unter
den Theologen August Dörner ein, der in
seinem Werk "Die Metaphysik des Christen¬
tums" (Verlag von Spemann, Stuttgart.
Preis 12,60 Mary davon ausgeht, daß die
denkende Vernunft, die uns zu der Annahme
eines Gottes zwingt, das religiöse Glauben
in ein sicheres, gewisses Wissen umwandeln
muß. Ich gebe ihm darin recht, daß, wenn
die Größe Gott wankend geworden ist, die
Religion schließlich zusammenbricht. Es wird
also immer Aufgabe der Theologen bleiben,
den Glauben an Gott apologetisch sicher zu
stellen, und es kann das auch Wohl nur ge¬
schehen, wenn Metaphysik in die Theologie
eingeführt wird, wie es- auch bei Schleier¬
macher war. Aber sein Denken hat etwas
Kaltes und wenig Einleuchtendes, weil es
nicht wie etwa bei Fichte oder Eucken mit
einem Aufschwung des Ich zu der ewigen
Welt verbunden ist, sondern weil es nur von
erkenntnis-theoretischen Erwägungen ausgeht.
Genauer handelt es sich in dem Buch um
das metaphysische Grundverhältnis zwischen
Gott und Mensch, dessen Eigenart darin ge¬
funden wird, daß Gott transzendent und

[Spaltenumbruch]

immanent sein muß. Dies Verhältnis Gottes
wird genauer beschrieben, wie wenn es uns
möglich ist, über ihn zu spekulieren. Und er
kann doch nur geahnt werden als letzte
Größe. Sechshundertvierundsechzig große
Seiten umfaßt das Buch. Nur die Erinnerung
an den ehrwürdigen, gelehrten Verfasser
hat mich gezwungen, mich hindurchzuarbeiten.

Ein herzerfreuendes Buch ist die Luther-
Biographie von Georg Buchwald (2. Aufl.,
Verlag vonTeubner in LeipzigPr. geb. 8Mark,
bzw. 10 Mark), die in zweiter Auslage vor¬
liegt und von allen Seiten bereits viel
empfohlen ist. Dem evangelischen Haus
kann sie als Familienbuch auf das wärmste
angepriesen werden: vorzügliche Bilder, guter
Text, erstaunlich billiger Preis. Wenn in
allen gebildeten Häusern Biographien von
Goethe und Bismarck zu finden sind, so sollte
es doch auch Mode werden, etwas Luther zu
studieren. Daß auch der Forscher von Buch¬
wald lernt, ist selbstverständlich.

Paul Wernlcs Buch "Evangelisches
Christentum in der Gegenwart" (Verlag von
I. C. B. Mohr in Tübingen. Preis 2,60
Mark, geb. 3,50 Mark" enthält drei Vorträge,
die vor gemischtem Publikum gehalten sind
-- so wie alles, was aus Wernles Feder
kommt, frisch und anregend geschrieben, eine
vorzügliche Lektüre für Nichttheologen. Die
Themen sind: "Christentum und Entwicklungs¬
gedanke I Was haben wir heute an der Re¬
formation ? Die Forderungen der Bergpredigt
und ihre Durchführung in der Gegenwart."
Der erste Bortrag sucht, im Sinne von Beth,
Christentum und Kultur zu einen, der zweite
will die religiöse Empfindung Luthers von
der Verdammnis und der Erlösung des
Menschen, die uns fern liegt, wieder ver¬
ständlich machen in seinem ewigen Wert; der
dritte Vortrag ist stilistisch und inhaltlich eine
geradezu glänzende Leistung. Alle Vorträge
sind von starker religiöser Empfindung getragen.

Pfarrer lie. Uieol. Walter Wcndland [Ende Spaltensatz]


Allen Manuskripte" ist Porto hinzuzufügen, da andernfalls bei Ablehnung eine Rücksendung
nicht verbürgt werden kann




Nachdruck sämtlicher Aufsähe "ur mit ausdrücklicher Erlaubnis des Verlags gestatte",
verantwortlich: der Herausgeber Georg Cleinow in Berlin-Schöneberg. -- Manuskriptsendungon und Bricke
werden erbeten unter der Adresse:
A" den Herausgeber der Grcnzbotc" in Berlin-Friedenau, Hedwlgsti . l ".
Fernsprecher der Schristleitung- Amt Uhland WM, des VerlagSi Ami Liitzow WIO,
Verlag: Verlag der Grenzboten G. in b, H in Berlin LV/ II.
Druck: "Der Neichsboie" G. in. b, H. in Berlin SV II, D-ssauer Strafe W/37.
Maßgebliches und Unmaßgebliches

[Beginn Spaltensatz]

es Kultur- und Universalreligion stets neu
bleiben kann. Und doch will er nicht etwa
eine Religion heraufführen, die sich ganz los¬
gelöst hat von ihren christlichen Ursprüngen.
Wenn sich Präzis das Wesen des Christentums
nicht feststellen läßt, so ist doch die Tendenz
oder Zielstrebigkeit „des inneren Gehaltes"
erkennbar. Es will Erlösung von Sünde,
Gottesferne und deren Übeln bringen. Es hat
universale Züge (vgl. S. 234 f.) usw. Und
diese Zielstrebigkeit ist maßgebend für die
Weiterentwicklung. Und so hat Beths Buch
auch einen konservativ-religiösen Zug, der es
verhindern soll, etwa eine rein monistische
sogenannte Religion heranzuentwickeln. Das
erste Kapitel mit seinem Rückblick auf bis¬
herige Forschung kann bei der Stoffülle
geradezu von weiterer Lektüre abschrecken.

Eine gesonderte Stellung nimmt unter
den Theologen August Dörner ein, der in
seinem Werk „Die Metaphysik des Christen¬
tums" (Verlag von Spemann, Stuttgart.
Preis 12,60 Mary davon ausgeht, daß die
denkende Vernunft, die uns zu der Annahme
eines Gottes zwingt, das religiöse Glauben
in ein sicheres, gewisses Wissen umwandeln
muß. Ich gebe ihm darin recht, daß, wenn
die Größe Gott wankend geworden ist, die
Religion schließlich zusammenbricht. Es wird
also immer Aufgabe der Theologen bleiben,
den Glauben an Gott apologetisch sicher zu
stellen, und es kann das auch Wohl nur ge¬
schehen, wenn Metaphysik in die Theologie
eingeführt wird, wie es- auch bei Schleier¬
macher war. Aber sein Denken hat etwas
Kaltes und wenig Einleuchtendes, weil es
nicht wie etwa bei Fichte oder Eucken mit
einem Aufschwung des Ich zu der ewigen
Welt verbunden ist, sondern weil es nur von
erkenntnis-theoretischen Erwägungen ausgeht.
Genauer handelt es sich in dem Buch um
das metaphysische Grundverhältnis zwischen
Gott und Mensch, dessen Eigenart darin ge¬
funden wird, daß Gott transzendent und

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immanent sein muß. Dies Verhältnis Gottes
wird genauer beschrieben, wie wenn es uns
möglich ist, über ihn zu spekulieren. Und er
kann doch nur geahnt werden als letzte
Größe. Sechshundertvierundsechzig große
Seiten umfaßt das Buch. Nur die Erinnerung
an den ehrwürdigen, gelehrten Verfasser
hat mich gezwungen, mich hindurchzuarbeiten.

Ein herzerfreuendes Buch ist die Luther-
Biographie von Georg Buchwald (2. Aufl.,
Verlag vonTeubner in LeipzigPr. geb. 8Mark,
bzw. 10 Mark), die in zweiter Auslage vor¬
liegt und von allen Seiten bereits viel
empfohlen ist. Dem evangelischen Haus
kann sie als Familienbuch auf das wärmste
angepriesen werden: vorzügliche Bilder, guter
Text, erstaunlich billiger Preis. Wenn in
allen gebildeten Häusern Biographien von
Goethe und Bismarck zu finden sind, so sollte
es doch auch Mode werden, etwas Luther zu
studieren. Daß auch der Forscher von Buch¬
wald lernt, ist selbstverständlich.

Paul Wernlcs Buch „Evangelisches
Christentum in der Gegenwart" (Verlag von
I. C. B. Mohr in Tübingen. Preis 2,60
Mark, geb. 3,50 Mark» enthält drei Vorträge,
die vor gemischtem Publikum gehalten sind
— so wie alles, was aus Wernles Feder
kommt, frisch und anregend geschrieben, eine
vorzügliche Lektüre für Nichttheologen. Die
Themen sind: „Christentum und Entwicklungs¬
gedanke I Was haben wir heute an der Re¬
formation ? Die Forderungen der Bergpredigt
und ihre Durchführung in der Gegenwart."
Der erste Bortrag sucht, im Sinne von Beth,
Christentum und Kultur zu einen, der zweite
will die religiöse Empfindung Luthers von
der Verdammnis und der Erlösung des
Menschen, die uns fern liegt, wieder ver¬
ständlich machen in seinem ewigen Wert; der
dritte Vortrag ist stilistisch und inhaltlich eine
geradezu glänzende Leistung. Alle Vorträge
sind von starker religiöser Empfindung getragen.

Pfarrer lie. Uieol. Walter Wcndland [Ende Spaltensatz]


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nicht verbürgt werden kann




Nachdruck sämtlicher Aufsähe »ur mit ausdrücklicher Erlaubnis des Verlags gestatte«,
verantwortlich: der Herausgeber Georg Cleinow in Berlin-Schöneberg. — Manuskriptsendungon und Bricke
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A« den Herausgeber der Grcnzbotc» in Berlin-Friedenau, Hedwlgsti . l ».
Fernsprecher der Schristleitung- Amt Uhland WM, des VerlagSi Ami Liitzow WIO,
Verlag: Verlag der Grenzboten G. in b, H in Berlin LV/ II.
Druck: „Der Neichsboie" G. in. b, H. in Berlin SV II, D-ssauer Strafe W/37.
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[0108] Maßgebliches und Unmaßgebliches es Kultur- und Universalreligion stets neu bleiben kann. Und doch will er nicht etwa eine Religion heraufführen, die sich ganz los¬ gelöst hat von ihren christlichen Ursprüngen. Wenn sich Präzis das Wesen des Christentums nicht feststellen läßt, so ist doch die Tendenz oder Zielstrebigkeit „des inneren Gehaltes" erkennbar. Es will Erlösung von Sünde, Gottesferne und deren Übeln bringen. Es hat universale Züge (vgl. S. 234 f.) usw. Und diese Zielstrebigkeit ist maßgebend für die Weiterentwicklung. Und so hat Beths Buch auch einen konservativ-religiösen Zug, der es verhindern soll, etwa eine rein monistische sogenannte Religion heranzuentwickeln. Das erste Kapitel mit seinem Rückblick auf bis¬ herige Forschung kann bei der Stoffülle geradezu von weiterer Lektüre abschrecken. Eine gesonderte Stellung nimmt unter den Theologen August Dörner ein, der in seinem Werk „Die Metaphysik des Christen¬ tums" (Verlag von Spemann, Stuttgart. Preis 12,60 Mary davon ausgeht, daß die denkende Vernunft, die uns zu der Annahme eines Gottes zwingt, das religiöse Glauben in ein sicheres, gewisses Wissen umwandeln muß. Ich gebe ihm darin recht, daß, wenn die Größe Gott wankend geworden ist, die Religion schließlich zusammenbricht. Es wird also immer Aufgabe der Theologen bleiben, den Glauben an Gott apologetisch sicher zu stellen, und es kann das auch Wohl nur ge¬ schehen, wenn Metaphysik in die Theologie eingeführt wird, wie es- auch bei Schleier¬ macher war. Aber sein Denken hat etwas Kaltes und wenig Einleuchtendes, weil es nicht wie etwa bei Fichte oder Eucken mit einem Aufschwung des Ich zu der ewigen Welt verbunden ist, sondern weil es nur von erkenntnis-theoretischen Erwägungen ausgeht. Genauer handelt es sich in dem Buch um das metaphysische Grundverhältnis zwischen Gott und Mensch, dessen Eigenart darin ge¬ funden wird, daß Gott transzendent und immanent sein muß. Dies Verhältnis Gottes wird genauer beschrieben, wie wenn es uns möglich ist, über ihn zu spekulieren. Und er kann doch nur geahnt werden als letzte Größe. Sechshundertvierundsechzig große Seiten umfaßt das Buch. Nur die Erinnerung an den ehrwürdigen, gelehrten Verfasser hat mich gezwungen, mich hindurchzuarbeiten. Ein herzerfreuendes Buch ist die Luther- Biographie von Georg Buchwald (2. Aufl., Verlag vonTeubner in LeipzigPr. geb. 8Mark, bzw. 10 Mark), die in zweiter Auslage vor¬ liegt und von allen Seiten bereits viel empfohlen ist. Dem evangelischen Haus kann sie als Familienbuch auf das wärmste angepriesen werden: vorzügliche Bilder, guter Text, erstaunlich billiger Preis. Wenn in allen gebildeten Häusern Biographien von Goethe und Bismarck zu finden sind, so sollte es doch auch Mode werden, etwas Luther zu studieren. Daß auch der Forscher von Buch¬ wald lernt, ist selbstverständlich. Paul Wernlcs Buch „Evangelisches Christentum in der Gegenwart" (Verlag von I. C. B. Mohr in Tübingen. Preis 2,60 Mark, geb. 3,50 Mark» enthält drei Vorträge, die vor gemischtem Publikum gehalten sind — so wie alles, was aus Wernles Feder kommt, frisch und anregend geschrieben, eine vorzügliche Lektüre für Nichttheologen. Die Themen sind: „Christentum und Entwicklungs¬ gedanke I Was haben wir heute an der Re¬ formation ? Die Forderungen der Bergpredigt und ihre Durchführung in der Gegenwart." Der erste Bortrag sucht, im Sinne von Beth, Christentum und Kultur zu einen, der zweite will die religiöse Empfindung Luthers von der Verdammnis und der Erlösung des Menschen, die uns fern liegt, wieder ver¬ ständlich machen in seinem ewigen Wert; der dritte Vortrag ist stilistisch und inhaltlich eine geradezu glänzende Leistung. Alle Vorträge sind von starker religiöser Empfindung getragen. Pfarrer lie. Uieol. Walter Wcndland Allen Manuskripte» ist Porto hinzuzufügen, da andernfalls bei Ablehnung eine Rücksendung nicht verbürgt werden kann Nachdruck sämtlicher Aufsähe »ur mit ausdrücklicher Erlaubnis des Verlags gestatte«, verantwortlich: der Herausgeber Georg Cleinow in Berlin-Schöneberg. — Manuskriptsendungon und Bricke werden erbeten unter der Adresse: A« den Herausgeber der Grcnzbotc» in Berlin-Friedenau, Hedwlgsti . l ». Fernsprecher der Schristleitung- Amt Uhland WM, des VerlagSi Ami Liitzow WIO, Verlag: Verlag der Grenzboten G. in b, H in Berlin LV/ II. Druck: „Der Neichsboie" G. in. b, H. in Berlin SV II, D-ssauer Strafe W/37.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323097/108>, abgerufen am 27.09.2024.