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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Viertes Vierteljahr.

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Die deutschen Gewerkschuftsorgcmisationen und der Krieg

laufen, im Einzelfalle als rechtmäßig und gerechtfertigt erscheinen lassen kann.

Gerade wir Deutschen können stolz darauf sein, in wie einwandfreier Weise
von unseren Heeren das Völkerrecht beobachtet worden ist, und wie alle die
Fälle, in denen man uns Vorwürfe zu machen können glaubte, sich bei näherer
Prüfung der Tatbestände in unserem Sinne geklärt haben. Wie sich der aus¬
geprägte Gerechtigkeitssinn, die ruhige Sachlichkeit und der hohe sittliche Stand
unserer Menschlichkeit, von der Heeresleitung bis zum letzten Soldaten,
immer wieder als glänzende Züge unseres Volkscharakters bewiesen haben.
Nicht zum mindesten verdanken wir diesen Ehrentitel dem unverhältnismäßig
hohen Bildungsgrade aller unserer Volksschichten, mit dem sich keine unserer
gegnerischen Nationen messen kann. Dann aber auch der straffen Disziplin im
Heere, die uns niemand nachmacht.

Ein Volk, das auszieht, seine nationale Existenz gegen den Überfall seiner
Feinde zu verteidigen, das für sein und seiner Kinder Recht streitet, dessen
ganze Sache auf Gerechtigkeit gestellt ist, wird auch anderen, selbst seinen Feinden
gegenüber, Recht und Gerechtigkeit achten. Wenn wir Freiheit und Eigentum
als die schutzwürdigste Sphäre der Persönlichkeitsgüter im eigenen Staate
anerkennen, so werden wir dies auch bei unseren Gegnern respektieren, soweit
der Kriegszweck keine rechtlichen Ausnahmen gestattet und befiehlt.

Und wenn der Krieg in diesem Sinne ein Kulturmesser ist, so können wir
uns freuen, daß wir gerade auf diesem Gebiete ebenfalls an der Spitze der
zivilisierten Völker stehen.




Die deutschen Gewerkschaftsorganisationen
und der Arieg
Heinrich Göhring von

icht zuletzt haben in dieser schweren Zeit auch die gewerk¬
schaftlichen Organisationen der Arbeiter gezeigt, daß sie bereit
sind, alles für des Vaterlandes Ehre und Freiheit einzusetzen.
Selbst die sozialdemokratischen oder auch freien Gewerkschaften
haben bewiesen, daß das Wort ihres großen Agitators (auf
dem Essener Parteitage sagte August Bebel bekanntlich, daß er -- wenn das
Vaterland bedroht wäre -- selbst die Flinte auf den Buckel nehmen würde) kein
leerer Wahn ist. Die Aufrufe der Vorstände und Leitungen der gewerkschaft-


Die deutschen Gewerkschuftsorgcmisationen und der Krieg

laufen, im Einzelfalle als rechtmäßig und gerechtfertigt erscheinen lassen kann.

Gerade wir Deutschen können stolz darauf sein, in wie einwandfreier Weise
von unseren Heeren das Völkerrecht beobachtet worden ist, und wie alle die
Fälle, in denen man uns Vorwürfe zu machen können glaubte, sich bei näherer
Prüfung der Tatbestände in unserem Sinne geklärt haben. Wie sich der aus¬
geprägte Gerechtigkeitssinn, die ruhige Sachlichkeit und der hohe sittliche Stand
unserer Menschlichkeit, von der Heeresleitung bis zum letzten Soldaten,
immer wieder als glänzende Züge unseres Volkscharakters bewiesen haben.
Nicht zum mindesten verdanken wir diesen Ehrentitel dem unverhältnismäßig
hohen Bildungsgrade aller unserer Volksschichten, mit dem sich keine unserer
gegnerischen Nationen messen kann. Dann aber auch der straffen Disziplin im
Heere, die uns niemand nachmacht.

Ein Volk, das auszieht, seine nationale Existenz gegen den Überfall seiner
Feinde zu verteidigen, das für sein und seiner Kinder Recht streitet, dessen
ganze Sache auf Gerechtigkeit gestellt ist, wird auch anderen, selbst seinen Feinden
gegenüber, Recht und Gerechtigkeit achten. Wenn wir Freiheit und Eigentum
als die schutzwürdigste Sphäre der Persönlichkeitsgüter im eigenen Staate
anerkennen, so werden wir dies auch bei unseren Gegnern respektieren, soweit
der Kriegszweck keine rechtlichen Ausnahmen gestattet und befiehlt.

Und wenn der Krieg in diesem Sinne ein Kulturmesser ist, so können wir
uns freuen, daß wir gerade auf diesem Gebiete ebenfalls an der Spitze der
zivilisierten Völker stehen.




Die deutschen Gewerkschaftsorganisationen
und der Arieg
Heinrich Göhring von

icht zuletzt haben in dieser schweren Zeit auch die gewerk¬
schaftlichen Organisationen der Arbeiter gezeigt, daß sie bereit
sind, alles für des Vaterlandes Ehre und Freiheit einzusetzen.
Selbst die sozialdemokratischen oder auch freien Gewerkschaften
haben bewiesen, daß das Wort ihres großen Agitators (auf
dem Essener Parteitage sagte August Bebel bekanntlich, daß er — wenn das
Vaterland bedroht wäre — selbst die Flinte auf den Buckel nehmen würde) kein
leerer Wahn ist. Die Aufrufe der Vorstände und Leitungen der gewerkschaft-


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[0384] Die deutschen Gewerkschuftsorgcmisationen und der Krieg laufen, im Einzelfalle als rechtmäßig und gerechtfertigt erscheinen lassen kann. Gerade wir Deutschen können stolz darauf sein, in wie einwandfreier Weise von unseren Heeren das Völkerrecht beobachtet worden ist, und wie alle die Fälle, in denen man uns Vorwürfe zu machen können glaubte, sich bei näherer Prüfung der Tatbestände in unserem Sinne geklärt haben. Wie sich der aus¬ geprägte Gerechtigkeitssinn, die ruhige Sachlichkeit und der hohe sittliche Stand unserer Menschlichkeit, von der Heeresleitung bis zum letzten Soldaten, immer wieder als glänzende Züge unseres Volkscharakters bewiesen haben. Nicht zum mindesten verdanken wir diesen Ehrentitel dem unverhältnismäßig hohen Bildungsgrade aller unserer Volksschichten, mit dem sich keine unserer gegnerischen Nationen messen kann. Dann aber auch der straffen Disziplin im Heere, die uns niemand nachmacht. Ein Volk, das auszieht, seine nationale Existenz gegen den Überfall seiner Feinde zu verteidigen, das für sein und seiner Kinder Recht streitet, dessen ganze Sache auf Gerechtigkeit gestellt ist, wird auch anderen, selbst seinen Feinden gegenüber, Recht und Gerechtigkeit achten. Wenn wir Freiheit und Eigentum als die schutzwürdigste Sphäre der Persönlichkeitsgüter im eigenen Staate anerkennen, so werden wir dies auch bei unseren Gegnern respektieren, soweit der Kriegszweck keine rechtlichen Ausnahmen gestattet und befiehlt. Und wenn der Krieg in diesem Sinne ein Kulturmesser ist, so können wir uns freuen, daß wir gerade auf diesem Gebiete ebenfalls an der Spitze der zivilisierten Völker stehen. Die deutschen Gewerkschaftsorganisationen und der Arieg Heinrich Göhring von icht zuletzt haben in dieser schweren Zeit auch die gewerk¬ schaftlichen Organisationen der Arbeiter gezeigt, daß sie bereit sind, alles für des Vaterlandes Ehre und Freiheit einzusetzen. Selbst die sozialdemokratischen oder auch freien Gewerkschaften haben bewiesen, daß das Wort ihres großen Agitators (auf dem Essener Parteitage sagte August Bebel bekanntlich, daß er — wenn das Vaterland bedroht wäre — selbst die Flinte auf den Buckel nehmen würde) kein leerer Wahn ist. Die Aufrufe der Vorstände und Leitungen der gewerkschaft-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_329227/384>, abgerufen am 04.07.2024.