Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr.Deutschland und Neu-Griechenland Die Bedeutung von Saloniki ist bekannt. Nächst Konstantinopel war Saloniki Auch der neuerworbene Hafen Kawalla mit 25000 Einwohnern ist von Bekanntlich liegt ein großer Teil des Handels im Oriente sowie ein großer Deutschland und Neu-Griechenland Die Bedeutung von Saloniki ist bekannt. Nächst Konstantinopel war Saloniki Auch der neuerworbene Hafen Kawalla mit 25000 Einwohnern ist von Bekanntlich liegt ein großer Teil des Handels im Oriente sowie ein großer <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0074" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/328808"/> <fw type="header" place="top"> Deutschland und Neu-Griechenland</fw><lb/> <p xml:id="ID_227"> Die Bedeutung von Saloniki ist bekannt. Nächst Konstantinopel war Saloniki<lb/> mit etwa 140000 Einwohnern wohl die bedeutendste Handelsstadt des türkischen<lb/> Reichs. Durch radienförmig konvergierende Flußtäler wird Mazedonien von<lb/> Saloniki aus in allen Richtungen zugänglich gemacht. Es ist daher der Mittelpunkt<lb/> eines großen Straßennetzes und Ausgangspunkt der Bahnen nach Monastir,<lb/> Mitrowitza, Branja, Dedeagatsch und Konstantinopel. Schon jetzt ist dort eine<lb/> nicht unbedeutende Industrie (Baumwollspinnereien, Wirkereien, Dampfmühlen,<lb/> Teppichfabriken). Projekte für die Erweiterung der Hafenanlagen werden von<lb/> einem hervorragenden deutschen Techniker, Oberbaudirektor a.D. Professor Kummer,<lb/> bereits bearbeitet. Hierbei wird die Frage der Herstellung eines Freihafen¬<lb/> gebiets, welches für den Verkehr nach Serbien von ausschlaggebender Bedeutung<lb/> und für die Weiterentwicklung von Saloniki selbst eine Lebensfrage ist, zweifellos<lb/> Berücksichtigung finden. Wenn auch Österreich-Ungarn wohl in erster Linie an<lb/> dem Verkehr Salonikis beteiligt war, so war doch auch die Einfuhr von Deutsch¬<lb/> land bisher nicht unbeträchtlich. Daß diese Einfuhr sich erheblich entwickeln<lb/> wird, wenn das fruchtbare Hinterland in geordnete Verhältnisse kommt und<lb/> einem erweiterten Anbau erschlossen wird, liegt auf der Hand.</p><lb/> <p xml:id="ID_228"> Auch der neuerworbene Hafen Kawalla mit 25000 Einwohnern ist von<lb/> großer Bedeutung für das mazedonische Hinterland. An dem Verkehr in<lb/> diesem Hafen war Österreich-Ungarn bisher stark beteiligt. Die Hauptbedeutung<lb/> Kawallas liegt in der Ausfuhr von Tabak, von dem bisher zehn bis<lb/> zwölf Millionen Kilogramm zum Durchschnittspreise von 4,5 Mark für das<lb/> Kilogramm im Hinterkante Kawallas erzeugt wurden. Der größere Teil<lb/> .hiervon wurde über Kawalla, ein Teil auch über Saloniki nach Österreich-<lb/> Ungarn, Italien, Amerika ausgeführt. Auch hier sind alle Bedingungen für<lb/> eine Erhöhung der Produktion vorhanden.</p><lb/> <p xml:id="ID_229" next="#ID_230"> Bekanntlich liegt ein großer Teil des Handels im Oriente sowie ein großer<lb/> Teil der Schiffahrt, besonders die Küstenschiffahrt, schon lange in griechischen<lb/> Händen. Der Grieche ist geborener Kaufmann und von jeher ein ausgezeichneter<lb/> Seemann gewesen. Wenn die Griechen schon unter den früheren ungünstigen<lb/> Verhältnissen so wesentliche Erfolge erzielten, so ist mit Sicherheit anzunehmen,<lb/> daß sie jetzt mit der Vergrößerung des eigenen Gebietes, im Besitz wichtiger<lb/> Handelshafen mit entwicklungsfähigen Hinterkante, die. wie auch die neu er¬<lb/> worbenen Inseln des Ägäischen Meeres (Kreta usw.) dem Handel ausgezeichnete<lb/> Stützpunkte gewähren werden, noch ganz andere Erfolge erringen können.<lb/> Daß aber diese Verhältnisse wiederum auf das sonstige wirtschaftliche Leben und<lb/> das Verkehrsleben des Landes von großem Einfluß sein, daß sie befruchtend und<lb/> belebend auf allen Lebensgebieten des rührigen Landes wirken müssen, ist selbst¬<lb/> verständlich. Neue große Aufgaben — Bahnanlagen, Hafenanlagen, Wegebauten,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0074]
Deutschland und Neu-Griechenland
Die Bedeutung von Saloniki ist bekannt. Nächst Konstantinopel war Saloniki
mit etwa 140000 Einwohnern wohl die bedeutendste Handelsstadt des türkischen
Reichs. Durch radienförmig konvergierende Flußtäler wird Mazedonien von
Saloniki aus in allen Richtungen zugänglich gemacht. Es ist daher der Mittelpunkt
eines großen Straßennetzes und Ausgangspunkt der Bahnen nach Monastir,
Mitrowitza, Branja, Dedeagatsch und Konstantinopel. Schon jetzt ist dort eine
nicht unbedeutende Industrie (Baumwollspinnereien, Wirkereien, Dampfmühlen,
Teppichfabriken). Projekte für die Erweiterung der Hafenanlagen werden von
einem hervorragenden deutschen Techniker, Oberbaudirektor a.D. Professor Kummer,
bereits bearbeitet. Hierbei wird die Frage der Herstellung eines Freihafen¬
gebiets, welches für den Verkehr nach Serbien von ausschlaggebender Bedeutung
und für die Weiterentwicklung von Saloniki selbst eine Lebensfrage ist, zweifellos
Berücksichtigung finden. Wenn auch Österreich-Ungarn wohl in erster Linie an
dem Verkehr Salonikis beteiligt war, so war doch auch die Einfuhr von Deutsch¬
land bisher nicht unbeträchtlich. Daß diese Einfuhr sich erheblich entwickeln
wird, wenn das fruchtbare Hinterland in geordnete Verhältnisse kommt und
einem erweiterten Anbau erschlossen wird, liegt auf der Hand.
Auch der neuerworbene Hafen Kawalla mit 25000 Einwohnern ist von
großer Bedeutung für das mazedonische Hinterland. An dem Verkehr in
diesem Hafen war Österreich-Ungarn bisher stark beteiligt. Die Hauptbedeutung
Kawallas liegt in der Ausfuhr von Tabak, von dem bisher zehn bis
zwölf Millionen Kilogramm zum Durchschnittspreise von 4,5 Mark für das
Kilogramm im Hinterkante Kawallas erzeugt wurden. Der größere Teil
.hiervon wurde über Kawalla, ein Teil auch über Saloniki nach Österreich-
Ungarn, Italien, Amerika ausgeführt. Auch hier sind alle Bedingungen für
eine Erhöhung der Produktion vorhanden.
Bekanntlich liegt ein großer Teil des Handels im Oriente sowie ein großer
Teil der Schiffahrt, besonders die Küstenschiffahrt, schon lange in griechischen
Händen. Der Grieche ist geborener Kaufmann und von jeher ein ausgezeichneter
Seemann gewesen. Wenn die Griechen schon unter den früheren ungünstigen
Verhältnissen so wesentliche Erfolge erzielten, so ist mit Sicherheit anzunehmen,
daß sie jetzt mit der Vergrößerung des eigenen Gebietes, im Besitz wichtiger
Handelshafen mit entwicklungsfähigen Hinterkante, die. wie auch die neu er¬
worbenen Inseln des Ägäischen Meeres (Kreta usw.) dem Handel ausgezeichnete
Stützpunkte gewähren werden, noch ganz andere Erfolge erringen können.
Daß aber diese Verhältnisse wiederum auf das sonstige wirtschaftliche Leben und
das Verkehrsleben des Landes von großem Einfluß sein, daß sie befruchtend und
belebend auf allen Lebensgebieten des rührigen Landes wirken müssen, ist selbst¬
verständlich. Neue große Aufgaben — Bahnanlagen, Hafenanlagen, Wegebauten,
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