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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr.

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können allerdings Güter von Wert sein, aber sie bringen den Wert nicht fix
und fertig, als etwas Inhärentes aus der Produktion mit, sondern sie er"
langen ihn immer erst von außen -- aus den Bedürfnissen und Deckungs¬
verhältnissen der Wirtschaftswelt*)." Das heißt: den Wert, den Verkaufspreis,
bestimmt nicht willkürlich die Produktion, fondern ihn regelt das Gesetz von
Angebot und Nachfrage. Die Produktion diktiert den Verkaufspreis nicht,
sondern sie richtet sich nach ihm.

Das Kapital erzeugt daher keinen Wert, sondern hat einen Wert, einen
Gebrauchswert für die Bedürfnisse und Fähigkeiten des Unternehmers.

Eine weitere Theorie ist von Böhm-Bawerk**) aufgestellt. Sie ist begründet
in dem Satze: Gegenwärtige Güter sind in der Regel mehr wert, als künftige
Güter gleicher Art und Zahl. Die menschliche Natur schätzt den augenblicklichen
Gebrauch höher, als den zukünftigen, den sie gleichsam perspektifisch verkleinert
sieht. Diese Wertdifferenz zwischen gegenwärtigen und zukünftigen Gütern ist
die Quelle des Zinses. Beim Kapitalgewinn ist "das später zu erwartende
Schlußprodukt jetzt weniger wert, als die gleiche Menge und Art der Güter,
die sofort zur Verfügung stehen. Aller Kapitalzins beruht auf dem Wertzuwachs
der Zukunftsgüter, die zu Gegenwartsgütern ausreifen"^)". Oder l^wie Conrads)
diese Theorie umschreibt^ "Kapitalgüter sind regelmäßig als Zukunftsgüter an¬
zusehen, denn erst nach Verwendung in der Produktion, nach Ablauf von Zeit,
liefern sie ein Produkt. Da nun Zukunftsgüter immer geringer eingeschätzt
werden, als gegenwärtige, bleibt auch der Wert der Kapitalgüter hinter dem
Werte des Produktes zurück und es entsteht eine Wertdifferenz, welche der Zins
ausfüllt."

Die Voraussetzung, mit der die Theorie steht und fällt, ist also eine in
der menschlichen Natur begründete verschiedene Schätzung von Gegenwarts- und
Zukunftsgütern.

Conrad (a. a. O.) führt hiergegen an, daß diese Voraussetzung nicht immer
zutrifft, daß z. B. die Aussteuer einer jungen Hausfrau vielfach Vorräte (Wäsche
usw.) für viele Jahre enthält, daß die Bauern auf dem Lande und die Be¬
völkerung in wirtschaftlich wenig entwickelten Ländern häufig große Vorräte auf
lange Zeit ansammeln, statt das Geld für den nicht sogleich nötigen Teil der
Vorräte auf die Sparkasse zu tragen, wo es hätte Zinsen tragen können. Die
Höherschätzung der Gegenwartsgüter findet sich nur bei lebhaft vorwärts¬
strebendem Wirtschaftsbetriebe, damit Zinsverlust vermieden wird. Conrad will
es scheinen, als ob die Theorie Ursache und Wirkung verwechsele: "Nicht weil
wir Gegenwartsgüter höher als Zukunftsgüter schätzen, existiert der Zins, sondern




Röscher, Grundlagen der Nationalökonomie, Z 139,



*) Böhm-Bawerk, Kapital und Kapitalzins.
*") Böhm-Bawerk, a, a. O,
1') Dr. Otto Conrad, Kapitalzins. Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik.
Jahrg. 1903, S. 32S ff.
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können allerdings Güter von Wert sein, aber sie bringen den Wert nicht fix
und fertig, als etwas Inhärentes aus der Produktion mit, sondern sie er»
langen ihn immer erst von außen — aus den Bedürfnissen und Deckungs¬
verhältnissen der Wirtschaftswelt*)." Das heißt: den Wert, den Verkaufspreis,
bestimmt nicht willkürlich die Produktion, fondern ihn regelt das Gesetz von
Angebot und Nachfrage. Die Produktion diktiert den Verkaufspreis nicht,
sondern sie richtet sich nach ihm.

Das Kapital erzeugt daher keinen Wert, sondern hat einen Wert, einen
Gebrauchswert für die Bedürfnisse und Fähigkeiten des Unternehmers.

Eine weitere Theorie ist von Böhm-Bawerk**) aufgestellt. Sie ist begründet
in dem Satze: Gegenwärtige Güter sind in der Regel mehr wert, als künftige
Güter gleicher Art und Zahl. Die menschliche Natur schätzt den augenblicklichen
Gebrauch höher, als den zukünftigen, den sie gleichsam perspektifisch verkleinert
sieht. Diese Wertdifferenz zwischen gegenwärtigen und zukünftigen Gütern ist
die Quelle des Zinses. Beim Kapitalgewinn ist „das später zu erwartende
Schlußprodukt jetzt weniger wert, als die gleiche Menge und Art der Güter,
die sofort zur Verfügung stehen. Aller Kapitalzins beruht auf dem Wertzuwachs
der Zukunftsgüter, die zu Gegenwartsgütern ausreifen"^)". Oder l^wie Conrads)
diese Theorie umschreibt^ „Kapitalgüter sind regelmäßig als Zukunftsgüter an¬
zusehen, denn erst nach Verwendung in der Produktion, nach Ablauf von Zeit,
liefern sie ein Produkt. Da nun Zukunftsgüter immer geringer eingeschätzt
werden, als gegenwärtige, bleibt auch der Wert der Kapitalgüter hinter dem
Werte des Produktes zurück und es entsteht eine Wertdifferenz, welche der Zins
ausfüllt."

Die Voraussetzung, mit der die Theorie steht und fällt, ist also eine in
der menschlichen Natur begründete verschiedene Schätzung von Gegenwarts- und
Zukunftsgütern.

Conrad (a. a. O.) führt hiergegen an, daß diese Voraussetzung nicht immer
zutrifft, daß z. B. die Aussteuer einer jungen Hausfrau vielfach Vorräte (Wäsche
usw.) für viele Jahre enthält, daß die Bauern auf dem Lande und die Be¬
völkerung in wirtschaftlich wenig entwickelten Ländern häufig große Vorräte auf
lange Zeit ansammeln, statt das Geld für den nicht sogleich nötigen Teil der
Vorräte auf die Sparkasse zu tragen, wo es hätte Zinsen tragen können. Die
Höherschätzung der Gegenwartsgüter findet sich nur bei lebhaft vorwärts¬
strebendem Wirtschaftsbetriebe, damit Zinsverlust vermieden wird. Conrad will
es scheinen, als ob die Theorie Ursache und Wirkung verwechsele: „Nicht weil
wir Gegenwartsgüter höher als Zukunftsgüter schätzen, existiert der Zins, sondern




Röscher, Grundlagen der Nationalökonomie, Z 139,



*) Böhm-Bawerk, Kapital und Kapitalzins.
*") Böhm-Bawerk, a, a. O,
1') Dr. Otto Conrad, Kapitalzins. Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_328733/46>, abgerufen am 23.12.2024.