der durch ein mustergültiges Erziehungssystem Deutschlands hochentwickelten und kaum zu überschätzenden Intelligenz dieses Gegners als unzureichend bezeichnet wird. "Der Kampf um die Seeherrschaft ist durchaus nicht bloß ein Wettlauf im Schiffbau und in der Aufwendung großer Geldmittel, er ist vielmehr ein Wettstreit der Intelligenz und Erfindungsgabe. Nicht die Macht, die die zahl¬ reichsten und größten Schiffe hat, wird einen Seekrieg gewinnen, sondern die Macht, die am schnellsten das unmittelbar Zweckmäßigste bedenkt, die über die bedeutendere Geistesgegenwart und Erfindungskraft verfügt. Achtzig Dread- noughts mit blöder Bemannung sind nichts weiter als achtzig Schießscheiben für den rascheren Gegner. Haben wir den geringsten Grund zu vermuten, daß unsere Marine sich in diesen Dingen über dem Durchschnitt der Nationen halten wird? Ist unsere Marine geweckt?" (briZrit) Schon vor einigen Jahren gab ihm Blöriots Flug über den Kanal Anlaß zu der Besorgnis, wie weit England auf dem Gebiete der Erfindungen und der mechanischen Hilfsmittel zurück" geblieben sein müsse. "Ich werde wieder an die Zeiten des Burenkrieges erinnert, wo es unserer abenteuernden Armee nie eingefallen war, daß man Stacheldraht militärisch nutzbar machen oder einen Schutzgraben gegen Schrapnells ziehen könne. Wenn wir nun in der Nordsee eine ähnliche Über¬ raschung erlebten und eines schönen Tages einen halb ertrunkenen Admiral herausfischten, der sich mit vielen Worten darüber beklagte, auf was fiir eine verflucht schlaue und beinahe schon nicht mehr gentlemanmäßige Art ihn der Feind überrumpelt habe?"
"Wir stehen an der Schwelle einer Periode, wo die Erfindung von Kriegs¬ methoden und -materalien voraussichtlich viel rascher und mannigfaltiger erfolgen wird, als jemals vorher, und die Frage, was wir hinter dem Prachtwall unserer Dreadnoughts getan haben, um den Anforderungen dieser neuen Phase gerecht zu werden, ist von der allergrößten Bedeutung. . . . Sie lautet nicht länger: ,Wie können wir mehr Dreadnoughts bekommen?' sondern: ,Was haben wir, was wir den Dreadnoughts folgen lassen können?' Denn der Macht, die die treffendste Lösung dieser Rätselfrage gefunden hat, gehört die künftige Herrschaft über die Meere. ..."
Besonders ist es Englands Rückständigkeit auf dem Gebiete der Flugtechnik, die des Kritikers ernste Besorgnis erregt. "So lange nur das lenkbare Luftschiff in Betracht zu ziehen war, schien die Erörterung eines Lustkrieges müßig. Ein Zeppelin ist kaum für andere als Rekognoszierungszwecke brauchbar. (?) Er hat im Verhältnis zu seiner ungeheuren Größe nur geringe Tragkraft und kann, was noch wichtiger ist, nichts fallen lassen, ohne wie ein Blase im Selterwasser in die Luft zu fliegen (vgl. Lüttich!). Eine gegen unser Inselreich entsandte Armada lenkbarer Luftschiffs würde versprengt und ihres Gases beraubt wohl hauptsächlich in den Meeren zwischen den Orkneys und der norwegischen Küste enden. Aeroplane aber können das schnellste, vor dem Winde fahrende Luft¬ schiff umfliegen; sie können Lasten fallen lassen, Lasten ausnehmen und alle
Englands Dichter und der Krieg
der durch ein mustergültiges Erziehungssystem Deutschlands hochentwickelten und kaum zu überschätzenden Intelligenz dieses Gegners als unzureichend bezeichnet wird. „Der Kampf um die Seeherrschaft ist durchaus nicht bloß ein Wettlauf im Schiffbau und in der Aufwendung großer Geldmittel, er ist vielmehr ein Wettstreit der Intelligenz und Erfindungsgabe. Nicht die Macht, die die zahl¬ reichsten und größten Schiffe hat, wird einen Seekrieg gewinnen, sondern die Macht, die am schnellsten das unmittelbar Zweckmäßigste bedenkt, die über die bedeutendere Geistesgegenwart und Erfindungskraft verfügt. Achtzig Dread- noughts mit blöder Bemannung sind nichts weiter als achtzig Schießscheiben für den rascheren Gegner. Haben wir den geringsten Grund zu vermuten, daß unsere Marine sich in diesen Dingen über dem Durchschnitt der Nationen halten wird? Ist unsere Marine geweckt?" (briZrit) Schon vor einigen Jahren gab ihm Blöriots Flug über den Kanal Anlaß zu der Besorgnis, wie weit England auf dem Gebiete der Erfindungen und der mechanischen Hilfsmittel zurück» geblieben sein müsse. „Ich werde wieder an die Zeiten des Burenkrieges erinnert, wo es unserer abenteuernden Armee nie eingefallen war, daß man Stacheldraht militärisch nutzbar machen oder einen Schutzgraben gegen Schrapnells ziehen könne. Wenn wir nun in der Nordsee eine ähnliche Über¬ raschung erlebten und eines schönen Tages einen halb ertrunkenen Admiral herausfischten, der sich mit vielen Worten darüber beklagte, auf was fiir eine verflucht schlaue und beinahe schon nicht mehr gentlemanmäßige Art ihn der Feind überrumpelt habe?"
„Wir stehen an der Schwelle einer Periode, wo die Erfindung von Kriegs¬ methoden und -materalien voraussichtlich viel rascher und mannigfaltiger erfolgen wird, als jemals vorher, und die Frage, was wir hinter dem Prachtwall unserer Dreadnoughts getan haben, um den Anforderungen dieser neuen Phase gerecht zu werden, ist von der allergrößten Bedeutung. . . . Sie lautet nicht länger: ,Wie können wir mehr Dreadnoughts bekommen?' sondern: ,Was haben wir, was wir den Dreadnoughts folgen lassen können?' Denn der Macht, die die treffendste Lösung dieser Rätselfrage gefunden hat, gehört die künftige Herrschaft über die Meere. ..."
Besonders ist es Englands Rückständigkeit auf dem Gebiete der Flugtechnik, die des Kritikers ernste Besorgnis erregt. „So lange nur das lenkbare Luftschiff in Betracht zu ziehen war, schien die Erörterung eines Lustkrieges müßig. Ein Zeppelin ist kaum für andere als Rekognoszierungszwecke brauchbar. (?) Er hat im Verhältnis zu seiner ungeheuren Größe nur geringe Tragkraft und kann, was noch wichtiger ist, nichts fallen lassen, ohne wie ein Blase im Selterwasser in die Luft zu fliegen (vgl. Lüttich!). Eine gegen unser Inselreich entsandte Armada lenkbarer Luftschiffs würde versprengt und ihres Gases beraubt wohl hauptsächlich in den Meeren zwischen den Orkneys und der norwegischen Küste enden. Aeroplane aber können das schnellste, vor dem Winde fahrende Luft¬ schiff umfliegen; sie können Lasten fallen lassen, Lasten ausnehmen und alle
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Englands Dichter und der Krieg
der durch ein mustergültiges Erziehungssystem Deutschlands hochentwickelten und
kaum zu überschätzenden Intelligenz dieses Gegners als unzureichend bezeichnet
wird. „Der Kampf um die Seeherrschaft ist durchaus nicht bloß ein Wettlauf
im Schiffbau und in der Aufwendung großer Geldmittel, er ist vielmehr ein
Wettstreit der Intelligenz und Erfindungsgabe. Nicht die Macht, die die zahl¬
reichsten und größten Schiffe hat, wird einen Seekrieg gewinnen, sondern die
Macht, die am schnellsten das unmittelbar Zweckmäßigste bedenkt, die über die
bedeutendere Geistesgegenwart und Erfindungskraft verfügt. Achtzig Dread-
noughts mit blöder Bemannung sind nichts weiter als achtzig Schießscheiben
für den rascheren Gegner. Haben wir den geringsten Grund zu vermuten,
daß unsere Marine sich in diesen Dingen über dem Durchschnitt der Nationen
halten wird? Ist unsere Marine geweckt?" (briZrit) Schon vor einigen Jahren gab
ihm Blöriots Flug über den Kanal Anlaß zu der Besorgnis, wie weit England
auf dem Gebiete der Erfindungen und der mechanischen Hilfsmittel zurück»
geblieben sein müsse. „Ich werde wieder an die Zeiten des Burenkrieges
erinnert, wo es unserer abenteuernden Armee nie eingefallen war, daß man
Stacheldraht militärisch nutzbar machen oder einen Schutzgraben gegen
Schrapnells ziehen könne. Wenn wir nun in der Nordsee eine ähnliche Über¬
raschung erlebten und eines schönen Tages einen halb ertrunkenen Admiral
herausfischten, der sich mit vielen Worten darüber beklagte, auf was fiir eine
verflucht schlaue und beinahe schon nicht mehr gentlemanmäßige Art ihn der
Feind überrumpelt habe?"
„Wir stehen an der Schwelle einer Periode, wo die Erfindung von Kriegs¬
methoden und -materalien voraussichtlich viel rascher und mannigfaltiger erfolgen
wird, als jemals vorher, und die Frage, was wir hinter dem Prachtwall
unserer Dreadnoughts getan haben, um den Anforderungen dieser neuen Phase
gerecht zu werden, ist von der allergrößten Bedeutung. . . . Sie lautet nicht
länger: ,Wie können wir mehr Dreadnoughts bekommen?' sondern: ,Was haben
wir, was wir den Dreadnoughts folgen lassen können?' Denn der Macht,
die die treffendste Lösung dieser Rätselfrage gefunden hat, gehört die künftige
Herrschaft über die Meere. ..."
Besonders ist es Englands Rückständigkeit auf dem Gebiete der Flugtechnik,
die des Kritikers ernste Besorgnis erregt. „So lange nur das lenkbare Luftschiff
in Betracht zu ziehen war, schien die Erörterung eines Lustkrieges müßig. Ein
Zeppelin ist kaum für andere als Rekognoszierungszwecke brauchbar. (?) Er
hat im Verhältnis zu seiner ungeheuren Größe nur geringe Tragkraft und kann,
was noch wichtiger ist, nichts fallen lassen, ohne wie ein Blase im Selterwasser
in die Luft zu fliegen (vgl. Lüttich!). Eine gegen unser Inselreich entsandte
Armada lenkbarer Luftschiffs würde versprengt und ihres Gases beraubt wohl
hauptsächlich in den Meeren zwischen den Orkneys und der norwegischen Küste
enden. Aeroplane aber können das schnellste, vor dem Winde fahrende Luft¬
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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_328733/383>, abgerufen am 04.01.2025.
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