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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr.

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Die Ausstellung des Deutschen tverkbnndes in Köln

technischen Behandlung. Besonders erfreulich ist es zu sehen, daß auch in dem
weiblichen Handarbeitsunterricht der Schulen heute schon ein Streben nach ge¬
schmackvoller Belebung auch einfacher Nutzgegenstände sich durchzusetzen beginnt.

Neben dem Bremen-Oldenburger Haus steht ein stattliches Etagenhaus,
dem vor allem auf der Rheinseite ein großer halbrunder, von Säulen getragener
Balkon das Gepräge wohlhabender Vornehmheit gibt. Der rote Ziegelbau
leitet von dem Gebiet der Ausstellungshallen hinüber zu einer größeren Gruppe
von Wohnhäusern im eigentlichen Sinne, die sich zu einem niederrheinischen
Dorf zusammenschließen. Ist sonst überall der Charakter der Vergänglichkeit
der einzelnen Gebäude auch in ihrer äußeren Erscheinung ehrlich eingestanden,
so sind hier die schmucken Bauern- und Arbeiterhäuschen durchweg aus Back¬
steinen aufgeführt. Das Dorf will also nicht etwa, wie man das anderwärts
auf Ausstellungen zu finden gewohnt ist, etliche Wirtshäuser durch eine Nach¬
ahmung ländlicher Bauformen einladend herausputzen, sondern es möchte im
ganzen wie im einzelnen Vorbilder schaffen für eine lebendige Ausgestaltung
dörflicher Ansiedlungen im Industriegebiet. Von Georg Metzendorf, dem Schöpfer
der Margarethenhöhe bei Essen, stammt der Entwurf der Gesamtanlage: zwei
parallellaufende Straßen mit einfachen Häusern, die gar anmutig in freundlichen
Blumengärten stehen, führen auf den Dorfplatz, an dem außer einer Jugend-
Halle die Kirche ihre Stätte gefunden hat, ein schlicht klarer, seiner Umgebung
harmonisch sich einfügender Bau; gegenüber schließt das Dorfwirtshaus mit
seiner breit behäbigen Schauseite und seinem kräftig gegliederten Dach das Aus¬
stellungsgelände nach Norden ab. Ein besonders reizvolles Bauwerk ist Metzen¬
dorf in seiner Dorfschmiede gelungen. Von den übrigen Häusern war ein jedes
einem anderen Architekten anvertraut, und so fügen sie sich als persönlich be¬
lebte Einzelleistungen in den einheitlichen Gesamtrahmen. Für eine, für zwei,
für drei Familien sind da unter einem Dache Wohnmöglichkeiten geschaffen: die
Zimmer erscheinen in der Grundfläche und der Höhe freilich oft gar knapp
bemessen, aber die meisten erwecken schon durch die Raumform eine behagliche
Stimmung, und der Hausrat in seiner einfachen Gediegenheit, die frischkräftigen
Farben der Wände, die duftigen Vorhänge schaffen miteinander den herz¬
gewinnenden Eindruck einer mit liebevollem Sinn bereiteten Wohnlichkeit. Auch
die Innenräume des Wirtshauses zum Tanzdrickes. samt seinem Tanzzelt und
der Kegelbahn, des Weinhauses und des alkoholfreien Gasthauses zeigen in
ihrer Gesamtgestaltung und in ihrer buntfarbigen Ausmalung Lösungen von
lebendigem Reiz.

Es hat seinen guten Grund und Sinn, daß der Werkbund die Ausstattung
des Wohnhauses in der ganzen Vielgestaltigkeit ihres Schaffens sich entfalten
läßt; doch daneben hat die Ausstellung auch die künstlerische Gestaltung öffentlicher
Räume in den Bereich ihrer Aufgaben einbezogen. So zeigen drei besondere
Ausbauten der Haupthalle einen evangelischen, einen katholischen und einen
israelitischen Kultusraum, bieten Lösungen, die ohne die bequeme Wiederholung


Die Ausstellung des Deutschen tverkbnndes in Köln

technischen Behandlung. Besonders erfreulich ist es zu sehen, daß auch in dem
weiblichen Handarbeitsunterricht der Schulen heute schon ein Streben nach ge¬
schmackvoller Belebung auch einfacher Nutzgegenstände sich durchzusetzen beginnt.

Neben dem Bremen-Oldenburger Haus steht ein stattliches Etagenhaus,
dem vor allem auf der Rheinseite ein großer halbrunder, von Säulen getragener
Balkon das Gepräge wohlhabender Vornehmheit gibt. Der rote Ziegelbau
leitet von dem Gebiet der Ausstellungshallen hinüber zu einer größeren Gruppe
von Wohnhäusern im eigentlichen Sinne, die sich zu einem niederrheinischen
Dorf zusammenschließen. Ist sonst überall der Charakter der Vergänglichkeit
der einzelnen Gebäude auch in ihrer äußeren Erscheinung ehrlich eingestanden,
so sind hier die schmucken Bauern- und Arbeiterhäuschen durchweg aus Back¬
steinen aufgeführt. Das Dorf will also nicht etwa, wie man das anderwärts
auf Ausstellungen zu finden gewohnt ist, etliche Wirtshäuser durch eine Nach¬
ahmung ländlicher Bauformen einladend herausputzen, sondern es möchte im
ganzen wie im einzelnen Vorbilder schaffen für eine lebendige Ausgestaltung
dörflicher Ansiedlungen im Industriegebiet. Von Georg Metzendorf, dem Schöpfer
der Margarethenhöhe bei Essen, stammt der Entwurf der Gesamtanlage: zwei
parallellaufende Straßen mit einfachen Häusern, die gar anmutig in freundlichen
Blumengärten stehen, führen auf den Dorfplatz, an dem außer einer Jugend-
Halle die Kirche ihre Stätte gefunden hat, ein schlicht klarer, seiner Umgebung
harmonisch sich einfügender Bau; gegenüber schließt das Dorfwirtshaus mit
seiner breit behäbigen Schauseite und seinem kräftig gegliederten Dach das Aus¬
stellungsgelände nach Norden ab. Ein besonders reizvolles Bauwerk ist Metzen¬
dorf in seiner Dorfschmiede gelungen. Von den übrigen Häusern war ein jedes
einem anderen Architekten anvertraut, und so fügen sie sich als persönlich be¬
lebte Einzelleistungen in den einheitlichen Gesamtrahmen. Für eine, für zwei,
für drei Familien sind da unter einem Dache Wohnmöglichkeiten geschaffen: die
Zimmer erscheinen in der Grundfläche und der Höhe freilich oft gar knapp
bemessen, aber die meisten erwecken schon durch die Raumform eine behagliche
Stimmung, und der Hausrat in seiner einfachen Gediegenheit, die frischkräftigen
Farben der Wände, die duftigen Vorhänge schaffen miteinander den herz¬
gewinnenden Eindruck einer mit liebevollem Sinn bereiteten Wohnlichkeit. Auch
die Innenräume des Wirtshauses zum Tanzdrickes. samt seinem Tanzzelt und
der Kegelbahn, des Weinhauses und des alkoholfreien Gasthauses zeigen in
ihrer Gesamtgestaltung und in ihrer buntfarbigen Ausmalung Lösungen von
lebendigem Reiz.

Es hat seinen guten Grund und Sinn, daß der Werkbund die Ausstattung
des Wohnhauses in der ganzen Vielgestaltigkeit ihres Schaffens sich entfalten
läßt; doch daneben hat die Ausstellung auch die künstlerische Gestaltung öffentlicher
Räume in den Bereich ihrer Aufgaben einbezogen. So zeigen drei besondere
Ausbauten der Haupthalle einen evangelischen, einen katholischen und einen
israelitischen Kultusraum, bieten Lösungen, die ohne die bequeme Wiederholung


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[0228] Die Ausstellung des Deutschen tverkbnndes in Köln technischen Behandlung. Besonders erfreulich ist es zu sehen, daß auch in dem weiblichen Handarbeitsunterricht der Schulen heute schon ein Streben nach ge¬ schmackvoller Belebung auch einfacher Nutzgegenstände sich durchzusetzen beginnt. Neben dem Bremen-Oldenburger Haus steht ein stattliches Etagenhaus, dem vor allem auf der Rheinseite ein großer halbrunder, von Säulen getragener Balkon das Gepräge wohlhabender Vornehmheit gibt. Der rote Ziegelbau leitet von dem Gebiet der Ausstellungshallen hinüber zu einer größeren Gruppe von Wohnhäusern im eigentlichen Sinne, die sich zu einem niederrheinischen Dorf zusammenschließen. Ist sonst überall der Charakter der Vergänglichkeit der einzelnen Gebäude auch in ihrer äußeren Erscheinung ehrlich eingestanden, so sind hier die schmucken Bauern- und Arbeiterhäuschen durchweg aus Back¬ steinen aufgeführt. Das Dorf will also nicht etwa, wie man das anderwärts auf Ausstellungen zu finden gewohnt ist, etliche Wirtshäuser durch eine Nach¬ ahmung ländlicher Bauformen einladend herausputzen, sondern es möchte im ganzen wie im einzelnen Vorbilder schaffen für eine lebendige Ausgestaltung dörflicher Ansiedlungen im Industriegebiet. Von Georg Metzendorf, dem Schöpfer der Margarethenhöhe bei Essen, stammt der Entwurf der Gesamtanlage: zwei parallellaufende Straßen mit einfachen Häusern, die gar anmutig in freundlichen Blumengärten stehen, führen auf den Dorfplatz, an dem außer einer Jugend- Halle die Kirche ihre Stätte gefunden hat, ein schlicht klarer, seiner Umgebung harmonisch sich einfügender Bau; gegenüber schließt das Dorfwirtshaus mit seiner breit behäbigen Schauseite und seinem kräftig gegliederten Dach das Aus¬ stellungsgelände nach Norden ab. Ein besonders reizvolles Bauwerk ist Metzen¬ dorf in seiner Dorfschmiede gelungen. Von den übrigen Häusern war ein jedes einem anderen Architekten anvertraut, und so fügen sie sich als persönlich be¬ lebte Einzelleistungen in den einheitlichen Gesamtrahmen. Für eine, für zwei, für drei Familien sind da unter einem Dache Wohnmöglichkeiten geschaffen: die Zimmer erscheinen in der Grundfläche und der Höhe freilich oft gar knapp bemessen, aber die meisten erwecken schon durch die Raumform eine behagliche Stimmung, und der Hausrat in seiner einfachen Gediegenheit, die frischkräftigen Farben der Wände, die duftigen Vorhänge schaffen miteinander den herz¬ gewinnenden Eindruck einer mit liebevollem Sinn bereiteten Wohnlichkeit. Auch die Innenräume des Wirtshauses zum Tanzdrickes. samt seinem Tanzzelt und der Kegelbahn, des Weinhauses und des alkoholfreien Gasthauses zeigen in ihrer Gesamtgestaltung und in ihrer buntfarbigen Ausmalung Lösungen von lebendigem Reiz. Es hat seinen guten Grund und Sinn, daß der Werkbund die Ausstattung des Wohnhauses in der ganzen Vielgestaltigkeit ihres Schaffens sich entfalten läßt; doch daneben hat die Ausstellung auch die künstlerische Gestaltung öffentlicher Räume in den Bereich ihrer Aufgaben einbezogen. So zeigen drei besondere Ausbauten der Haupthalle einen evangelischen, einen katholischen und einen israelitischen Kultusraum, bieten Lösungen, die ohne die bequeme Wiederholung

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_328733/228>, abgerufen am 28.07.2024.