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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr.

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Die Ausstellung des Deutschen lvcrklmndes in Köln

redenden waltet hier überall, aber die Wirkung wird durchweg nur mit den
Mitteln edelsten Materials und sinnvoll klarer, selbständiger Formenentwicklung
erreicht.

Die Raumkunstabteilungen der Haupthalle werden nun aber aufs reichste
ergänzt durch das. was die Innenräume der übrigen Ausstellungsgebäude
bieten. Das Sächsische Haus, das, ihr benachbart, sich an die Böschung des
alten Festungswalles anlehnt, enthält in seinem Mittelbau drei auf stattliche
Pracht oder feierliche Würde gestimmte Räume der Hauptstädte des Landes:
Dresden, Leipzig, Chemnitz. Erzeugnisse des Gewerbes und der Industrie, die
technische Vollkommenheit mit künstlerischer Form vereinigt zeigen, sind darin
sparsam verteilt und ordnen sich dem Raumganzen wirkungsvoll ein.

Wohnräume in größerer Zahl umschließt das Kölner Haus, das als Ganzes die
Aufgabe zu erfüllen hat, die Leistungsfähigkeit des am Ausstellungsort selbst ein¬
heimischen Kunstgewerbes zu erweisen: in den Einrichtungen überwiegt schließlich doch
das massiv schwerfällige über die vornehme Gediegenheit, die da und dort sympathisch
hervortritt. Einem Bedürfnis nach Wohlhabenheit der äußeren Erscheinung suchen
hier meist die allgemeinen Formen eines weltfähigen Luxus zu genügen. Dem¬
gegenüber zeigt das Innere des Bremen-Oldenburger Hauses, das sich weiter
stromab mit seinem tief heruntergezogenen Schieferdach so breit behaglich am
Rheinufer hinzieht, eine stattliche Folge teils vornehmer, teils traulich einfacher
Wohngemächer, in denen die vollendete Verarbeitung des Materials und die
Feinheit des Farbengeschmacks der Gesamterscheinung der Räume eine ganz
persönliche Intimität verleiht. Künstlerisches Formgefühl hat hier einer hohen
bürgerlichen Kultur des Wohnens und Lebens einen in allem Reichtum doch
gehaltenen, harmonischen Ausdruck geschaffen.

Ein seltsam fremdartiges Antlitz weist in seiner äußeren Erscheinung das
Österreichische Haus von Josef Hoffmann: kannellierte, aber sonst ganz ungegliederte,
kerzengerade Master bilden im Wechsel mit schmalen, hohen Putzwänden oder
Fensterflächen mehr eine Umhüllung der Innenräume als eine tragende Wand
von selbständiger Leistung und Bedeutung. Darüber aber sind über den beiden
Längsflügeln des Gebäudes zunächst drei glatte Frieswände stufenartig über¬
einander geordnet: sie sind dazu ausgenutzt, Dichter- und Denkerweisheit über
Kunst und Künstlerschaffen in aufgesetzten Kapitalbuchstaben zu verkünden. In
unprofilierten, kahlen Dreieckgiebeln finden die Hallen ihren Abschluß uach oben.
Zwischen ihnen bleibt ein rechteckiger Hof frei, zu dem an der Vorderseite des
Gebäudes die Master nur enge Durchlässe gewähren. Drinnen ist zwischen
hohen, kahlen Wänden in den rotbraunen Ziegelboden ein Wasserbecken ein¬
gelassen, und von schwarzer Säule spritzt eine vergoldete Hydra aus all ihren
abgeschnittenen Hälsen dünne Strahlen herab. Wer sich durch die graue Un¬
freundlichkeit und rätselhafte Starrheit des Baues nicht abschrecken läßt, dem
öffnen sich im Innern Räume von märchenhafter Buntheit und Fülle: der
Empfangsraum ist in den Stoffen, die die Wand und Oberlichtverkleidmig


Die Ausstellung des Deutschen lvcrklmndes in Köln

redenden waltet hier überall, aber die Wirkung wird durchweg nur mit den
Mitteln edelsten Materials und sinnvoll klarer, selbständiger Formenentwicklung
erreicht.

Die Raumkunstabteilungen der Haupthalle werden nun aber aufs reichste
ergänzt durch das. was die Innenräume der übrigen Ausstellungsgebäude
bieten. Das Sächsische Haus, das, ihr benachbart, sich an die Böschung des
alten Festungswalles anlehnt, enthält in seinem Mittelbau drei auf stattliche
Pracht oder feierliche Würde gestimmte Räume der Hauptstädte des Landes:
Dresden, Leipzig, Chemnitz. Erzeugnisse des Gewerbes und der Industrie, die
technische Vollkommenheit mit künstlerischer Form vereinigt zeigen, sind darin
sparsam verteilt und ordnen sich dem Raumganzen wirkungsvoll ein.

Wohnräume in größerer Zahl umschließt das Kölner Haus, das als Ganzes die
Aufgabe zu erfüllen hat, die Leistungsfähigkeit des am Ausstellungsort selbst ein¬
heimischen Kunstgewerbes zu erweisen: in den Einrichtungen überwiegt schließlich doch
das massiv schwerfällige über die vornehme Gediegenheit, die da und dort sympathisch
hervortritt. Einem Bedürfnis nach Wohlhabenheit der äußeren Erscheinung suchen
hier meist die allgemeinen Formen eines weltfähigen Luxus zu genügen. Dem¬
gegenüber zeigt das Innere des Bremen-Oldenburger Hauses, das sich weiter
stromab mit seinem tief heruntergezogenen Schieferdach so breit behaglich am
Rheinufer hinzieht, eine stattliche Folge teils vornehmer, teils traulich einfacher
Wohngemächer, in denen die vollendete Verarbeitung des Materials und die
Feinheit des Farbengeschmacks der Gesamterscheinung der Räume eine ganz
persönliche Intimität verleiht. Künstlerisches Formgefühl hat hier einer hohen
bürgerlichen Kultur des Wohnens und Lebens einen in allem Reichtum doch
gehaltenen, harmonischen Ausdruck geschaffen.

Ein seltsam fremdartiges Antlitz weist in seiner äußeren Erscheinung das
Österreichische Haus von Josef Hoffmann: kannellierte, aber sonst ganz ungegliederte,
kerzengerade Master bilden im Wechsel mit schmalen, hohen Putzwänden oder
Fensterflächen mehr eine Umhüllung der Innenräume als eine tragende Wand
von selbständiger Leistung und Bedeutung. Darüber aber sind über den beiden
Längsflügeln des Gebäudes zunächst drei glatte Frieswände stufenartig über¬
einander geordnet: sie sind dazu ausgenutzt, Dichter- und Denkerweisheit über
Kunst und Künstlerschaffen in aufgesetzten Kapitalbuchstaben zu verkünden. In
unprofilierten, kahlen Dreieckgiebeln finden die Hallen ihren Abschluß uach oben.
Zwischen ihnen bleibt ein rechteckiger Hof frei, zu dem an der Vorderseite des
Gebäudes die Master nur enge Durchlässe gewähren. Drinnen ist zwischen
hohen, kahlen Wänden in den rotbraunen Ziegelboden ein Wasserbecken ein¬
gelassen, und von schwarzer Säule spritzt eine vergoldete Hydra aus all ihren
abgeschnittenen Hälsen dünne Strahlen herab. Wer sich durch die graue Un¬
freundlichkeit und rätselhafte Starrheit des Baues nicht abschrecken läßt, dem
öffnen sich im Innern Räume von märchenhafter Buntheit und Fülle: der
Empfangsraum ist in den Stoffen, die die Wand und Oberlichtverkleidmig


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[0226] Die Ausstellung des Deutschen lvcrklmndes in Köln redenden waltet hier überall, aber die Wirkung wird durchweg nur mit den Mitteln edelsten Materials und sinnvoll klarer, selbständiger Formenentwicklung erreicht. Die Raumkunstabteilungen der Haupthalle werden nun aber aufs reichste ergänzt durch das. was die Innenräume der übrigen Ausstellungsgebäude bieten. Das Sächsische Haus, das, ihr benachbart, sich an die Böschung des alten Festungswalles anlehnt, enthält in seinem Mittelbau drei auf stattliche Pracht oder feierliche Würde gestimmte Räume der Hauptstädte des Landes: Dresden, Leipzig, Chemnitz. Erzeugnisse des Gewerbes und der Industrie, die technische Vollkommenheit mit künstlerischer Form vereinigt zeigen, sind darin sparsam verteilt und ordnen sich dem Raumganzen wirkungsvoll ein. Wohnräume in größerer Zahl umschließt das Kölner Haus, das als Ganzes die Aufgabe zu erfüllen hat, die Leistungsfähigkeit des am Ausstellungsort selbst ein¬ heimischen Kunstgewerbes zu erweisen: in den Einrichtungen überwiegt schließlich doch das massiv schwerfällige über die vornehme Gediegenheit, die da und dort sympathisch hervortritt. Einem Bedürfnis nach Wohlhabenheit der äußeren Erscheinung suchen hier meist die allgemeinen Formen eines weltfähigen Luxus zu genügen. Dem¬ gegenüber zeigt das Innere des Bremen-Oldenburger Hauses, das sich weiter stromab mit seinem tief heruntergezogenen Schieferdach so breit behaglich am Rheinufer hinzieht, eine stattliche Folge teils vornehmer, teils traulich einfacher Wohngemächer, in denen die vollendete Verarbeitung des Materials und die Feinheit des Farbengeschmacks der Gesamterscheinung der Räume eine ganz persönliche Intimität verleiht. Künstlerisches Formgefühl hat hier einer hohen bürgerlichen Kultur des Wohnens und Lebens einen in allem Reichtum doch gehaltenen, harmonischen Ausdruck geschaffen. Ein seltsam fremdartiges Antlitz weist in seiner äußeren Erscheinung das Österreichische Haus von Josef Hoffmann: kannellierte, aber sonst ganz ungegliederte, kerzengerade Master bilden im Wechsel mit schmalen, hohen Putzwänden oder Fensterflächen mehr eine Umhüllung der Innenräume als eine tragende Wand von selbständiger Leistung und Bedeutung. Darüber aber sind über den beiden Längsflügeln des Gebäudes zunächst drei glatte Frieswände stufenartig über¬ einander geordnet: sie sind dazu ausgenutzt, Dichter- und Denkerweisheit über Kunst und Künstlerschaffen in aufgesetzten Kapitalbuchstaben zu verkünden. In unprofilierten, kahlen Dreieckgiebeln finden die Hallen ihren Abschluß uach oben. Zwischen ihnen bleibt ein rechteckiger Hof frei, zu dem an der Vorderseite des Gebäudes die Master nur enge Durchlässe gewähren. Drinnen ist zwischen hohen, kahlen Wänden in den rotbraunen Ziegelboden ein Wasserbecken ein¬ gelassen, und von schwarzer Säule spritzt eine vergoldete Hydra aus all ihren abgeschnittenen Hälsen dünne Strahlen herab. Wer sich durch die graue Un¬ freundlichkeit und rätselhafte Starrheit des Baues nicht abschrecken läßt, dem öffnen sich im Innern Räume von märchenhafter Buntheit und Fülle: der Empfangsraum ist in den Stoffen, die die Wand und Oberlichtverkleidmig

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_328733/226>, abgerufen am 23.12.2024.