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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr.

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Die Dominien des Pazifik mit die britische Rcichsverteidigung

Verkehrsbedürfnissen entsprechend ausgebaut worden. Eine Vereinigung der an
und für sich schwachen Streitkräfte an dem am meisten bedrohten Punkt der
Küste ist daher in kurzer Zeit nicht möglich, so daß ein landender Gegner die
einzelnen Gruppen des schwachen Heeres nacheinander zu schlagen vermag.

Am meisten hemmend für eine gedeihliche Entwicklung der Verteidigungs¬
emrichtungen des Commonwealth sind die schon erwähnten finanziellen
Schwierigkeiten, denn die Verschuldung sämtlicher Staaten erreicht die außer¬
ordentliche Höhe von 4500 Millionen Mark oder 1180 Mark auf den Kopf
der Bevölkerung.

Auf diesem schwachen Fundament ist nun das australische Landheer auf¬
gebaut worden.

Auf der Reichsverteidigungskonferenz 1909 beschlossen die Dominien, ihre
bis dahin recht mangelhaft organisierten Miliztruppen nach englischem Vorbild
umzuformen. Auf Wunsch der Regierung des Commonwealth bereiste Lord
Kitchener, nachdem er das Kommando über die englisch-indischen Truppen
niedergelegt hatte, das Bundesgebiet und erteilte Ratschläge, wie die Neu¬
organisation des Heeres zu gestalte" sei. Sein Rat gipfelte, wie nicht anders
zu erwarten war, darin, daß das Heer vermehrt und besser ausgebildet
werden müsse.

Seinem Ratschläge entsprechend mürbe 1911 mit der Umformung des
Heeres unter Leitung englischer Offiziere sowohl im Commonwealth als auch in
Neuseeland begonnen.

Die Wehroerfassnngen der Commonwealth als auch Neuseelands beruhen
auf dem Milizsustem, das jedem männlichen Einwohner die Ausbildungspflicht
im Frieden und die allgemeine Wehrpflicht im Kriege auferlegt.

Man unterscheidet in beiden Dominien eine Jugendausbildung und eine
mehrjährige Ausbildung der Erwachsenen in der aktiven Miliz. Im Common¬
wealth trat das neue Gesetz mit dem 1. Juli 1911 in Kraft. Nach der Neu¬
organisation rechnet Man auf rund vierhundertdreiundachtzigtausend Knaben,
die als Kadetten ihrer Dienstpflicht zu genügen haben und den Grundstock für
das eigentliche Bürgerheer bilden sollen. Die Kadetten werden in zwei Klassen,
die "Junior Cadets" vom zwölften bis vierzehnten Lebensjahr, und die "Senior
Cadets" vom vierzehnten bis achtzehnten Lebensjahr eingeteilt.

Die Ausbildung der "Junior Cadets"*) erstreckt sich auf gymnastischen
Unterricht von täglich mindestens einer Viertelstunde, Anfangsgründe des
Marsches, Schießen mit dem Zielgewehr, Schwimmen. Lausübungen und erste
Hilfeleistung bei Unglücksfällen. Diejenigen, die mehr als drei englische Meilen
von dem Übungsplatz entfernt wohnen, sind von der Teilnahme dispensiert.
Die Schulen, deren Leiter sich zur Übernahme des militärischen Unterrichts für
ihre Zöglinge bereit erklärt haben, erhalten staatliche Beihilfe zur Anlage von
Schießständen, Beschaffung der Munition usw.



Siehe Loebells Jahresberichte 19t 2.
Die Dominien des Pazifik mit die britische Rcichsverteidigung

Verkehrsbedürfnissen entsprechend ausgebaut worden. Eine Vereinigung der an
und für sich schwachen Streitkräfte an dem am meisten bedrohten Punkt der
Küste ist daher in kurzer Zeit nicht möglich, so daß ein landender Gegner die
einzelnen Gruppen des schwachen Heeres nacheinander zu schlagen vermag.

Am meisten hemmend für eine gedeihliche Entwicklung der Verteidigungs¬
emrichtungen des Commonwealth sind die schon erwähnten finanziellen
Schwierigkeiten, denn die Verschuldung sämtlicher Staaten erreicht die außer¬
ordentliche Höhe von 4500 Millionen Mark oder 1180 Mark auf den Kopf
der Bevölkerung.

Auf diesem schwachen Fundament ist nun das australische Landheer auf¬
gebaut worden.

Auf der Reichsverteidigungskonferenz 1909 beschlossen die Dominien, ihre
bis dahin recht mangelhaft organisierten Miliztruppen nach englischem Vorbild
umzuformen. Auf Wunsch der Regierung des Commonwealth bereiste Lord
Kitchener, nachdem er das Kommando über die englisch-indischen Truppen
niedergelegt hatte, das Bundesgebiet und erteilte Ratschläge, wie die Neu¬
organisation des Heeres zu gestalte» sei. Sein Rat gipfelte, wie nicht anders
zu erwarten war, darin, daß das Heer vermehrt und besser ausgebildet
werden müsse.

Seinem Ratschläge entsprechend mürbe 1911 mit der Umformung des
Heeres unter Leitung englischer Offiziere sowohl im Commonwealth als auch in
Neuseeland begonnen.

Die Wehroerfassnngen der Commonwealth als auch Neuseelands beruhen
auf dem Milizsustem, das jedem männlichen Einwohner die Ausbildungspflicht
im Frieden und die allgemeine Wehrpflicht im Kriege auferlegt.

Man unterscheidet in beiden Dominien eine Jugendausbildung und eine
mehrjährige Ausbildung der Erwachsenen in der aktiven Miliz. Im Common¬
wealth trat das neue Gesetz mit dem 1. Juli 1911 in Kraft. Nach der Neu¬
organisation rechnet Man auf rund vierhundertdreiundachtzigtausend Knaben,
die als Kadetten ihrer Dienstpflicht zu genügen haben und den Grundstock für
das eigentliche Bürgerheer bilden sollen. Die Kadetten werden in zwei Klassen,
die „Junior Cadets" vom zwölften bis vierzehnten Lebensjahr, und die „Senior
Cadets" vom vierzehnten bis achtzehnten Lebensjahr eingeteilt.

Die Ausbildung der „Junior Cadets"*) erstreckt sich auf gymnastischen
Unterricht von täglich mindestens einer Viertelstunde, Anfangsgründe des
Marsches, Schießen mit dem Zielgewehr, Schwimmen. Lausübungen und erste
Hilfeleistung bei Unglücksfällen. Diejenigen, die mehr als drei englische Meilen
von dem Übungsplatz entfernt wohnen, sind von der Teilnahme dispensiert.
Die Schulen, deren Leiter sich zur Übernahme des militärischen Unterrichts für
ihre Zöglinge bereit erklärt haben, erhalten staatliche Beihilfe zur Anlage von
Schießständen, Beschaffung der Munition usw.



Siehe Loebells Jahresberichte 19t 2.
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[0217] Die Dominien des Pazifik mit die britische Rcichsverteidigung Verkehrsbedürfnissen entsprechend ausgebaut worden. Eine Vereinigung der an und für sich schwachen Streitkräfte an dem am meisten bedrohten Punkt der Küste ist daher in kurzer Zeit nicht möglich, so daß ein landender Gegner die einzelnen Gruppen des schwachen Heeres nacheinander zu schlagen vermag. Am meisten hemmend für eine gedeihliche Entwicklung der Verteidigungs¬ emrichtungen des Commonwealth sind die schon erwähnten finanziellen Schwierigkeiten, denn die Verschuldung sämtlicher Staaten erreicht die außer¬ ordentliche Höhe von 4500 Millionen Mark oder 1180 Mark auf den Kopf der Bevölkerung. Auf diesem schwachen Fundament ist nun das australische Landheer auf¬ gebaut worden. Auf der Reichsverteidigungskonferenz 1909 beschlossen die Dominien, ihre bis dahin recht mangelhaft organisierten Miliztruppen nach englischem Vorbild umzuformen. Auf Wunsch der Regierung des Commonwealth bereiste Lord Kitchener, nachdem er das Kommando über die englisch-indischen Truppen niedergelegt hatte, das Bundesgebiet und erteilte Ratschläge, wie die Neu¬ organisation des Heeres zu gestalte» sei. Sein Rat gipfelte, wie nicht anders zu erwarten war, darin, daß das Heer vermehrt und besser ausgebildet werden müsse. Seinem Ratschläge entsprechend mürbe 1911 mit der Umformung des Heeres unter Leitung englischer Offiziere sowohl im Commonwealth als auch in Neuseeland begonnen. Die Wehroerfassnngen der Commonwealth als auch Neuseelands beruhen auf dem Milizsustem, das jedem männlichen Einwohner die Ausbildungspflicht im Frieden und die allgemeine Wehrpflicht im Kriege auferlegt. Man unterscheidet in beiden Dominien eine Jugendausbildung und eine mehrjährige Ausbildung der Erwachsenen in der aktiven Miliz. Im Common¬ wealth trat das neue Gesetz mit dem 1. Juli 1911 in Kraft. Nach der Neu¬ organisation rechnet Man auf rund vierhundertdreiundachtzigtausend Knaben, die als Kadetten ihrer Dienstpflicht zu genügen haben und den Grundstock für das eigentliche Bürgerheer bilden sollen. Die Kadetten werden in zwei Klassen, die „Junior Cadets" vom zwölften bis vierzehnten Lebensjahr, und die „Senior Cadets" vom vierzehnten bis achtzehnten Lebensjahr eingeteilt. Die Ausbildung der „Junior Cadets"*) erstreckt sich auf gymnastischen Unterricht von täglich mindestens einer Viertelstunde, Anfangsgründe des Marsches, Schießen mit dem Zielgewehr, Schwimmen. Lausübungen und erste Hilfeleistung bei Unglücksfällen. Diejenigen, die mehr als drei englische Meilen von dem Übungsplatz entfernt wohnen, sind von der Teilnahme dispensiert. Die Schulen, deren Leiter sich zur Übernahme des militärischen Unterrichts für ihre Zöglinge bereit erklärt haben, erhalten staatliche Beihilfe zur Anlage von Schießständen, Beschaffung der Munition usw. Siehe Loebells Jahresberichte 19t 2.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_328733/217>, abgerufen am 01.09.2024.