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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr.

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Zur Geschichte der Entwicklung der Arbcitgeberorganisationen

sie sich allein auf die Auswahl der Durchführung des großen Planes zu
ergreifenden Mittel. Allerdings muß der Wunsch, die Organisation der Unter¬
nehmer vollkommen einheitlich zu gestalten, auf Grund der in letzter Zeit
gemachten Erfahrungen zum mindesten als verfrüht gelten. Man hat sich davon
überzeugt, daß es den obwaltenden Verhältnissen mehr entspricht, wenn die
geplante Organisation den partikularen Interessen des Unternehmertums Rechnung
trägt, in der an Stelle des ursprünglich in Aussicht genommenen zentralistischen
Prinzips das föderalistische zur Durchführung gelangt. Die deutsche Arbeit¬
geberschaft ist demnach in folgende Hauptgruppen einzuteilen:

1. die zum Zentralverband gehörigen Industriezweige;
2. das Handwerk;
3. die sachlich organisierten deutschen Arbeitgeberverbände, wie z. B. der
Gesamtverband Deutscher Metallindustrieller;
4. die lokalen (gemischten Arbeitverbände, nach Art des Arbeitgeber¬
verbandes von Hamburg-Altona).

Einen Abschluß fanden die Einheitsbestrebungen der deutschen Unternehmer
in der am 12. April 1904 zu Berlin erfolgten Konstituierung der "Hauptstelle
Deutscher Arbeitgeberverbände". Da in dieser Zentralisation der "Zentral¬
verband Deutscher Industrieller" die leitende Stellung einnahm, war es ganz
natürlich, daß sich hier nur die Verbände der Großindustrie anschlössen. Um
nun aber denjenigen industriellen Kreisen, welche andere wirtschaftliche Be¬
strebungen verfolgen als der Zentralverband Deutscher Industrieller und auch
den kleineren Arbeitgeberverbänden sowie den Vereinigungen der Handwerker
eine Organisation zu schaffen, wurde auf Veranlassung des Gesamtverbaudes
Deutscher Metallindustrieller in einer Versammlung der außerhalb der Haupt¬
stelle Deutscher Aroeitgeberoerbände stehenden wirtschaftlichen und Arbeitgeber¬
verbände am 17. Mai 1904 im Kaiserhof zu Berlin die "Freie Vereinigung
von Arbeitgeber und wirtschaftlichen Verbänden" ins Leben gerufen. Ge¬
mäß ihren Satzungen sollte diese Vereinigung die auf eine Gesamtorganisation
der Arbeitgeber Deutschlands gerichteten Bestrebungen unterstützen, indem sie
für ihre Mitglieder einen gemeinensamen Kartellvertrag mit der Hauptstelle
Deutscher Arbeitgeberverbände abzuschließen sucht, wobei sür eine angemessene
Vertretung der Freien Vereinigung gesorgt sein muß. Die einstweilige Ge¬
schäftsführung wurde dem Gesamtverband Deutscher Metallindustrieller über¬
tragen. In der Folge machte sich nun in der Freien Vereinigung das Be¬
dürfnis geltend, die Vereinigung fester zu gestalten. Es wurde daher in der
Vertrauensmännerfitzuvg vom 23. Juni 1904 zu Berlin beschlossen, die Freie
Vereinigung zu einem Verband unter dem Namen "Verein Deutscher Arbeit¬
geberverbände" mit eigener Geschäftsleitung und eigenen Satzungen, die
sich an die der Hauptstelle anlehnen, auszubauen.

Nach der definitiven Gründung dieser beiden Zentralen hat nun auch die
Organisation des deutschen Unternehmertunis von Jahr zu Jahr bedeutende


Zur Geschichte der Entwicklung der Arbcitgeberorganisationen

sie sich allein auf die Auswahl der Durchführung des großen Planes zu
ergreifenden Mittel. Allerdings muß der Wunsch, die Organisation der Unter¬
nehmer vollkommen einheitlich zu gestalten, auf Grund der in letzter Zeit
gemachten Erfahrungen zum mindesten als verfrüht gelten. Man hat sich davon
überzeugt, daß es den obwaltenden Verhältnissen mehr entspricht, wenn die
geplante Organisation den partikularen Interessen des Unternehmertums Rechnung
trägt, in der an Stelle des ursprünglich in Aussicht genommenen zentralistischen
Prinzips das föderalistische zur Durchführung gelangt. Die deutsche Arbeit¬
geberschaft ist demnach in folgende Hauptgruppen einzuteilen:

1. die zum Zentralverband gehörigen Industriezweige;
2. das Handwerk;
3. die sachlich organisierten deutschen Arbeitgeberverbände, wie z. B. der
Gesamtverband Deutscher Metallindustrieller;
4. die lokalen (gemischten Arbeitverbände, nach Art des Arbeitgeber¬
verbandes von Hamburg-Altona).

Einen Abschluß fanden die Einheitsbestrebungen der deutschen Unternehmer
in der am 12. April 1904 zu Berlin erfolgten Konstituierung der „Hauptstelle
Deutscher Arbeitgeberverbände". Da in dieser Zentralisation der „Zentral¬
verband Deutscher Industrieller" die leitende Stellung einnahm, war es ganz
natürlich, daß sich hier nur die Verbände der Großindustrie anschlössen. Um
nun aber denjenigen industriellen Kreisen, welche andere wirtschaftliche Be¬
strebungen verfolgen als der Zentralverband Deutscher Industrieller und auch
den kleineren Arbeitgeberverbänden sowie den Vereinigungen der Handwerker
eine Organisation zu schaffen, wurde auf Veranlassung des Gesamtverbaudes
Deutscher Metallindustrieller in einer Versammlung der außerhalb der Haupt¬
stelle Deutscher Aroeitgeberoerbände stehenden wirtschaftlichen und Arbeitgeber¬
verbände am 17. Mai 1904 im Kaiserhof zu Berlin die „Freie Vereinigung
von Arbeitgeber und wirtschaftlichen Verbänden" ins Leben gerufen. Ge¬
mäß ihren Satzungen sollte diese Vereinigung die auf eine Gesamtorganisation
der Arbeitgeber Deutschlands gerichteten Bestrebungen unterstützen, indem sie
für ihre Mitglieder einen gemeinensamen Kartellvertrag mit der Hauptstelle
Deutscher Arbeitgeberverbände abzuschließen sucht, wobei sür eine angemessene
Vertretung der Freien Vereinigung gesorgt sein muß. Die einstweilige Ge¬
schäftsführung wurde dem Gesamtverband Deutscher Metallindustrieller über¬
tragen. In der Folge machte sich nun in der Freien Vereinigung das Be¬
dürfnis geltend, die Vereinigung fester zu gestalten. Es wurde daher in der
Vertrauensmännerfitzuvg vom 23. Juni 1904 zu Berlin beschlossen, die Freie
Vereinigung zu einem Verband unter dem Namen „Verein Deutscher Arbeit¬
geberverbände" mit eigener Geschäftsleitung und eigenen Satzungen, die
sich an die der Hauptstelle anlehnen, auszubauen.

Nach der definitiven Gründung dieser beiden Zentralen hat nun auch die
Organisation des deutschen Unternehmertunis von Jahr zu Jahr bedeutende


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_328733/169>, abgerufen am 01.09.2024.