Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Zur Geschichte der Entwicklung der Arbeitgeberorganisationen

Lange bevor eine wirksame Organisation der Arbeitgeber bestand, konnte man
schon in den Zeitschriften der Gewerkschaften und zwar fast in jeder Nummer
die Namen einer Reihe von Arbeitern lesen, die von den einzelnen Verbänden
verfehmt waren.

Die in den vorgegebenen Satzungen des Vereins der Kupferschmiedereien
Deutschlands gegebenen Aufgaben waren aber leichter und wirksamer zu erfüllen,
wenn den Unternehmern der Arbeitsnachweis zur Verfügung stand d. h. wenn
derselbe von ihnen errichtet war und demnach auch nur ihre Interessen zu vertreten
hatte. In diesem Sinne wurde auch auf der Zweiten Hauptversammlung zu
Dresden am 22. Mai 1892 beschlossen, der Organisation von Arbeitsnachweisen
näher zu treten und besonders die dem Königreich Sachsen angehörenden Mit¬
glieder stimmten dem Vorschlag samt und sonders bei. Den Bezirksverbänden
wurde aufgegeben, die Errichtung von Arbeitsnachweisen auf die Tagesordnung
ihrer Versammlungen zu setzen und zu veranlassen, daß ein jedes Mitglied die
Arbeitsnachweisstellen des Vereins benutzen muß und gleich benutzen kann.
Nachdem in den einzelnen Bezirken entweder Arbeitsnachweisstellen in Betrieb
gesetzt, oder Vorbereitungen zur Errichtung von solchen getroffen worden waren,
konnte in der gemeinsamen Sitzung des Zentralvorstandes und der Vorsitzenden
der Bezirksvereinc am 1. März 1894 der Beschluß gefaßt werden, daß von
diesem Termine ab unter keinen Umständen die Arbeitsnachweise der Arbeit¬
nehmer mehr benutzt werden dürfen.

Einen wirksamen Einfluß auf den Zusammenschluß des deutschen Unter¬
nehmertums hat nun der große Krimmitschaucr Streik, der von Mitte 1903 bis
Januar 1904 währte, gehabt. Er hat gezeigt, wie außerordentlich zweckdienlich
eine straffe Organisation der Arbeitgeber zu wirken vermag. Wenn nun auch
der Gedanke einer allgemeinen deutschen Arbeitgeberorganisation schon vor dem
Krimmilschauer Streik bestanden hat, so hat doch dieser Kampf und die dabei
gemachten Erfahrungen wohl zu einer Beschleunigung des Zusammenschlusses
wesentlich beigetragen. Die Verwirklichung des Gedankens sollte denn auch bald
erfolgen. Schon auf der Generalversammlung des Bayerischen Industriellen-
Verbandes Ende 1903 zu München wurde die Zweckmäßigkeit eines allgemeinen
deutschen Arbeitgeberbundes als Hauptpunkt der Tagesordnung betont. In
den meisten anderen deutschen Arbeitgeberorganisationen herrschte genau dieselbe
Stimmung zugunsten einer großen Einheitsorganisation.

Einer der denkwürdigsten Tage in der Geschichte der Arbeitgeberbewegung
ist der 17. Januar 1904. als zu Berlin im Hotel Kaiserhof von Vertretern der
gesamten deutschen Industrie der Plan zur Gründung eines allgemeinen deutschen
Arbeitgeberverbandes festgelegt wurde. Ein Bild von der Art und Weise
der Zusammensetzung bzw. des Zusammenschlusses geben die Hamburger Nach¬
richten der damaligen Tage: "Es hat sich gezeigt, daß die Notwendigkeit des
Zusammenschlusses der Arbeitgeberschaft einstimmig anerkannt wird, und
wenn nach irgendeiner Richtung hin noch Zweifel bestanden, so erstreckten


Zur Geschichte der Entwicklung der Arbeitgeberorganisationen

Lange bevor eine wirksame Organisation der Arbeitgeber bestand, konnte man
schon in den Zeitschriften der Gewerkschaften und zwar fast in jeder Nummer
die Namen einer Reihe von Arbeitern lesen, die von den einzelnen Verbänden
verfehmt waren.

Die in den vorgegebenen Satzungen des Vereins der Kupferschmiedereien
Deutschlands gegebenen Aufgaben waren aber leichter und wirksamer zu erfüllen,
wenn den Unternehmern der Arbeitsnachweis zur Verfügung stand d. h. wenn
derselbe von ihnen errichtet war und demnach auch nur ihre Interessen zu vertreten
hatte. In diesem Sinne wurde auch auf der Zweiten Hauptversammlung zu
Dresden am 22. Mai 1892 beschlossen, der Organisation von Arbeitsnachweisen
näher zu treten und besonders die dem Königreich Sachsen angehörenden Mit¬
glieder stimmten dem Vorschlag samt und sonders bei. Den Bezirksverbänden
wurde aufgegeben, die Errichtung von Arbeitsnachweisen auf die Tagesordnung
ihrer Versammlungen zu setzen und zu veranlassen, daß ein jedes Mitglied die
Arbeitsnachweisstellen des Vereins benutzen muß und gleich benutzen kann.
Nachdem in den einzelnen Bezirken entweder Arbeitsnachweisstellen in Betrieb
gesetzt, oder Vorbereitungen zur Errichtung von solchen getroffen worden waren,
konnte in der gemeinsamen Sitzung des Zentralvorstandes und der Vorsitzenden
der Bezirksvereinc am 1. März 1894 der Beschluß gefaßt werden, daß von
diesem Termine ab unter keinen Umständen die Arbeitsnachweise der Arbeit¬
nehmer mehr benutzt werden dürfen.

Einen wirksamen Einfluß auf den Zusammenschluß des deutschen Unter¬
nehmertums hat nun der große Krimmitschaucr Streik, der von Mitte 1903 bis
Januar 1904 währte, gehabt. Er hat gezeigt, wie außerordentlich zweckdienlich
eine straffe Organisation der Arbeitgeber zu wirken vermag. Wenn nun auch
der Gedanke einer allgemeinen deutschen Arbeitgeberorganisation schon vor dem
Krimmilschauer Streik bestanden hat, so hat doch dieser Kampf und die dabei
gemachten Erfahrungen wohl zu einer Beschleunigung des Zusammenschlusses
wesentlich beigetragen. Die Verwirklichung des Gedankens sollte denn auch bald
erfolgen. Schon auf der Generalversammlung des Bayerischen Industriellen-
Verbandes Ende 1903 zu München wurde die Zweckmäßigkeit eines allgemeinen
deutschen Arbeitgeberbundes als Hauptpunkt der Tagesordnung betont. In
den meisten anderen deutschen Arbeitgeberorganisationen herrschte genau dieselbe
Stimmung zugunsten einer großen Einheitsorganisation.

Einer der denkwürdigsten Tage in der Geschichte der Arbeitgeberbewegung
ist der 17. Januar 1904. als zu Berlin im Hotel Kaiserhof von Vertretern der
gesamten deutschen Industrie der Plan zur Gründung eines allgemeinen deutschen
Arbeitgeberverbandes festgelegt wurde. Ein Bild von der Art und Weise
der Zusammensetzung bzw. des Zusammenschlusses geben die Hamburger Nach¬
richten der damaligen Tage: „Es hat sich gezeigt, daß die Notwendigkeit des
Zusammenschlusses der Arbeitgeberschaft einstimmig anerkannt wird, und
wenn nach irgendeiner Richtung hin noch Zweifel bestanden, so erstreckten


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0168" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/328902"/>
          <fw type="header" place="top"> Zur Geschichte der Entwicklung der Arbeitgeberorganisationen</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_513" prev="#ID_512"> Lange bevor eine wirksame Organisation der Arbeitgeber bestand, konnte man<lb/>
schon in den Zeitschriften der Gewerkschaften und zwar fast in jeder Nummer<lb/>
die Namen einer Reihe von Arbeitern lesen, die von den einzelnen Verbänden<lb/>
verfehmt waren.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_514"> Die in den vorgegebenen Satzungen des Vereins der Kupferschmiedereien<lb/>
Deutschlands gegebenen Aufgaben waren aber leichter und wirksamer zu erfüllen,<lb/>
wenn den Unternehmern der Arbeitsnachweis zur Verfügung stand d. h. wenn<lb/>
derselbe von ihnen errichtet war und demnach auch nur ihre Interessen zu vertreten<lb/>
hatte. In diesem Sinne wurde auch auf der Zweiten Hauptversammlung zu<lb/>
Dresden am 22. Mai 1892 beschlossen, der Organisation von Arbeitsnachweisen<lb/>
näher zu treten und besonders die dem Königreich Sachsen angehörenden Mit¬<lb/>
glieder stimmten dem Vorschlag samt und sonders bei. Den Bezirksverbänden<lb/>
wurde aufgegeben, die Errichtung von Arbeitsnachweisen auf die Tagesordnung<lb/>
ihrer Versammlungen zu setzen und zu veranlassen, daß ein jedes Mitglied die<lb/>
Arbeitsnachweisstellen des Vereins benutzen muß und gleich benutzen kann.<lb/>
Nachdem in den einzelnen Bezirken entweder Arbeitsnachweisstellen in Betrieb<lb/>
gesetzt, oder Vorbereitungen zur Errichtung von solchen getroffen worden waren,<lb/>
konnte in der gemeinsamen Sitzung des Zentralvorstandes und der Vorsitzenden<lb/>
der Bezirksvereinc am 1. März 1894 der Beschluß gefaßt werden, daß von<lb/>
diesem Termine ab unter keinen Umständen die Arbeitsnachweise der Arbeit¬<lb/>
nehmer mehr benutzt werden dürfen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_515"> Einen wirksamen Einfluß auf den Zusammenschluß des deutschen Unter¬<lb/>
nehmertums hat nun der große Krimmitschaucr Streik, der von Mitte 1903 bis<lb/>
Januar 1904 währte, gehabt. Er hat gezeigt, wie außerordentlich zweckdienlich<lb/>
eine straffe Organisation der Arbeitgeber zu wirken vermag. Wenn nun auch<lb/>
der Gedanke einer allgemeinen deutschen Arbeitgeberorganisation schon vor dem<lb/>
Krimmilschauer Streik bestanden hat, so hat doch dieser Kampf und die dabei<lb/>
gemachten Erfahrungen wohl zu einer Beschleunigung des Zusammenschlusses<lb/>
wesentlich beigetragen. Die Verwirklichung des Gedankens sollte denn auch bald<lb/>
erfolgen. Schon auf der Generalversammlung des Bayerischen Industriellen-<lb/>
Verbandes Ende 1903 zu München wurde die Zweckmäßigkeit eines allgemeinen<lb/>
deutschen Arbeitgeberbundes als Hauptpunkt der Tagesordnung betont. In<lb/>
den meisten anderen deutschen Arbeitgeberorganisationen herrschte genau dieselbe<lb/>
Stimmung zugunsten einer großen Einheitsorganisation.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_516" next="#ID_517"> Einer der denkwürdigsten Tage in der Geschichte der Arbeitgeberbewegung<lb/>
ist der 17. Januar 1904. als zu Berlin im Hotel Kaiserhof von Vertretern der<lb/>
gesamten deutschen Industrie der Plan zur Gründung eines allgemeinen deutschen<lb/>
Arbeitgeberverbandes festgelegt wurde. Ein Bild von der Art und Weise<lb/>
der Zusammensetzung bzw. des Zusammenschlusses geben die Hamburger Nach¬<lb/>
richten der damaligen Tage: &#x201E;Es hat sich gezeigt, daß die Notwendigkeit des<lb/>
Zusammenschlusses der Arbeitgeberschaft einstimmig anerkannt wird, und<lb/>
wenn nach irgendeiner Richtung hin noch Zweifel bestanden, so erstreckten</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0168] Zur Geschichte der Entwicklung der Arbeitgeberorganisationen Lange bevor eine wirksame Organisation der Arbeitgeber bestand, konnte man schon in den Zeitschriften der Gewerkschaften und zwar fast in jeder Nummer die Namen einer Reihe von Arbeitern lesen, die von den einzelnen Verbänden verfehmt waren. Die in den vorgegebenen Satzungen des Vereins der Kupferschmiedereien Deutschlands gegebenen Aufgaben waren aber leichter und wirksamer zu erfüllen, wenn den Unternehmern der Arbeitsnachweis zur Verfügung stand d. h. wenn derselbe von ihnen errichtet war und demnach auch nur ihre Interessen zu vertreten hatte. In diesem Sinne wurde auch auf der Zweiten Hauptversammlung zu Dresden am 22. Mai 1892 beschlossen, der Organisation von Arbeitsnachweisen näher zu treten und besonders die dem Königreich Sachsen angehörenden Mit¬ glieder stimmten dem Vorschlag samt und sonders bei. Den Bezirksverbänden wurde aufgegeben, die Errichtung von Arbeitsnachweisen auf die Tagesordnung ihrer Versammlungen zu setzen und zu veranlassen, daß ein jedes Mitglied die Arbeitsnachweisstellen des Vereins benutzen muß und gleich benutzen kann. Nachdem in den einzelnen Bezirken entweder Arbeitsnachweisstellen in Betrieb gesetzt, oder Vorbereitungen zur Errichtung von solchen getroffen worden waren, konnte in der gemeinsamen Sitzung des Zentralvorstandes und der Vorsitzenden der Bezirksvereinc am 1. März 1894 der Beschluß gefaßt werden, daß von diesem Termine ab unter keinen Umständen die Arbeitsnachweise der Arbeit¬ nehmer mehr benutzt werden dürfen. Einen wirksamen Einfluß auf den Zusammenschluß des deutschen Unter¬ nehmertums hat nun der große Krimmitschaucr Streik, der von Mitte 1903 bis Januar 1904 währte, gehabt. Er hat gezeigt, wie außerordentlich zweckdienlich eine straffe Organisation der Arbeitgeber zu wirken vermag. Wenn nun auch der Gedanke einer allgemeinen deutschen Arbeitgeberorganisation schon vor dem Krimmilschauer Streik bestanden hat, so hat doch dieser Kampf und die dabei gemachten Erfahrungen wohl zu einer Beschleunigung des Zusammenschlusses wesentlich beigetragen. Die Verwirklichung des Gedankens sollte denn auch bald erfolgen. Schon auf der Generalversammlung des Bayerischen Industriellen- Verbandes Ende 1903 zu München wurde die Zweckmäßigkeit eines allgemeinen deutschen Arbeitgeberbundes als Hauptpunkt der Tagesordnung betont. In den meisten anderen deutschen Arbeitgeberorganisationen herrschte genau dieselbe Stimmung zugunsten einer großen Einheitsorganisation. Einer der denkwürdigsten Tage in der Geschichte der Arbeitgeberbewegung ist der 17. Januar 1904. als zu Berlin im Hotel Kaiserhof von Vertretern der gesamten deutschen Industrie der Plan zur Gründung eines allgemeinen deutschen Arbeitgeberverbandes festgelegt wurde. Ein Bild von der Art und Weise der Zusammensetzung bzw. des Zusammenschlusses geben die Hamburger Nach¬ richten der damaligen Tage: „Es hat sich gezeigt, daß die Notwendigkeit des Zusammenschlusses der Arbeitgeberschaft einstimmig anerkannt wird, und wenn nach irgendeiner Richtung hin noch Zweifel bestanden, so erstreckten

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_328733
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_328733/168
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_328733/168>, abgerufen am 23.12.2024.