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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr.

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Zur Geschichte der Entwicklung der Arbeitgeberorganisationen

Vereinsmitglied ist verpflichtet, unter keinen Umständen Kupferschmiedegesellen
Arbeit zu geben, welche bei einem VereinsmitglieSe unberechtigterweise die
Arbeit niedergelegt haben, bzw. in Aufstand getreten sind, solange ihnen nicht
durch den Bezirksvorstand die Mitteilung zugegangen ist, daß die betreffenden
Arbeiter wieder eingestellt werden dürfen. Ferner ist es Sache der Bezirks¬
vereine, die nötige Sicherheit für die Erfüllung dieser Verpflichtung seitens
ihrer Mitglieder zu beschaffen, wenn nötig durch Einforderung eines zu hinter¬
legenden Geldbetrages, der bei Nichterfüllung der Vorschrift dieser Paragraphen
ganz oder teilweise an die Vereinskasse fällt. Die Frage, ob eine Arbeits¬
einstellung als berechtigt oder unberechtigt anzusehen ist, ist von dem Bezirks¬
vorstande auf Anzeige des betreffenden Vereinsmitgliedes unter genauer Prüfung
der Verhältnisse nach Pflicht und Gewissen zu entscheiden. Bei dieser Entscheidung
hat. sobald es sich um einen allgemeinen Aufstand handelt, das unmittelbar
betroffene Mitglied, wenn es dem Bezirksvorstande angehört, keine Stimme
bei der Entscheidung. Die von einem Aufstand betroffenen Vereinsmitglieder
haben sofort bei Ausbruch des Aufstandes dem Bezirksvorstande eine namentliche
Liste der ausständigen Arbeiter zu übergeben. Erkennt der Bezirksvorstand den
Aufstand als unberechtigt an, so hat derselbe

a) die Namen der ausständigen Arbeiter sofort den Mitgliedern des Be¬
zirkes mitzuteilen;
b) dem Veteinsvorstande umgehend eine Abschrift des Verzeichnisses der
ausständigen Arbeiter zu übersenden.

In den: Verzeichnis sind die Personalien der ausständigen Arbeiter
möglichst genau anzugeben. Der Vereinsvorstand hat die ihm zugehenden
Ausstandslisten schleunigst in einer der Mitgliederzahl entsprechenden Anzahl
von Exemplaren an die übrigen Bezirksvereine zu entsenden. Bei Aufständen
von größerem Umfange hat der Vercinsvorstand mit Hilfe der Bezirksvorstände
alle diejenigen Maßregeln zu ergreifen, welche zur Bekämpfung des Aufstandes
geboten erscheinen. Sämtliche Vereinsmitglieder sind verpflichtet, den ihnen
bekanntgegebenen Anordnungen des Vereinsvorstandes in solchen Fällen unver¬
züglich Folge zu leisten. Es ist die Pflicht des Vereinsvorstandes wie aller
Bezirksvorstände, in Ausstandsfällen nach Möglichkeit auf eine gütliche Bei¬
legung des Aufstandes hinzuwirken. Ist ein Aufstand erloschen, bzw. bei¬
gelegt, so haben der Vereinsvorstand und die Bezirksvorstände auf möglichst
schnellem Wege durch Mitteilung an die Vereinsmitglieder die Aussperrung der
Arbeiter aufzuheben.

Über diesen Nachrichtendienst bei Streiks und Aussperrungen ist nun die
sozialdemokratische Partei- und Gewerkschaftspresse von jeher mit aller ihr zu
Gebote stehenden Schärfe zu Felde gezogen. Leider wird hierbei ganz ver¬
gessen, daß die Unternehmer hier zu ihrem eigenen Schutze und nur in gewissen
Fällen ein Verfahren anwenden, das die Gewerkschaften der Arbeiter in bedeutend
schärferer Form schon viel früher angewendet haben und auch jetzt noch anwenden.


Zur Geschichte der Entwicklung der Arbeitgeberorganisationen

Vereinsmitglied ist verpflichtet, unter keinen Umständen Kupferschmiedegesellen
Arbeit zu geben, welche bei einem VereinsmitglieSe unberechtigterweise die
Arbeit niedergelegt haben, bzw. in Aufstand getreten sind, solange ihnen nicht
durch den Bezirksvorstand die Mitteilung zugegangen ist, daß die betreffenden
Arbeiter wieder eingestellt werden dürfen. Ferner ist es Sache der Bezirks¬
vereine, die nötige Sicherheit für die Erfüllung dieser Verpflichtung seitens
ihrer Mitglieder zu beschaffen, wenn nötig durch Einforderung eines zu hinter¬
legenden Geldbetrages, der bei Nichterfüllung der Vorschrift dieser Paragraphen
ganz oder teilweise an die Vereinskasse fällt. Die Frage, ob eine Arbeits¬
einstellung als berechtigt oder unberechtigt anzusehen ist, ist von dem Bezirks¬
vorstande auf Anzeige des betreffenden Vereinsmitgliedes unter genauer Prüfung
der Verhältnisse nach Pflicht und Gewissen zu entscheiden. Bei dieser Entscheidung
hat. sobald es sich um einen allgemeinen Aufstand handelt, das unmittelbar
betroffene Mitglied, wenn es dem Bezirksvorstande angehört, keine Stimme
bei der Entscheidung. Die von einem Aufstand betroffenen Vereinsmitglieder
haben sofort bei Ausbruch des Aufstandes dem Bezirksvorstande eine namentliche
Liste der ausständigen Arbeiter zu übergeben. Erkennt der Bezirksvorstand den
Aufstand als unberechtigt an, so hat derselbe

a) die Namen der ausständigen Arbeiter sofort den Mitgliedern des Be¬
zirkes mitzuteilen;
b) dem Veteinsvorstande umgehend eine Abschrift des Verzeichnisses der
ausständigen Arbeiter zu übersenden.

In den: Verzeichnis sind die Personalien der ausständigen Arbeiter
möglichst genau anzugeben. Der Vereinsvorstand hat die ihm zugehenden
Ausstandslisten schleunigst in einer der Mitgliederzahl entsprechenden Anzahl
von Exemplaren an die übrigen Bezirksvereine zu entsenden. Bei Aufständen
von größerem Umfange hat der Vercinsvorstand mit Hilfe der Bezirksvorstände
alle diejenigen Maßregeln zu ergreifen, welche zur Bekämpfung des Aufstandes
geboten erscheinen. Sämtliche Vereinsmitglieder sind verpflichtet, den ihnen
bekanntgegebenen Anordnungen des Vereinsvorstandes in solchen Fällen unver¬
züglich Folge zu leisten. Es ist die Pflicht des Vereinsvorstandes wie aller
Bezirksvorstände, in Ausstandsfällen nach Möglichkeit auf eine gütliche Bei¬
legung des Aufstandes hinzuwirken. Ist ein Aufstand erloschen, bzw. bei¬
gelegt, so haben der Vereinsvorstand und die Bezirksvorstände auf möglichst
schnellem Wege durch Mitteilung an die Vereinsmitglieder die Aussperrung der
Arbeiter aufzuheben.

Über diesen Nachrichtendienst bei Streiks und Aussperrungen ist nun die
sozialdemokratische Partei- und Gewerkschaftspresse von jeher mit aller ihr zu
Gebote stehenden Schärfe zu Felde gezogen. Leider wird hierbei ganz ver¬
gessen, daß die Unternehmer hier zu ihrem eigenen Schutze und nur in gewissen
Fällen ein Verfahren anwenden, das die Gewerkschaften der Arbeiter in bedeutend
schärferer Form schon viel früher angewendet haben und auch jetzt noch anwenden.


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[0167] Zur Geschichte der Entwicklung der Arbeitgeberorganisationen Vereinsmitglied ist verpflichtet, unter keinen Umständen Kupferschmiedegesellen Arbeit zu geben, welche bei einem VereinsmitglieSe unberechtigterweise die Arbeit niedergelegt haben, bzw. in Aufstand getreten sind, solange ihnen nicht durch den Bezirksvorstand die Mitteilung zugegangen ist, daß die betreffenden Arbeiter wieder eingestellt werden dürfen. Ferner ist es Sache der Bezirks¬ vereine, die nötige Sicherheit für die Erfüllung dieser Verpflichtung seitens ihrer Mitglieder zu beschaffen, wenn nötig durch Einforderung eines zu hinter¬ legenden Geldbetrages, der bei Nichterfüllung der Vorschrift dieser Paragraphen ganz oder teilweise an die Vereinskasse fällt. Die Frage, ob eine Arbeits¬ einstellung als berechtigt oder unberechtigt anzusehen ist, ist von dem Bezirks¬ vorstande auf Anzeige des betreffenden Vereinsmitgliedes unter genauer Prüfung der Verhältnisse nach Pflicht und Gewissen zu entscheiden. Bei dieser Entscheidung hat. sobald es sich um einen allgemeinen Aufstand handelt, das unmittelbar betroffene Mitglied, wenn es dem Bezirksvorstande angehört, keine Stimme bei der Entscheidung. Die von einem Aufstand betroffenen Vereinsmitglieder haben sofort bei Ausbruch des Aufstandes dem Bezirksvorstande eine namentliche Liste der ausständigen Arbeiter zu übergeben. Erkennt der Bezirksvorstand den Aufstand als unberechtigt an, so hat derselbe a) die Namen der ausständigen Arbeiter sofort den Mitgliedern des Be¬ zirkes mitzuteilen; b) dem Veteinsvorstande umgehend eine Abschrift des Verzeichnisses der ausständigen Arbeiter zu übersenden. In den: Verzeichnis sind die Personalien der ausständigen Arbeiter möglichst genau anzugeben. Der Vereinsvorstand hat die ihm zugehenden Ausstandslisten schleunigst in einer der Mitgliederzahl entsprechenden Anzahl von Exemplaren an die übrigen Bezirksvereine zu entsenden. Bei Aufständen von größerem Umfange hat der Vercinsvorstand mit Hilfe der Bezirksvorstände alle diejenigen Maßregeln zu ergreifen, welche zur Bekämpfung des Aufstandes geboten erscheinen. Sämtliche Vereinsmitglieder sind verpflichtet, den ihnen bekanntgegebenen Anordnungen des Vereinsvorstandes in solchen Fällen unver¬ züglich Folge zu leisten. Es ist die Pflicht des Vereinsvorstandes wie aller Bezirksvorstände, in Ausstandsfällen nach Möglichkeit auf eine gütliche Bei¬ legung des Aufstandes hinzuwirken. Ist ein Aufstand erloschen, bzw. bei¬ gelegt, so haben der Vereinsvorstand und die Bezirksvorstände auf möglichst schnellem Wege durch Mitteilung an die Vereinsmitglieder die Aussperrung der Arbeiter aufzuheben. Über diesen Nachrichtendienst bei Streiks und Aussperrungen ist nun die sozialdemokratische Partei- und Gewerkschaftspresse von jeher mit aller ihr zu Gebote stehenden Schärfe zu Felde gezogen. Leider wird hierbei ganz ver¬ gessen, daß die Unternehmer hier zu ihrem eigenen Schutze und nur in gewissen Fällen ein Verfahren anwenden, das die Gewerkschaften der Arbeiter in bedeutend schärferer Form schon viel früher angewendet haben und auch jetzt noch anwenden.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_328733/167>, abgerufen am 01.09.2024.