Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Zweites Vierteljahr.Die Politik des Fürsten Bülow gewohnten unfruchtbaren Negation heraustrat und sich zu positiver Mitarbeit Wir find damit auf einen Punkt gekommen, der diese Betrachtungen, die Die Politik des Fürsten Bülow gewohnten unfruchtbaren Negation heraustrat und sich zu positiver Mitarbeit Wir find damit auf einen Punkt gekommen, der diese Betrachtungen, die <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0069" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/328169"/> <fw type="header" place="top"> Die Politik des Fürsten Bülow</fw><lb/> <p xml:id="ID_260" prev="#ID_259"> gewohnten unfruchtbaren Negation heraustrat und sich zu positiver Mitarbeit<lb/> bereit zeigte. Auf diesem Wege erweiterte sich dem Fürsten Bülow der Kartell¬<lb/> gedanke Bismarcks ganz naturgemäß zu dem politischen Gedanken, den er in<lb/> der Blockpolitik verwirklichte, bis ihm der Unverstand der Parteien das weitere<lb/> Wirken unmöglich machte. Wenn man sich diesen Zusammenhang klar macht,<lb/> wird man besser verstehen, wie das Scheitern dieses leitenden Gedankens seiner<lb/> Politik an der Verständnislosigkeit der Parteien ihn im Kern seines Wirkens<lb/> traf. Die Blockpolitik war ihm nicht ein einzelnes Auskunftsmittel, sondern die<lb/> Probe auf die Richtigkeit seiner ganzen politischen Tätigkeit, die natürliche Kon¬<lb/> sequenz seines staatsmännischen Wesens. Nichts ist lächerlicher als die Be¬<lb/> hauptung, er sei zurückgetreten, weil er nicht die erwartete Mehrheit für eine<lb/> bestimmte Vorlage gefunden habe, und er habe dadurch dem parlamentarischen<lb/> Prinzip die Tür geöffnet. Die Blockpolitik war nicht ein verunglücktes Experi¬<lb/> ment, sondern ein sehr bedeutungsvoller Versuch, die Politik bereits in die<lb/> Bahn zu leiten, in die sie doch über kurz oder lang einmal zurückkehren muß,<lb/> wenn das deutsche Volk den Aufgaben seiner Zukunft gewachsen bleiben soll.<lb/> Daß dieser Versuch sich als verfrüht erwies, gereicht den Parteien, nicht dem<lb/> leitenden Staatsmann, der ihn unternahm, zur Unehre.</p><lb/> <p xml:id="ID_261"> Wir find damit auf einen Punkt gekommen, der diese Betrachtungen, die<lb/> auch hinsichtlich der Einzelfragen der inneren Politik den Leser auf die licht¬<lb/> vollen Auseinandersetzungen des Fürsten Bülow selbst verweisen müssen, ab¬<lb/> schließen mag. Ich bin überzeugt, daß unsere innere Politik nicht eher wieder<lb/> eine erquickliche Wendung nehmen wird, als bis die Einsicht der Parteien<lb/> gut gemacht haben wird, was sie 1909 in unheilvoller Kurzsichtigkeit gefehlt<lb/> haben. Dann wird es klar werden, daß nur dann eine erfolgreiche Reichs¬<lb/> politik getrieben werden kann, wenn es möglich sein wird, die Linie nach den<lb/> Anforderungen der Zeit weiter zu verlängern, die Fürst Bülow für seine Epoche<lb/> im Sinne Bismarcks gezogen hat.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0069]
Die Politik des Fürsten Bülow
gewohnten unfruchtbaren Negation heraustrat und sich zu positiver Mitarbeit
bereit zeigte. Auf diesem Wege erweiterte sich dem Fürsten Bülow der Kartell¬
gedanke Bismarcks ganz naturgemäß zu dem politischen Gedanken, den er in
der Blockpolitik verwirklichte, bis ihm der Unverstand der Parteien das weitere
Wirken unmöglich machte. Wenn man sich diesen Zusammenhang klar macht,
wird man besser verstehen, wie das Scheitern dieses leitenden Gedankens seiner
Politik an der Verständnislosigkeit der Parteien ihn im Kern seines Wirkens
traf. Die Blockpolitik war ihm nicht ein einzelnes Auskunftsmittel, sondern die
Probe auf die Richtigkeit seiner ganzen politischen Tätigkeit, die natürliche Kon¬
sequenz seines staatsmännischen Wesens. Nichts ist lächerlicher als die Be¬
hauptung, er sei zurückgetreten, weil er nicht die erwartete Mehrheit für eine
bestimmte Vorlage gefunden habe, und er habe dadurch dem parlamentarischen
Prinzip die Tür geöffnet. Die Blockpolitik war nicht ein verunglücktes Experi¬
ment, sondern ein sehr bedeutungsvoller Versuch, die Politik bereits in die
Bahn zu leiten, in die sie doch über kurz oder lang einmal zurückkehren muß,
wenn das deutsche Volk den Aufgaben seiner Zukunft gewachsen bleiben soll.
Daß dieser Versuch sich als verfrüht erwies, gereicht den Parteien, nicht dem
leitenden Staatsmann, der ihn unternahm, zur Unehre.
Wir find damit auf einen Punkt gekommen, der diese Betrachtungen, die
auch hinsichtlich der Einzelfragen der inneren Politik den Leser auf die licht¬
vollen Auseinandersetzungen des Fürsten Bülow selbst verweisen müssen, ab¬
schließen mag. Ich bin überzeugt, daß unsere innere Politik nicht eher wieder
eine erquickliche Wendung nehmen wird, als bis die Einsicht der Parteien
gut gemacht haben wird, was sie 1909 in unheilvoller Kurzsichtigkeit gefehlt
haben. Dann wird es klar werden, daß nur dann eine erfolgreiche Reichs¬
politik getrieben werden kann, wenn es möglich sein wird, die Linie nach den
Anforderungen der Zeit weiter zu verlängern, die Fürst Bülow für seine Epoche
im Sinne Bismarcks gezogen hat.
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