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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Zweites Vierteljahr.

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jüngster Zeit eine nachgerade unheimliche
Tätigkeit entfaltet, tritt mit einem neuen,
ganz groß angelegten Unternehmen an die
Öffentlichkeit, das den Titel führt: "Meister¬
werke orientalischer Literaturen". Hermann
von Stäben zeichnet als Herausgeber, und
eine Reihe bekannter Orientalisten steht aus
der Liste der Mitarbeiter. Die Absicht ist,
aus der Fülle der erzählenden Literatur des
Ostens Proben zu geben in originalen Über¬
setzungen und mit den notwendigen Ein¬
führungen und Erläuterungen, die einem
größeren Publikum, an das dieses Unter¬
nehmen sich wendet, den Genuß der Werke
ermöglichen.

Das Programm der ersten Serie von
Zwölf Bänden greift weit genug aus. China,
Japan, Persien, Indien, die Türkei sind ver¬
treten, Übersetzungen aus dem Babylonischen,
dem Syrischen, Armenischen, Sanskrit und
Pwkrit. Weitere Übertragungen aus dem
Tamulischen, Koreanischen, Erzählungen der
Jama, der Buddhisten und alten Ägypter
werden angekündigt. Und mit dem Pro¬
gramm zugleich erscheinen die drei ersten
Bände, die für eine Verwirklichung des
weit ausschauenden Unternehmens Zeugnis
ablegen: 1. Mcsnevi. Deutsch von Geora.
Rosen. 2. Chinesische Novellen. Deutsch von
Paul Kühnel. 3. Das Pavagcicnlmch.
In einer revidierten Übersetzung von Richard
Schmidt.

Die Übersetzung des Mesnevi von Djelal
ed din Rumi stammt von dem Orientalisten
Georg Rosen, dem Vater des bekannten Di¬
plomaten Friedrich Rosen, der dieser Neu¬
ausgabe das Vorwort geschrieben hat. Es
kann nicht verschwiegen werden, daß die Ver¬
deutschung des berühmten persischen Epos nicht
immer einen reinen künstlerischen Genuß ge¬
währt. Sprachforscher sind nur in seltenen
Fällen zugleich Sprachkünstler. Und die Vor¬
teile, die eine intime Vertrautheit mit demi
Urtext gewährt, werden durch die Ungelenkheit
in der Behandlung der eigenen Sprache oft
aufgewogen. Das gilt namentlich für Über¬
setzungen, die nicht lediglich Material wissen¬
schaftlicher Forschung sein wollen, sondern den
Wundern fremder Dichtkunst Freunde werben.
Vereinen sich nicht, wie nur in seltensten
Fällen, Sprachforscher und Dichter in einer

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Person, so bleibt die Zusammenarbeit eines
Kenners und eines Künstlers noch immer zu
befürworten, zumal wenn es sich um eine
metrische Übertragung handelt wie in diesem
Falle. Eine Äußerlichkeit schließlich -- die
Ziffern für die (sehr zahlreichen) Anmerkungen
stehen in voller Größe im Text, offenbar der
Einheit des Satzbildes zuliebe. Für die
Lektüre werden sie dadurch zu einer ärger¬
lichen Störung, da man unwillkürlich die
Ziffer jedesmal mitliest.

Im zweite" Bande gibt Paul Kühnel
eine Auswahl chinesischer Novellen. Zwei
ähnliche Sammlungen haben Martin Büder
und Leo Greiner erst kürzlich herausgegeben.
Aber der Schatz der chinesischen Literatur ist
noch bei weitem nicht erschöpft, und innerhalb
des neuen Unternehmens selbst soll eine um¬
fängliche Auswahl aus dem Liao-tschai-tschihi
erscheinen. Der vorliegende Band enthält
in der Hauptsache Erzählungen, die dem
Kilt - Ku"Ki - Kurn entnommen sind, einer
Sammlung von vierzig Novellen, die im
fünfzehnten Jahrhundert angelegt worden ist.
"Die wundersamen Geschichten aus alter und
neuer Zeit" erfreuen sich in China noch heut
hoher Beliebtheit. Sie geben zum großen
Teil ältere Stoffe in flüssiger geformten Um¬
arbeitungen von Autoren der Ming - Zeit
wieder.

Besonders rühmenswert sind die sehr aus¬
führlichen Literaturnachweise, die der Heraus¬
geber in seiner Einleitung sowohl sür diese
wie die drei anderen bekanntesten Novellen¬
sammlungen der Chinesen gibt.

Nicht ebenso neu wie die meisten dieser
Erzählungen wird auch einem weiteren Kreise
das Persische Pnpageienbuch sein, das als
dritter Band in einer Übersetzung seiner
ältesten Form erschienen ist. Dmi Suka-
saptani fügt der Herausgeber Richard Schmidt
das Tuti-Rauch in der Übersetzung von Jtem
bei. Der Rahmen, in den die Erzählungen
eingeflochten werden, ist das Spiel des Pa¬
pageien mit seiner Herrin, der sie durch seine
Geschichten an jedem Abend in Spannung
erhält, um sie zu hindern, ihren Geliebten
aufzusuchen. Ein ähnliches Motiv also, wie es
die Erzählungen der Tausendundeine Nächte
verbindet. In diesem Rahmen erscheint eine
ganze Reihe von Novellen in ihrer Urform,

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Maßgebliches used Unmaßgebliches

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jüngster Zeit eine nachgerade unheimliche
Tätigkeit entfaltet, tritt mit einem neuen,
ganz groß angelegten Unternehmen an die
Öffentlichkeit, das den Titel führt: „Meister¬
werke orientalischer Literaturen". Hermann
von Stäben zeichnet als Herausgeber, und
eine Reihe bekannter Orientalisten steht aus
der Liste der Mitarbeiter. Die Absicht ist,
aus der Fülle der erzählenden Literatur des
Ostens Proben zu geben in originalen Über¬
setzungen und mit den notwendigen Ein¬
führungen und Erläuterungen, die einem
größeren Publikum, an das dieses Unter¬
nehmen sich wendet, den Genuß der Werke
ermöglichen.

Das Programm der ersten Serie von
Zwölf Bänden greift weit genug aus. China,
Japan, Persien, Indien, die Türkei sind ver¬
treten, Übersetzungen aus dem Babylonischen,
dem Syrischen, Armenischen, Sanskrit und
Pwkrit. Weitere Übertragungen aus dem
Tamulischen, Koreanischen, Erzählungen der
Jama, der Buddhisten und alten Ägypter
werden angekündigt. Und mit dem Pro¬
gramm zugleich erscheinen die drei ersten
Bände, die für eine Verwirklichung des
weit ausschauenden Unternehmens Zeugnis
ablegen: 1. Mcsnevi. Deutsch von Geora.
Rosen. 2. Chinesische Novellen. Deutsch von
Paul Kühnel. 3. Das Pavagcicnlmch.
In einer revidierten Übersetzung von Richard
Schmidt.

Die Übersetzung des Mesnevi von Djelal
ed din Rumi stammt von dem Orientalisten
Georg Rosen, dem Vater des bekannten Di¬
plomaten Friedrich Rosen, der dieser Neu¬
ausgabe das Vorwort geschrieben hat. Es
kann nicht verschwiegen werden, daß die Ver¬
deutschung des berühmten persischen Epos nicht
immer einen reinen künstlerischen Genuß ge¬
währt. Sprachforscher sind nur in seltenen
Fällen zugleich Sprachkünstler. Und die Vor¬
teile, die eine intime Vertrautheit mit demi
Urtext gewährt, werden durch die Ungelenkheit
in der Behandlung der eigenen Sprache oft
aufgewogen. Das gilt namentlich für Über¬
setzungen, die nicht lediglich Material wissen¬
schaftlicher Forschung sein wollen, sondern den
Wundern fremder Dichtkunst Freunde werben.
Vereinen sich nicht, wie nur in seltensten
Fällen, Sprachforscher und Dichter in einer

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Person, so bleibt die Zusammenarbeit eines
Kenners und eines Künstlers noch immer zu
befürworten, zumal wenn es sich um eine
metrische Übertragung handelt wie in diesem
Falle. Eine Äußerlichkeit schließlich — die
Ziffern für die (sehr zahlreichen) Anmerkungen
stehen in voller Größe im Text, offenbar der
Einheit des Satzbildes zuliebe. Für die
Lektüre werden sie dadurch zu einer ärger¬
lichen Störung, da man unwillkürlich die
Ziffer jedesmal mitliest.

Im zweite» Bande gibt Paul Kühnel
eine Auswahl chinesischer Novellen. Zwei
ähnliche Sammlungen haben Martin Büder
und Leo Greiner erst kürzlich herausgegeben.
Aber der Schatz der chinesischen Literatur ist
noch bei weitem nicht erschöpft, und innerhalb
des neuen Unternehmens selbst soll eine um¬
fängliche Auswahl aus dem Liao-tschai-tschihi
erscheinen. Der vorliegende Band enthält
in der Hauptsache Erzählungen, die dem
Kilt - Ku»Ki - Kurn entnommen sind, einer
Sammlung von vierzig Novellen, die im
fünfzehnten Jahrhundert angelegt worden ist.
„Die wundersamen Geschichten aus alter und
neuer Zeit" erfreuen sich in China noch heut
hoher Beliebtheit. Sie geben zum großen
Teil ältere Stoffe in flüssiger geformten Um¬
arbeitungen von Autoren der Ming - Zeit
wieder.

Besonders rühmenswert sind die sehr aus¬
führlichen Literaturnachweise, die der Heraus¬
geber in seiner Einleitung sowohl sür diese
wie die drei anderen bekanntesten Novellen¬
sammlungen der Chinesen gibt.

Nicht ebenso neu wie die meisten dieser
Erzählungen wird auch einem weiteren Kreise
das Persische Pnpageienbuch sein, das als
dritter Band in einer Übersetzung seiner
ältesten Form erschienen ist. Dmi Suka-
saptani fügt der Herausgeber Richard Schmidt
das Tuti-Rauch in der Übersetzung von Jtem
bei. Der Rahmen, in den die Erzählungen
eingeflochten werden, ist das Spiel des Pa¬
pageien mit seiner Herrin, der sie durch seine
Geschichten an jedem Abend in Spannung
erhält, um sie zu hindern, ihren Geliebten
aufzusuchen. Ein ähnliches Motiv also, wie es
die Erzählungen der Tausendundeine Nächte
verbindet. In diesem Rahmen erscheint eine
ganze Reihe von Novellen in ihrer Urform,

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[0625] Maßgebliches used Unmaßgebliches jüngster Zeit eine nachgerade unheimliche Tätigkeit entfaltet, tritt mit einem neuen, ganz groß angelegten Unternehmen an die Öffentlichkeit, das den Titel führt: „Meister¬ werke orientalischer Literaturen". Hermann von Stäben zeichnet als Herausgeber, und eine Reihe bekannter Orientalisten steht aus der Liste der Mitarbeiter. Die Absicht ist, aus der Fülle der erzählenden Literatur des Ostens Proben zu geben in originalen Über¬ setzungen und mit den notwendigen Ein¬ führungen und Erläuterungen, die einem größeren Publikum, an das dieses Unter¬ nehmen sich wendet, den Genuß der Werke ermöglichen. Das Programm der ersten Serie von Zwölf Bänden greift weit genug aus. China, Japan, Persien, Indien, die Türkei sind ver¬ treten, Übersetzungen aus dem Babylonischen, dem Syrischen, Armenischen, Sanskrit und Pwkrit. Weitere Übertragungen aus dem Tamulischen, Koreanischen, Erzählungen der Jama, der Buddhisten und alten Ägypter werden angekündigt. Und mit dem Pro¬ gramm zugleich erscheinen die drei ersten Bände, die für eine Verwirklichung des weit ausschauenden Unternehmens Zeugnis ablegen: 1. Mcsnevi. Deutsch von Geora. Rosen. 2. Chinesische Novellen. Deutsch von Paul Kühnel. 3. Das Pavagcicnlmch. In einer revidierten Übersetzung von Richard Schmidt. Die Übersetzung des Mesnevi von Djelal ed din Rumi stammt von dem Orientalisten Georg Rosen, dem Vater des bekannten Di¬ plomaten Friedrich Rosen, der dieser Neu¬ ausgabe das Vorwort geschrieben hat. Es kann nicht verschwiegen werden, daß die Ver¬ deutschung des berühmten persischen Epos nicht immer einen reinen künstlerischen Genuß ge¬ währt. Sprachforscher sind nur in seltenen Fällen zugleich Sprachkünstler. Und die Vor¬ teile, die eine intime Vertrautheit mit demi Urtext gewährt, werden durch die Ungelenkheit in der Behandlung der eigenen Sprache oft aufgewogen. Das gilt namentlich für Über¬ setzungen, die nicht lediglich Material wissen¬ schaftlicher Forschung sein wollen, sondern den Wundern fremder Dichtkunst Freunde werben. Vereinen sich nicht, wie nur in seltensten Fällen, Sprachforscher und Dichter in einer Person, so bleibt die Zusammenarbeit eines Kenners und eines Künstlers noch immer zu befürworten, zumal wenn es sich um eine metrische Übertragung handelt wie in diesem Falle. Eine Äußerlichkeit schließlich — die Ziffern für die (sehr zahlreichen) Anmerkungen stehen in voller Größe im Text, offenbar der Einheit des Satzbildes zuliebe. Für die Lektüre werden sie dadurch zu einer ärger¬ lichen Störung, da man unwillkürlich die Ziffer jedesmal mitliest. Im zweite» Bande gibt Paul Kühnel eine Auswahl chinesischer Novellen. Zwei ähnliche Sammlungen haben Martin Büder und Leo Greiner erst kürzlich herausgegeben. Aber der Schatz der chinesischen Literatur ist noch bei weitem nicht erschöpft, und innerhalb des neuen Unternehmens selbst soll eine um¬ fängliche Auswahl aus dem Liao-tschai-tschihi erscheinen. Der vorliegende Band enthält in der Hauptsache Erzählungen, die dem Kilt - Ku»Ki - Kurn entnommen sind, einer Sammlung von vierzig Novellen, die im fünfzehnten Jahrhundert angelegt worden ist. „Die wundersamen Geschichten aus alter und neuer Zeit" erfreuen sich in China noch heut hoher Beliebtheit. Sie geben zum großen Teil ältere Stoffe in flüssiger geformten Um¬ arbeitungen von Autoren der Ming - Zeit wieder. Besonders rühmenswert sind die sehr aus¬ führlichen Literaturnachweise, die der Heraus¬ geber in seiner Einleitung sowohl sür diese wie die drei anderen bekanntesten Novellen¬ sammlungen der Chinesen gibt. Nicht ebenso neu wie die meisten dieser Erzählungen wird auch einem weiteren Kreise das Persische Pnpageienbuch sein, das als dritter Band in einer Übersetzung seiner ältesten Form erschienen ist. Dmi Suka- saptani fügt der Herausgeber Richard Schmidt das Tuti-Rauch in der Übersetzung von Jtem bei. Der Rahmen, in den die Erzählungen eingeflochten werden, ist das Spiel des Pa¬ pageien mit seiner Herrin, der sie durch seine Geschichten an jedem Abend in Spannung erhält, um sie zu hindern, ihren Geliebten aufzusuchen. Ein ähnliches Motiv also, wie es die Erzählungen der Tausendundeine Nächte verbindet. In diesem Rahmen erscheint eine ganze Reihe von Novellen in ihrer Urform,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_328099/625>, abgerufen am 04.07.2024.