Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Zweites Vierteljahr.Böhmerlcmd "Servus!" "Ich habe die Ehre!" In Menge Rollen Fiaker durch dörfliche Enge Über die stille Eger zu Tal, Da aus starrem felsigem Bann Weiße Paläste himmelan, Einer über den andern, klettern. Und wo heitere Weisen tönen, Bewegen sich in den.scheckigen langen Dürftig zum Brunnen drängenden Schlangen Schleichende Kranke bei üppigen schönen Töchtern der Donau. -- Schleier und Fes, Zweierlei Tuch und Edelgestein -- Lebenslust und grämliche Pein, Alles regiert von dem einen Gedanken: Trinken wir, wie Unzählige tranken, Uns Genesung? Zecher an Zecher schlürft mit heiliger ^Andacht den Becher Dampfenden Sprudels. In gleichem Takte Über finstere Katarakte Schicken ihn stark gebliebene Tiefen, Drinnen Jahrmillionen schliefen, Durch des Erdballs ermüdete Hülle, Daß er mit jungfräulicher Kraft Herrlicher Schöpferzeit erfülle, Was sich wie reifes Korn geneigt. Wo vom Gebirge die Tepl steigt Durch raunende Wälder, da wuchern zu Hainen Duftende Rosen. Und die Wellen Der erzitternden silberhellen Leuchtenden Kugeln umschmeicheln das Leben nächtlicher Stunden. Unhörbar schweben Lichte Gestalten im Blumenmeer. Aber die Erde atmet schwer, Läßt ihre Pulse ruhelos pochen Läßt ihre Tiefen Gesundheit kochen, Füllt den Becher bis zum Rand Unermüdlich dem Böhmerlcmd! Grenzboten II Is14 M
Böhmerlcmd „Servus!" „Ich habe die Ehre!" In Menge Rollen Fiaker durch dörfliche Enge Über die stille Eger zu Tal, Da aus starrem felsigem Bann Weiße Paläste himmelan, Einer über den andern, klettern. Und wo heitere Weisen tönen, Bewegen sich in den.scheckigen langen Dürftig zum Brunnen drängenden Schlangen Schleichende Kranke bei üppigen schönen Töchtern der Donau. — Schleier und Fes, Zweierlei Tuch und Edelgestein — Lebenslust und grämliche Pein, Alles regiert von dem einen Gedanken: Trinken wir, wie Unzählige tranken, Uns Genesung? Zecher an Zecher schlürft mit heiliger ^Andacht den Becher Dampfenden Sprudels. In gleichem Takte Über finstere Katarakte Schicken ihn stark gebliebene Tiefen, Drinnen Jahrmillionen schliefen, Durch des Erdballs ermüdete Hülle, Daß er mit jungfräulicher Kraft Herrlicher Schöpferzeit erfülle, Was sich wie reifes Korn geneigt. Wo vom Gebirge die Tepl steigt Durch raunende Wälder, da wuchern zu Hainen Duftende Rosen. Und die Wellen Der erzitternden silberhellen Leuchtenden Kugeln umschmeicheln das Leben nächtlicher Stunden. Unhörbar schweben Lichte Gestalten im Blumenmeer. Aber die Erde atmet schwer, Läßt ihre Pulse ruhelos pochen Läßt ihre Tiefen Gesundheit kochen, Füllt den Becher bis zum Rand Unermüdlich dem Böhmerlcmd! Grenzboten II Is14 M
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Böhmerlcmd
„Servus!" „Ich habe die Ehre!" In Menge
Rollen Fiaker durch dörfliche Enge
Über die stille Eger zu Tal,
Da aus starrem felsigem Bann
Weiße Paläste himmelan,
Einer über den andern, klettern.
Und wo heitere Weisen tönen,
Bewegen sich in den.scheckigen langen
Dürftig zum Brunnen drängenden Schlangen
Schleichende Kranke bei üppigen schönen
Töchtern der Donau. — Schleier und Fes,
Zweierlei Tuch und Edelgestein —
Lebenslust und grämliche Pein,
Alles regiert von dem einen Gedanken:
Trinken wir, wie Unzählige tranken,
Uns Genesung? Zecher an Zecher
schlürft mit heiliger ^Andacht den Becher
Dampfenden Sprudels. In gleichem Takte
Über finstere Katarakte
Schicken ihn stark gebliebene Tiefen,
Drinnen Jahrmillionen schliefen,
Durch des Erdballs ermüdete Hülle,
Daß er mit jungfräulicher Kraft
Herrlicher Schöpferzeit erfülle,
Was sich wie reifes Korn geneigt.
Wo vom Gebirge die Tepl steigt
Durch raunende Wälder, da wuchern zu Hainen
Duftende Rosen. Und die Wellen
Der erzitternden silberhellen
Leuchtenden Kugeln umschmeicheln das Leben
nächtlicher Stunden. Unhörbar schweben
Lichte Gestalten im Blumenmeer.
Aber die Erde atmet schwer,
Läßt ihre Pulse ruhelos pochen
Läßt ihre Tiefen Gesundheit kochen,
Füllt den Becher bis zum Rand
Unermüdlich dem Böhmerlcmd!
Grenzboten II Is14 M
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