Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Zweites Vierteljahr.wisby Die Geistlichkeit spielt in der Gutalag eine untergeordnete Rolle. Zwar kann Der Sage nach haben die Gotländer selbst den Schutz der in Upsala Lebhaft sind die Beziehungen Gotlauds zur gegenüberliegenden südlichen wisby Die Geistlichkeit spielt in der Gutalag eine untergeordnete Rolle. Zwar kann Der Sage nach haben die Gotländer selbst den Schutz der in Upsala Lebhaft sind die Beziehungen Gotlauds zur gegenüberliegenden südlichen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0568" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/328668"/> <fw type="header" place="top"> wisby</fw><lb/> <p xml:id="ID_2286"> Die Geistlichkeit spielt in der Gutalag eine untergeordnete Rolle. Zwar kann<lb/> Abgötterei von der Landesversammlung mit einer Strafe bis zu 12 Mark Silbers<lb/> belegt werden, trotzdem scheint es anfänglich wenigstens keinen landsäsfigen Stand<lb/> der Geistlichen gegeben zu haben. Es scheint vielmehr, als ob bald nach der<lb/> endgiltigen Einbürgerung des Christentums auf der Insel im Anfange des<lb/> elften Jahrhunderts (um 1025 durch den heiligen Olof) Wanderpriester die<lb/> bedeutenderen Kulthandlungen, wie Weihungen von Kirchen, vorgenommen<lb/> haben. Jeder angesehene Mann hatte außerdem das Recht, sich eine Kirche zu<lb/> bauen. Daher scheint sich die für Schweden ganz ungewöhnlich hohe Anzahl<lb/> von 91 Kirchen auf Gotland zu erklären. Obwohl seit 1209 Gotland zum<lb/> Sprengel des Bischofs von Linköping gehörte, waren ihm von den Eingesessenen<lb/> der Insel nur Visitationsreisen in dreijährigem Abstände eingeräumt worden.<lb/> Zwar gab es einige wohlhabende Klöster auf der Insel, doch war man ihnen<lb/> gegenüber sehr zurückhaltend. Man gewährte ihnen wohl gesetzlichen Schutz,<lb/> doch war genau festgelegt, wieviel an Gütern der einzelne dem Kloster schenken<lb/> oder vermachen durfte, und zwar nur mit dem Einverständnis seiner Erben.</p><lb/> <p xml:id="ID_2287"> Der Sage nach haben die Gotländer selbst den Schutz der in Upsala<lb/> sitzenden Könige von Swea Nike durch die Entrichtung eines jährliches Schoßes<lb/> von 60 Mark Silbers erkauft, wahrscheinlich zur Sicherung der von Gotland<lb/> überallhin führenden Handelsstraßen; denn viele Könige, so heißt es in der<lb/> Gutasage, stritten gegen Gotland, solange es heidnisch war. Schon im<lb/> zwölften Jahrhundert fassen Deutsche „van nmnnigherhande tunghen" Fuß auf<lb/> der Insel, Denn Kaiser Lothar der Sachse (1125 bis 1137) gibt nach der Ein¬<lb/> leitung der Wisby Stadslag diesen deutschen Einwanderern Rechte und Gesetze,<lb/> die sein Enkel Heinrich der Löwe 1163 bestätigt. In Wisby, einem uralten,<lb/> heidnischen Opferplatze, lassen sich die Deutschen nieder, und es scheint, als ob<lb/> Wisby als Stadt von den Deutschen gegründet worden sei. Denn Papst<lb/> Honorius der Dritte verspricht 1227 den „deutschen Bürgern von Visbu", sie,<lb/> ihre Stadt und ihren Hafen in des Heiligen Petrus und seinen Schutz zu nehmen.<lb/> Freilich fließen die Quellen schriftlicher Überlieferung äußerst spärlich. Denn<lb/> was die Brände der Stadt und der Übereifer christlicher Glaubensboten an<lb/> Urkunden verschont haben, hat Hans Braske, der Bischof von Linköping,<lb/> im Jahre 1527 bei Gelegenheit einer Kirchenvisitation an sich genommen. Er<lb/> ist nach Danzig und dann nach dem polnischen Kloster Leuta weitergereist.<lb/> Dort ist er gestorben; seine Hinterlassenschaft an Büchern und Handschriften ist<lb/> verschollen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2288" next="#ID_2289"> Lebhaft sind die Beziehungen Gotlauds zur gegenüberliegenden südlichen<lb/> Küste. Schon im elften Jahrhundert finden sich urkundlich nachweisbar Got¬<lb/> länder in Nowgorod, und seit alters verwaltet die Landgemeinde von Gotland<lb/> den Gotenhof in Nowgorod. Zum Bau des Schlosses Uxkull in Livland<lb/> werden um 1158 Maurer und Steinhauer aus Gotland geholt, und Engelbert<lb/> von Buxhövden bevölkert 1202 das eben gegründete Riga mit Kaufleuten und</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0568]
wisby
Die Geistlichkeit spielt in der Gutalag eine untergeordnete Rolle. Zwar kann
Abgötterei von der Landesversammlung mit einer Strafe bis zu 12 Mark Silbers
belegt werden, trotzdem scheint es anfänglich wenigstens keinen landsäsfigen Stand
der Geistlichen gegeben zu haben. Es scheint vielmehr, als ob bald nach der
endgiltigen Einbürgerung des Christentums auf der Insel im Anfange des
elften Jahrhunderts (um 1025 durch den heiligen Olof) Wanderpriester die
bedeutenderen Kulthandlungen, wie Weihungen von Kirchen, vorgenommen
haben. Jeder angesehene Mann hatte außerdem das Recht, sich eine Kirche zu
bauen. Daher scheint sich die für Schweden ganz ungewöhnlich hohe Anzahl
von 91 Kirchen auf Gotland zu erklären. Obwohl seit 1209 Gotland zum
Sprengel des Bischofs von Linköping gehörte, waren ihm von den Eingesessenen
der Insel nur Visitationsreisen in dreijährigem Abstände eingeräumt worden.
Zwar gab es einige wohlhabende Klöster auf der Insel, doch war man ihnen
gegenüber sehr zurückhaltend. Man gewährte ihnen wohl gesetzlichen Schutz,
doch war genau festgelegt, wieviel an Gütern der einzelne dem Kloster schenken
oder vermachen durfte, und zwar nur mit dem Einverständnis seiner Erben.
Der Sage nach haben die Gotländer selbst den Schutz der in Upsala
sitzenden Könige von Swea Nike durch die Entrichtung eines jährliches Schoßes
von 60 Mark Silbers erkauft, wahrscheinlich zur Sicherung der von Gotland
überallhin führenden Handelsstraßen; denn viele Könige, so heißt es in der
Gutasage, stritten gegen Gotland, solange es heidnisch war. Schon im
zwölften Jahrhundert fassen Deutsche „van nmnnigherhande tunghen" Fuß auf
der Insel, Denn Kaiser Lothar der Sachse (1125 bis 1137) gibt nach der Ein¬
leitung der Wisby Stadslag diesen deutschen Einwanderern Rechte und Gesetze,
die sein Enkel Heinrich der Löwe 1163 bestätigt. In Wisby, einem uralten,
heidnischen Opferplatze, lassen sich die Deutschen nieder, und es scheint, als ob
Wisby als Stadt von den Deutschen gegründet worden sei. Denn Papst
Honorius der Dritte verspricht 1227 den „deutschen Bürgern von Visbu", sie,
ihre Stadt und ihren Hafen in des Heiligen Petrus und seinen Schutz zu nehmen.
Freilich fließen die Quellen schriftlicher Überlieferung äußerst spärlich. Denn
was die Brände der Stadt und der Übereifer christlicher Glaubensboten an
Urkunden verschont haben, hat Hans Braske, der Bischof von Linköping,
im Jahre 1527 bei Gelegenheit einer Kirchenvisitation an sich genommen. Er
ist nach Danzig und dann nach dem polnischen Kloster Leuta weitergereist.
Dort ist er gestorben; seine Hinterlassenschaft an Büchern und Handschriften ist
verschollen.
Lebhaft sind die Beziehungen Gotlauds zur gegenüberliegenden südlichen
Küste. Schon im elften Jahrhundert finden sich urkundlich nachweisbar Got¬
länder in Nowgorod, und seit alters verwaltet die Landgemeinde von Gotland
den Gotenhof in Nowgorod. Zum Bau des Schlosses Uxkull in Livland
werden um 1158 Maurer und Steinhauer aus Gotland geholt, und Engelbert
von Buxhövden bevölkert 1202 das eben gegründete Riga mit Kaufleuten und
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |