Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Zweites Vierteljahr.Die Koppe rühnckheit übertrifft seine augenblickliche Popularität. Es fragt sich, ob das Wir haben die Antwort schon zu geben versucht. Von Paul Heyses Lyrik Die Aoppe Ich sah sie aus der Tiefe aufwärtsstreben, Die Muskeln wie im Kampfe straff gespannt Und purpurn unterlaufen; Doch in den tiefen Muskeltälern lagen Die langen Schattenzüge der Ermattung. So war auch der Erfolg. Sie kämpfte zäh. Die Bergesbrüder trotzig überragend, Zum ruhigblanen Himmel sich empor; Doch seine höchsten Höhen zu erklimmen Gelang ihr nicht. Er sah dem Kampfe steten Blickes zu, So Kraft wie Schwäche wohl ermessend Und über die begrenzte Kraft nicht spottend. Denn da sie seiner Stärke wahlverwandt, Deckt' er mit seines Mantels reicher Milde Die Schwächen der Erschöpften liebreich zu. So steht der Größere dein Großen helfend nah. Denn eine Welt von Kraft trennt beide Von der im Kleinen selbstzufriednem Menge Und eint sie brüderlich. Georg Hermann Franke Die Koppe rühnckheit übertrifft seine augenblickliche Popularität. Es fragt sich, ob das Wir haben die Antwort schon zu geben versucht. Von Paul Heyses Lyrik Die Aoppe Ich sah sie aus der Tiefe aufwärtsstreben, Die Muskeln wie im Kampfe straff gespannt Und purpurn unterlaufen; Doch in den tiefen Muskeltälern lagen Die langen Schattenzüge der Ermattung. So war auch der Erfolg. Sie kämpfte zäh. Die Bergesbrüder trotzig überragend, Zum ruhigblanen Himmel sich empor; Doch seine höchsten Höhen zu erklimmen Gelang ihr nicht. Er sah dem Kampfe steten Blickes zu, So Kraft wie Schwäche wohl ermessend Und über die begrenzte Kraft nicht spottend. Denn da sie seiner Stärke wahlverwandt, Deckt' er mit seines Mantels reicher Milde Die Schwächen der Erschöpften liebreich zu. So steht der Größere dein Großen helfend nah. Denn eine Welt von Kraft trennt beide Von der im Kleinen selbstzufriednem Menge Und eint sie brüderlich. Georg Hermann Franke <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0051" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/328151"/> <fw type="header" place="top"> Die Koppe</fw><lb/> <p xml:id="ID_194" prev="#ID_193"> rühnckheit übertrifft seine augenblickliche Popularität. Es fragt sich, ob das<lb/> gleichbedeutend ist mit literarhistorischer Einsargung, ob er auf die Dauer mehr<lb/> erhoben als gelesen werden wird.</p><lb/> <p xml:id="ID_195"> Wir haben die Antwort schon zu geben versucht. Von Paul Heyses Lyrik<lb/> und Erzählungskunst wird das beste bestehen, und das ist schon ein reicher<lb/> Schatz. Als Dramatiker wird er sich zwar die Bühne nicht erobern, aber nur<lb/> wird auch in Zukunft einzelne seiner Stücke geben und andere um ihres<lb/> persönlichen Gehaltes willen lesen. In seinem besten war Heyse eine aus¬<lb/> gesprochene Künstlernatur, zart und fein, aber auch eigensinnig seinem Wahl¬<lb/> spruch folgend:</p><lb/> <lg xml:id="POEMID_5" type="poem"> <l/> </lg><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Die Aoppe</head><lb/> <lg xml:id="POEMID_6" type="poem"> <l> Ich sah sie aus der Tiefe aufwärtsstreben,<lb/> Die Muskeln wie im Kampfe straff gespannt<lb/> Und purpurn unterlaufen;<lb/> Doch in den tiefen Muskeltälern lagen<lb/> Die langen Schattenzüge der Ermattung.</l> <l> So war auch der Erfolg. Sie kämpfte zäh.<lb/> Die Bergesbrüder trotzig überragend,<lb/> Zum ruhigblanen Himmel sich empor;<lb/> Doch seine höchsten Höhen zu erklimmen<lb/> Gelang ihr nicht.</l> <l> Er sah dem Kampfe steten Blickes zu,<lb/> So Kraft wie Schwäche wohl ermessend<lb/> Und über die begrenzte Kraft nicht spottend.<lb/> Denn da sie seiner Stärke wahlverwandt,<lb/> Deckt' er mit seines Mantels reicher Milde<lb/> Die Schwächen der Erschöpften liebreich zu.</l> <l> So steht der Größere dein Großen helfend nah.<lb/> Denn eine Welt von Kraft trennt beide<lb/> Von der im Kleinen selbstzufriednem Menge<lb/> Und eint sie brüderlich.</l> <note type="byline"> Georg Hermann Franke</note> </lg><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0051]
Die Koppe
rühnckheit übertrifft seine augenblickliche Popularität. Es fragt sich, ob das
gleichbedeutend ist mit literarhistorischer Einsargung, ob er auf die Dauer mehr
erhoben als gelesen werden wird.
Wir haben die Antwort schon zu geben versucht. Von Paul Heyses Lyrik
und Erzählungskunst wird das beste bestehen, und das ist schon ein reicher
Schatz. Als Dramatiker wird er sich zwar die Bühne nicht erobern, aber nur
wird auch in Zukunft einzelne seiner Stücke geben und andere um ihres
persönlichen Gehaltes willen lesen. In seinem besten war Heyse eine aus¬
gesprochene Künstlernatur, zart und fein, aber auch eigensinnig seinem Wahl¬
spruch folgend:
Die Aoppe
Ich sah sie aus der Tiefe aufwärtsstreben,
Die Muskeln wie im Kampfe straff gespannt
Und purpurn unterlaufen;
Doch in den tiefen Muskeltälern lagen
Die langen Schattenzüge der Ermattung. So war auch der Erfolg. Sie kämpfte zäh.
Die Bergesbrüder trotzig überragend,
Zum ruhigblanen Himmel sich empor;
Doch seine höchsten Höhen zu erklimmen
Gelang ihr nicht. Er sah dem Kampfe steten Blickes zu,
So Kraft wie Schwäche wohl ermessend
Und über die begrenzte Kraft nicht spottend.
Denn da sie seiner Stärke wahlverwandt,
Deckt' er mit seines Mantels reicher Milde
Die Schwächen der Erschöpften liebreich zu. So steht der Größere dein Großen helfend nah.
Denn eine Welt von Kraft trennt beide
Von der im Kleinen selbstzufriednem Menge
Und eint sie brüderlich. Georg Hermann Franke
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