Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Zweites Vierteljahr.Vererbung beim Menschen Als typischer Fall des Erbganges bei Rezession sei die Stammtafel des Die 17 Kranken stammen sämtlich aus neun Ehen gesunder Gatten und Rechnerische Verbesserungen -- die Einbeziehung der jung verstorbenen Verwertung sämtlichen seit der Entdeckung der Krankheit untersuchten und be¬ Wichtig und bemerkenswert ist Lundborgs Nachweis, daß sich neben und Vererbung beim Menschen Als typischer Fall des Erbganges bei Rezession sei die Stammtafel des Die 17 Kranken stammen sämtlich aus neun Ehen gesunder Gatten und Rechnerische Verbesserungen — die Einbeziehung der jung verstorbenen Verwertung sämtlichen seit der Entdeckung der Krankheit untersuchten und be¬ Wichtig und bemerkenswert ist Lundborgs Nachweis, daß sich neben und <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0315" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/328415"/> <fw type="header" place="top"> Vererbung beim Menschen</fw><lb/> <p xml:id="ID_1320"> Als typischer Fall des Erbganges bei Rezession sei die Stammtafel des<lb/> schwedischen Bauerngeschlechtes angeführt, in dem Lundborg die Erblichkeit einer<lb/> besonderen Form der Epilepsie, von den eigenartigen Krampfanfällen her<lb/> Myoclonus-Epilepsie genannt, entdeckt hat.</p><lb/> <p xml:id="ID_1321"> Die 17 Kranken stammen sämtlich aus neun Ehen gesunder Gatten und<lb/> besitzen nach Abzug der 20 als ganz kleine Kinder Verstorbenen, die nicht alt<lb/> genug wurden, um erkranken zu können, 37 gesunde Geschwister: 17 : 37 bedeutet<lb/> eine ausreichende Annäherung an die Mendel-Proportion 1:3. Nach ihr<lb/> würden statt der gefundenen 17 :37 die Zahlen 13,5:40.5 zu erwarten sein<lb/> oder statt 25 Prozent Kranker werden 31,5 Prozent gefunden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1322" next="#ID_1323"> Rechnerische Verbesserungen — die Einbeziehung der jung verstorbenen<lb/> Kinder und statistisch-technische Korrekturen — würden das Ergebnis der<lb/> theoretischen Erwartung noch stärker, nämlich auf 22,7 Prozent annähern. Die</p><lb/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341899_328099/figures/grenzboten_341899_328099_328415_005.jpg"/><lb/> <p xml:id="ID_1323" prev="#ID_1322"> Verwertung sämtlichen seit der Entdeckung der Krankheit untersuchten und be¬<lb/> obachteten Stammtafelmaterials dieser Epilepsie führt sogar auf die Ziffern<lb/> 68 :231 oder 25.1 Prozent. Das bedeutet für menschliche Erbzahlen den sicheren<lb/> Nachweis: Myoclonus-Epilepsie entsteht im Erbgute durch Rezession eines Normal¬<lb/> gens: Die Kranken müssen als um bezeichnet werden, ihre gesunden Eltern<lb/> als I^In. Heiraten die Kranken — um — Gesunde — IM —, so sind alle<lb/> Kinder — I^In — das heißt persönlich gesund, wie an den Ehen der kranken<lb/> Familienmitglieder Ur. 14 und Ur. 17 gut zu sehen ist. In überaus deutlicher<lb/> Weise tritt das unheilvolle Wirken der Verwandtenheirat bei dem belasteten<lb/> Erbgute dieses Geschlechts zutage.</p><lb/> <p xml:id="ID_1324"> Wichtig und bemerkenswert ist Lundborgs Nachweis, daß sich neben und<lb/> gänzlich unabhängig von der Epilepsie in jener Familie noch andere Geistes- und<lb/> Nervenkrankheiten forterben. Man darf mithin künstig nicht mehr schlechthin<lb/> mit erblicher Belastung für Psychopathie rechnen, sondern muß stets auf das<lb/> erbliche Vorkommen bestimmter Erkrankungsformen fahnden.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0315]
Vererbung beim Menschen
Als typischer Fall des Erbganges bei Rezession sei die Stammtafel des
schwedischen Bauerngeschlechtes angeführt, in dem Lundborg die Erblichkeit einer
besonderen Form der Epilepsie, von den eigenartigen Krampfanfällen her
Myoclonus-Epilepsie genannt, entdeckt hat.
Die 17 Kranken stammen sämtlich aus neun Ehen gesunder Gatten und
besitzen nach Abzug der 20 als ganz kleine Kinder Verstorbenen, die nicht alt
genug wurden, um erkranken zu können, 37 gesunde Geschwister: 17 : 37 bedeutet
eine ausreichende Annäherung an die Mendel-Proportion 1:3. Nach ihr
würden statt der gefundenen 17 :37 die Zahlen 13,5:40.5 zu erwarten sein
oder statt 25 Prozent Kranker werden 31,5 Prozent gefunden.
Rechnerische Verbesserungen — die Einbeziehung der jung verstorbenen
Kinder und statistisch-technische Korrekturen — würden das Ergebnis der
theoretischen Erwartung noch stärker, nämlich auf 22,7 Prozent annähern. Die
[Abbildung]
Verwertung sämtlichen seit der Entdeckung der Krankheit untersuchten und be¬
obachteten Stammtafelmaterials dieser Epilepsie führt sogar auf die Ziffern
68 :231 oder 25.1 Prozent. Das bedeutet für menschliche Erbzahlen den sicheren
Nachweis: Myoclonus-Epilepsie entsteht im Erbgute durch Rezession eines Normal¬
gens: Die Kranken müssen als um bezeichnet werden, ihre gesunden Eltern
als I^In. Heiraten die Kranken — um — Gesunde — IM —, so sind alle
Kinder — I^In — das heißt persönlich gesund, wie an den Ehen der kranken
Familienmitglieder Ur. 14 und Ur. 17 gut zu sehen ist. In überaus deutlicher
Weise tritt das unheilvolle Wirken der Verwandtenheirat bei dem belasteten
Erbgute dieses Geschlechts zutage.
Wichtig und bemerkenswert ist Lundborgs Nachweis, daß sich neben und
gänzlich unabhängig von der Epilepsie in jener Familie noch andere Geistes- und
Nervenkrankheiten forterben. Man darf mithin künstig nicht mehr schlechthin
mit erblicher Belastung für Psychopathie rechnen, sondern muß stets auf das
erbliche Vorkommen bestimmter Erkrankungsformen fahnden.
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