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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Zweites Vierteljahr.

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Die INexikofmge

Überlegt man von diesem Standpunkte aus. so ergibt sich logisch, daß für
die Vereinigten Staaten ein im Inneren ruhiges Mexiko mit geordneten Zu-
ständen unerträglich sein muß. sobald eS sich erlaubt. Versuche einer selbständigen
auswärtigen Politik anzustellen. Muß doch eine auswärtige Politik Mexikos mit
natürlicher Notwendigkeit darauf hinauslaufen, bei einer dritten Macht zum
mindesten Rückhalt, unter Umständen Unterstützung gegen den großen, immer
erdrückender erscheinenden Nachbar im Norden zu finden. So wurde denn
Porfirio Diaz, als er versuchte, mit Japan in nähere Verbindung zu treten,
von den Vereinigten Staaten gestürzt. Freilich wirkte dabei noch ein anderes
mit: der später des näheren zu erörternde amerikanisch-englische Kampf um die
Ölquelle" Mexikos. Nach außen hin zeigte sich dieser Kampf nur als eine mit
allen Mitteln betätigte Konkurrenz zwischen der Standard Oil Company und der
englischen Firma Pearson. Diaz protegierte die englische. Madero die amerika-
nische Firma. Wiederum ist es nur folgerichtig, daß Huerta von Anfang an
Konzessionen an die englische Firma wohlwollend gegenübergestanden hat im
Gegensatze zu solchen an die amerikanische.

Dazu kommt nun noch ein sehr wichtiger Punkt: der Panamakanal. Seit¬
dem die Vereinigten Staaten seinen Bau beschlossen hatten, hat jedem ihrer
politischen Leiter als selbstverständlich festgestanden, daß dieser Kanal politisch und
militärisch uneingeschränkt unter ihrer Autorität stehen müsse. Man war zunächst
durch alte Verträge gebunden, die insbesondere durch das englische Interesse an
einer Wasserstraße zwischen dem Stillen und dem Atlantischen Ozean zu einem
anscheinend unüberwindlichen Hindernis wurden. Die Vereinigten Staaten
warteten aber ihre Zeit ab und, als Großbritannien durch den Burenkrieg in
langdauernde Verlegenheit geraten war. erreichte der Staatssekretär Hau zur
Zeit der Präsidentschaft Mac Kinleys. daß durch den Hau-Pauncefote-Vertrag die
Vereinigten Staaten tatsächlich Herren des künstigen Kanals wurden. Wenige
Jahre nachher wurde auch das Ziel erreicht, aus dem Kanalgebiet amerikanisches
Gebiet zu machen. Man versuchte zunächst die Einwilligung Kolumbiens zu
einem entsprechenden Landkäufe zu erlangen. Kolumbien aber zeigte sich,
heimlich von England gestützt, gänzlich abgeneigt. Der Präsident der Vereinigten
Staaten. Roosevelt. war jedoch um Auskunft nicht verlegen: im Panamagebiet
Kolumbiens entstand plötzlich eine "Revolution", Panama erklärte sich
als selbständig, wurde von den Vereinigten Staaten unmittelbar anerkannt
und beeilte sich, den Vereinigten Staaten nunmehr das gewünschte Landgebiet
für den Bau des Panamakanals einschließlich vorgelagerter Inseln mit allen
Rechten und Befugnissen, wie sie nur dem Eigentümer und der Landeshoheit
Zustehen, zu verkaufen. Im Hav-Bünau-Varilla° Vertrage ist diese Übertragung
ausgesprochen worden. Damit ist die Forderung eines früheren Präsidenten
der Vereinigten Staaten. Hans, der künftige Panamakanal müsse einen Teil
der Gewässer und der Küsten der Vereinigten Staaten bilden, erfüllt.
Die sich aus dieser Auffassung ergebenden Konsequenzen: Befestigung des


Die INexikofmge

Überlegt man von diesem Standpunkte aus. so ergibt sich logisch, daß für
die Vereinigten Staaten ein im Inneren ruhiges Mexiko mit geordneten Zu-
ständen unerträglich sein muß. sobald eS sich erlaubt. Versuche einer selbständigen
auswärtigen Politik anzustellen. Muß doch eine auswärtige Politik Mexikos mit
natürlicher Notwendigkeit darauf hinauslaufen, bei einer dritten Macht zum
mindesten Rückhalt, unter Umständen Unterstützung gegen den großen, immer
erdrückender erscheinenden Nachbar im Norden zu finden. So wurde denn
Porfirio Diaz, als er versuchte, mit Japan in nähere Verbindung zu treten,
von den Vereinigten Staaten gestürzt. Freilich wirkte dabei noch ein anderes
mit: der später des näheren zu erörternde amerikanisch-englische Kampf um die
Ölquelle» Mexikos. Nach außen hin zeigte sich dieser Kampf nur als eine mit
allen Mitteln betätigte Konkurrenz zwischen der Standard Oil Company und der
englischen Firma Pearson. Diaz protegierte die englische. Madero die amerika-
nische Firma. Wiederum ist es nur folgerichtig, daß Huerta von Anfang an
Konzessionen an die englische Firma wohlwollend gegenübergestanden hat im
Gegensatze zu solchen an die amerikanische.

Dazu kommt nun noch ein sehr wichtiger Punkt: der Panamakanal. Seit¬
dem die Vereinigten Staaten seinen Bau beschlossen hatten, hat jedem ihrer
politischen Leiter als selbstverständlich festgestanden, daß dieser Kanal politisch und
militärisch uneingeschränkt unter ihrer Autorität stehen müsse. Man war zunächst
durch alte Verträge gebunden, die insbesondere durch das englische Interesse an
einer Wasserstraße zwischen dem Stillen und dem Atlantischen Ozean zu einem
anscheinend unüberwindlichen Hindernis wurden. Die Vereinigten Staaten
warteten aber ihre Zeit ab und, als Großbritannien durch den Burenkrieg in
langdauernde Verlegenheit geraten war. erreichte der Staatssekretär Hau zur
Zeit der Präsidentschaft Mac Kinleys. daß durch den Hau-Pauncefote-Vertrag die
Vereinigten Staaten tatsächlich Herren des künstigen Kanals wurden. Wenige
Jahre nachher wurde auch das Ziel erreicht, aus dem Kanalgebiet amerikanisches
Gebiet zu machen. Man versuchte zunächst die Einwilligung Kolumbiens zu
einem entsprechenden Landkäufe zu erlangen. Kolumbien aber zeigte sich,
heimlich von England gestützt, gänzlich abgeneigt. Der Präsident der Vereinigten
Staaten. Roosevelt. war jedoch um Auskunft nicht verlegen: im Panamagebiet
Kolumbiens entstand plötzlich eine „Revolution", Panama erklärte sich
als selbständig, wurde von den Vereinigten Staaten unmittelbar anerkannt
und beeilte sich, den Vereinigten Staaten nunmehr das gewünschte Landgebiet
für den Bau des Panamakanals einschließlich vorgelagerter Inseln mit allen
Rechten und Befugnissen, wie sie nur dem Eigentümer und der Landeshoheit
Zustehen, zu verkaufen. Im Hav-Bünau-Varilla° Vertrage ist diese Übertragung
ausgesprochen worden. Damit ist die Forderung eines früheren Präsidenten
der Vereinigten Staaten. Hans, der künftige Panamakanal müsse einen Teil
der Gewässer und der Küsten der Vereinigten Staaten bilden, erfüllt.
Die sich aus dieser Auffassung ergebenden Konsequenzen: Befestigung des


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[0227] Die INexikofmge Überlegt man von diesem Standpunkte aus. so ergibt sich logisch, daß für die Vereinigten Staaten ein im Inneren ruhiges Mexiko mit geordneten Zu- ständen unerträglich sein muß. sobald eS sich erlaubt. Versuche einer selbständigen auswärtigen Politik anzustellen. Muß doch eine auswärtige Politik Mexikos mit natürlicher Notwendigkeit darauf hinauslaufen, bei einer dritten Macht zum mindesten Rückhalt, unter Umständen Unterstützung gegen den großen, immer erdrückender erscheinenden Nachbar im Norden zu finden. So wurde denn Porfirio Diaz, als er versuchte, mit Japan in nähere Verbindung zu treten, von den Vereinigten Staaten gestürzt. Freilich wirkte dabei noch ein anderes mit: der später des näheren zu erörternde amerikanisch-englische Kampf um die Ölquelle» Mexikos. Nach außen hin zeigte sich dieser Kampf nur als eine mit allen Mitteln betätigte Konkurrenz zwischen der Standard Oil Company und der englischen Firma Pearson. Diaz protegierte die englische. Madero die amerika- nische Firma. Wiederum ist es nur folgerichtig, daß Huerta von Anfang an Konzessionen an die englische Firma wohlwollend gegenübergestanden hat im Gegensatze zu solchen an die amerikanische. Dazu kommt nun noch ein sehr wichtiger Punkt: der Panamakanal. Seit¬ dem die Vereinigten Staaten seinen Bau beschlossen hatten, hat jedem ihrer politischen Leiter als selbstverständlich festgestanden, daß dieser Kanal politisch und militärisch uneingeschränkt unter ihrer Autorität stehen müsse. Man war zunächst durch alte Verträge gebunden, die insbesondere durch das englische Interesse an einer Wasserstraße zwischen dem Stillen und dem Atlantischen Ozean zu einem anscheinend unüberwindlichen Hindernis wurden. Die Vereinigten Staaten warteten aber ihre Zeit ab und, als Großbritannien durch den Burenkrieg in langdauernde Verlegenheit geraten war. erreichte der Staatssekretär Hau zur Zeit der Präsidentschaft Mac Kinleys. daß durch den Hau-Pauncefote-Vertrag die Vereinigten Staaten tatsächlich Herren des künstigen Kanals wurden. Wenige Jahre nachher wurde auch das Ziel erreicht, aus dem Kanalgebiet amerikanisches Gebiet zu machen. Man versuchte zunächst die Einwilligung Kolumbiens zu einem entsprechenden Landkäufe zu erlangen. Kolumbien aber zeigte sich, heimlich von England gestützt, gänzlich abgeneigt. Der Präsident der Vereinigten Staaten. Roosevelt. war jedoch um Auskunft nicht verlegen: im Panamagebiet Kolumbiens entstand plötzlich eine „Revolution", Panama erklärte sich als selbständig, wurde von den Vereinigten Staaten unmittelbar anerkannt und beeilte sich, den Vereinigten Staaten nunmehr das gewünschte Landgebiet für den Bau des Panamakanals einschließlich vorgelagerter Inseln mit allen Rechten und Befugnissen, wie sie nur dem Eigentümer und der Landeshoheit Zustehen, zu verkaufen. Im Hav-Bünau-Varilla° Vertrage ist diese Übertragung ausgesprochen worden. Damit ist die Forderung eines früheren Präsidenten der Vereinigten Staaten. Hans, der künftige Panamakanal müsse einen Teil der Gewässer und der Küsten der Vereinigten Staaten bilden, erfüllt. Die sich aus dieser Auffassung ergebenden Konsequenzen: Befestigung des

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_328099/227>, abgerufen am 25.07.2024.