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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Zweites Vierteljahr.

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Hochschulbildung und Auslandsinteressen

Für die kaufmännischen Berufe liegt der Fall noch viel klarer. Kein
Mensch kann eine Trennung der Handelshochschulen nach Inlands- und
Auslandsbedürfnissen verlangen.

Auf der anderen Seite ist es kaum möglich, den jungen Leuten, welche
die normale Ausbildung in ihrem Berufe erworben haben, noch einige Jahre
Auslandshochschule aufzuerlegen, ehe man sie zur Verwendung im Auslands-
dicnst heranzieht. Für die kaufmännischen Berufe scheidet diese Eventualität
von vornherein aus; aber auch für die Beamten der meisten Kategorien wäre
eine solche Verlängerung der theoretischen Ausbildungszeit kaum erträglich.
Die jungen Leute kommen bei uns nicht zu früh, sondern zu spät in die Praxis.

Dem unbestreitbaren und unbestrittenen Bedürfnis nach einer gründlicheren
Vorbildung für die praktische Tätigkeit im Auslande oder im Verkehr mit dem
Auslande wird unter diesen Verhältnissen, wie ich glaube, am besten genügt
durch Einrichtungen, die unserem jungen Nachwuchs die Möglichkeit geben,
während der Zeit des Studiums und der praktischen Vorbereitung ihr Wissen
auf dem hier in Betracht kommenden Gebiete zu bereichern und zu vertiefen.
Für einen solchen ergänzenden Zweck eine selbständige Hochschule zu schaffen,
wäre offensichtlich verfehlt. Ich stimme in dieser Beziehung durchaus dem
preußischen Kultusminister zu, der am 24. Februar dieses Jahres in der
Budgetkommission des Abgeordnetenhauses ausgeführt hat, daß für die speziellere
Ausbildung für den Auslandsdienst lediglich Ergänzungs- und Hilfsfächer in
Frage kommen und daß deshalb der erstrebte Zweck unter wesentlicher Benutzung
der vorhandenen Unterrichtseinrichtuugen der Universitäten und sonstigen Hoch¬
schulen und im unmittelbaren Anschluß an diese durchführbar sei.

Das heißt keineswegs die Hände in den Schoß legen. Das Programm
des sachgemäßen Aufbaus und der notwendigen Ergänzung der bestehenden
Einrichtungen ist im Gegenteil viel weitschichtiger und in seinen Wirkungen
durchdringender als das Programm der Errichtung einer einzigen zentralen
Anslandshochschule,

Über die Verwirklichung des weiteren Programms in seinen Einzelheiten
will ich mich hier nicht auflasten. Es kommen hier Fragen in Betracht, die
nicht über das Knie gebrochen und nicht mit einem Schlage ihrer Lösung zu¬
geführt werden können.

Einen Fingerzeig für das noch zu Schaffende gibt die bisherige Ent¬
wicklung des Seminars für Orientalische Sprachen. Sein Name war ursprünglich
sein Programm; aber nur im allerersten Anfang. Das junge Institut hat schon
in seinem ersten Lebensjahr angefangen, den engen Rahmen zu sprengen. Es
hat in fortschreitend weiterem Umfang sich die Aufgabe gestellt, den jungen
Leuten, die sich im Ausland -- namentlich in den Kolonien und im Orient --
betätigen wollen, die ergänzenden Kenntnisse zu vermitteln, deren sie draußen
bedürfen. Es erfüllt diese Aufgabe gegenüber den verschiedensten Berufen,
gegenüber den Beamten ebenso wie gegenüber Offizieren, Missionaren, Lehrern


Hochschulbildung und Auslandsinteressen

Für die kaufmännischen Berufe liegt der Fall noch viel klarer. Kein
Mensch kann eine Trennung der Handelshochschulen nach Inlands- und
Auslandsbedürfnissen verlangen.

Auf der anderen Seite ist es kaum möglich, den jungen Leuten, welche
die normale Ausbildung in ihrem Berufe erworben haben, noch einige Jahre
Auslandshochschule aufzuerlegen, ehe man sie zur Verwendung im Auslands-
dicnst heranzieht. Für die kaufmännischen Berufe scheidet diese Eventualität
von vornherein aus; aber auch für die Beamten der meisten Kategorien wäre
eine solche Verlängerung der theoretischen Ausbildungszeit kaum erträglich.
Die jungen Leute kommen bei uns nicht zu früh, sondern zu spät in die Praxis.

Dem unbestreitbaren und unbestrittenen Bedürfnis nach einer gründlicheren
Vorbildung für die praktische Tätigkeit im Auslande oder im Verkehr mit dem
Auslande wird unter diesen Verhältnissen, wie ich glaube, am besten genügt
durch Einrichtungen, die unserem jungen Nachwuchs die Möglichkeit geben,
während der Zeit des Studiums und der praktischen Vorbereitung ihr Wissen
auf dem hier in Betracht kommenden Gebiete zu bereichern und zu vertiefen.
Für einen solchen ergänzenden Zweck eine selbständige Hochschule zu schaffen,
wäre offensichtlich verfehlt. Ich stimme in dieser Beziehung durchaus dem
preußischen Kultusminister zu, der am 24. Februar dieses Jahres in der
Budgetkommission des Abgeordnetenhauses ausgeführt hat, daß für die speziellere
Ausbildung für den Auslandsdienst lediglich Ergänzungs- und Hilfsfächer in
Frage kommen und daß deshalb der erstrebte Zweck unter wesentlicher Benutzung
der vorhandenen Unterrichtseinrichtuugen der Universitäten und sonstigen Hoch¬
schulen und im unmittelbaren Anschluß an diese durchführbar sei.

Das heißt keineswegs die Hände in den Schoß legen. Das Programm
des sachgemäßen Aufbaus und der notwendigen Ergänzung der bestehenden
Einrichtungen ist im Gegenteil viel weitschichtiger und in seinen Wirkungen
durchdringender als das Programm der Errichtung einer einzigen zentralen
Anslandshochschule,

Über die Verwirklichung des weiteren Programms in seinen Einzelheiten
will ich mich hier nicht auflasten. Es kommen hier Fragen in Betracht, die
nicht über das Knie gebrochen und nicht mit einem Schlage ihrer Lösung zu¬
geführt werden können.

Einen Fingerzeig für das noch zu Schaffende gibt die bisherige Ent¬
wicklung des Seminars für Orientalische Sprachen. Sein Name war ursprünglich
sein Programm; aber nur im allerersten Anfang. Das junge Institut hat schon
in seinem ersten Lebensjahr angefangen, den engen Rahmen zu sprengen. Es
hat in fortschreitend weiterem Umfang sich die Aufgabe gestellt, den jungen
Leuten, die sich im Ausland — namentlich in den Kolonien und im Orient —
betätigen wollen, die ergänzenden Kenntnisse zu vermitteln, deren sie draußen
bedürfen. Es erfüllt diese Aufgabe gegenüber den verschiedensten Berufen,
gegenüber den Beamten ebenso wie gegenüber Offizieren, Missionaren, Lehrern


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[0212] Hochschulbildung und Auslandsinteressen Für die kaufmännischen Berufe liegt der Fall noch viel klarer. Kein Mensch kann eine Trennung der Handelshochschulen nach Inlands- und Auslandsbedürfnissen verlangen. Auf der anderen Seite ist es kaum möglich, den jungen Leuten, welche die normale Ausbildung in ihrem Berufe erworben haben, noch einige Jahre Auslandshochschule aufzuerlegen, ehe man sie zur Verwendung im Auslands- dicnst heranzieht. Für die kaufmännischen Berufe scheidet diese Eventualität von vornherein aus; aber auch für die Beamten der meisten Kategorien wäre eine solche Verlängerung der theoretischen Ausbildungszeit kaum erträglich. Die jungen Leute kommen bei uns nicht zu früh, sondern zu spät in die Praxis. Dem unbestreitbaren und unbestrittenen Bedürfnis nach einer gründlicheren Vorbildung für die praktische Tätigkeit im Auslande oder im Verkehr mit dem Auslande wird unter diesen Verhältnissen, wie ich glaube, am besten genügt durch Einrichtungen, die unserem jungen Nachwuchs die Möglichkeit geben, während der Zeit des Studiums und der praktischen Vorbereitung ihr Wissen auf dem hier in Betracht kommenden Gebiete zu bereichern und zu vertiefen. Für einen solchen ergänzenden Zweck eine selbständige Hochschule zu schaffen, wäre offensichtlich verfehlt. Ich stimme in dieser Beziehung durchaus dem preußischen Kultusminister zu, der am 24. Februar dieses Jahres in der Budgetkommission des Abgeordnetenhauses ausgeführt hat, daß für die speziellere Ausbildung für den Auslandsdienst lediglich Ergänzungs- und Hilfsfächer in Frage kommen und daß deshalb der erstrebte Zweck unter wesentlicher Benutzung der vorhandenen Unterrichtseinrichtuugen der Universitäten und sonstigen Hoch¬ schulen und im unmittelbaren Anschluß an diese durchführbar sei. Das heißt keineswegs die Hände in den Schoß legen. Das Programm des sachgemäßen Aufbaus und der notwendigen Ergänzung der bestehenden Einrichtungen ist im Gegenteil viel weitschichtiger und in seinen Wirkungen durchdringender als das Programm der Errichtung einer einzigen zentralen Anslandshochschule, Über die Verwirklichung des weiteren Programms in seinen Einzelheiten will ich mich hier nicht auflasten. Es kommen hier Fragen in Betracht, die nicht über das Knie gebrochen und nicht mit einem Schlage ihrer Lösung zu¬ geführt werden können. Einen Fingerzeig für das noch zu Schaffende gibt die bisherige Ent¬ wicklung des Seminars für Orientalische Sprachen. Sein Name war ursprünglich sein Programm; aber nur im allerersten Anfang. Das junge Institut hat schon in seinem ersten Lebensjahr angefangen, den engen Rahmen zu sprengen. Es hat in fortschreitend weiterem Umfang sich die Aufgabe gestellt, den jungen Leuten, die sich im Ausland — namentlich in den Kolonien und im Orient — betätigen wollen, die ergänzenden Kenntnisse zu vermitteln, deren sie draußen bedürfen. Es erfüllt diese Aufgabe gegenüber den verschiedensten Berufen, gegenüber den Beamten ebenso wie gegenüber Offizieren, Missionaren, Lehrern

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_328099/212>, abgerufen am 25.07.2024.