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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Zweites Vierteljahr.

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Hochschulbildung und Auslaudsinteressen

und die Handelsbeziehungen mit diesen bedürfen einer intensiverer Pflege und
spezielleren Durcharbeitung als früher; aber es ist ganz unmöglich, die Fülle
dieser Aufgaben abseits von den bestehenden Einrichtungen, die der Pflege der
Völkerkunde, der Geschichte, der Rechtswissenschaft und Volkswirtschaft dienen,
zu bewältigen. Besondere Institute der bestehenden Hochschulen haben sich auf
allen Wissensgebieten für die Pflege von Spezialitäten vorzüglich bewährt. In
der Errichtung und dem Ausbau solcher Institute bietet sich noch ein weites
Feld. Für die Pflege des bürgerlichen und Handelsrechts der wichtigsten
fremden Staaten ist bisher in Deutschland noch so gut wie nichts geschehen.
Hier liegt ein Bedürfnis vor, dem am zweckmäßigsten im Anschluß an die
bestehenden Einrichtungen der juristischen Fakultäten unserer Universitäten genügt
werden kann. Mit einigen neuen Professuren und Lehraufträgen, zusammen
mit der Bewilligung von Mitteln für Bibliotheken und Archive, läßt sich viel
erreichen. Ähnlich liegt es auf dem Gebiete der Landeskunde, der Geschichte
und der Wirtschaftsverhältnisse. Wo man aber solche Institute zusammenfassen
und selbständig machen will, oder von Anfang an als selbständige Organe
begründen will, da wird man unmöglich darauf verzichten können, auch für
die allgemeinen Wissenszweige, deren Spezialitäten betrieben werden sollen,
ausreichend zu sorgen. Dann kommt in großem Umfang eine Dublierung der
bestehenden Hochschuleinrichtungen heraus, durch die in unnötiger Weise Geld
und Kräfte vergeudet werden würden. Von diesem Gesichtspunkte aus haben
selbständige Auslandshochschulen eine Daseinsberechtigung nur an Plätzen, die
über keine anderen Hochschulen verfügen, aber in sonstiger Beziehung hervorragend
günstige Bedingungen für die Pflege des sich aus das Ausland beziehenden
Wissens aufweisen: so wird niemand dem Kolonialinstitut in Hamburg seine
großen Verdienste abstreiten wollen. Allerdings ist eine solche selbständige
Hochschule wesentlich leichter aufzubauen, wenn sie sich innerhalb des gewaltigen
Reichs des Wissens vom Auslande einem Teilgebiete wie den Kolonien be¬
sonders widmet. Die Bestrebungen zum Ausbau des Hamburger Kolonial¬
instituts zu einer umfassenden Auslandshochschule -- ein Weg. der jetzt durch
die Errichtung von Abteilungen für Kultur und Geschichte Japans, Indiens
und Rußlands betreten worden ist -- wird schließlich aus die viel diskutierte
Gründung einer Hamburger Universität hinauskommen.

Wenn man sich aber über diese Schwierigkeiten hinwegsetzen will: wie
soll eine selbständige Auslandshochschule in die Organisation unseres Bildungs¬
wesens eingefügt werden?

Ich sehe nur zwei Möglichkeiten:

Entweder die Auslandshochschule tritt für gewisse Berufe an die
Stelle der heute bestehenden Lehranstalten, insbesondere der Univer¬
sitäten oder Handelshochschulen,

oder das Studium auf der Auslandshochschule folgt zeitlich auf
den Abschluß des Studiums auf einer der bestehenden Lehranstalten.


Hochschulbildung und Auslaudsinteressen

und die Handelsbeziehungen mit diesen bedürfen einer intensiverer Pflege und
spezielleren Durcharbeitung als früher; aber es ist ganz unmöglich, die Fülle
dieser Aufgaben abseits von den bestehenden Einrichtungen, die der Pflege der
Völkerkunde, der Geschichte, der Rechtswissenschaft und Volkswirtschaft dienen,
zu bewältigen. Besondere Institute der bestehenden Hochschulen haben sich auf
allen Wissensgebieten für die Pflege von Spezialitäten vorzüglich bewährt. In
der Errichtung und dem Ausbau solcher Institute bietet sich noch ein weites
Feld. Für die Pflege des bürgerlichen und Handelsrechts der wichtigsten
fremden Staaten ist bisher in Deutschland noch so gut wie nichts geschehen.
Hier liegt ein Bedürfnis vor, dem am zweckmäßigsten im Anschluß an die
bestehenden Einrichtungen der juristischen Fakultäten unserer Universitäten genügt
werden kann. Mit einigen neuen Professuren und Lehraufträgen, zusammen
mit der Bewilligung von Mitteln für Bibliotheken und Archive, läßt sich viel
erreichen. Ähnlich liegt es auf dem Gebiete der Landeskunde, der Geschichte
und der Wirtschaftsverhältnisse. Wo man aber solche Institute zusammenfassen
und selbständig machen will, oder von Anfang an als selbständige Organe
begründen will, da wird man unmöglich darauf verzichten können, auch für
die allgemeinen Wissenszweige, deren Spezialitäten betrieben werden sollen,
ausreichend zu sorgen. Dann kommt in großem Umfang eine Dublierung der
bestehenden Hochschuleinrichtungen heraus, durch die in unnötiger Weise Geld
und Kräfte vergeudet werden würden. Von diesem Gesichtspunkte aus haben
selbständige Auslandshochschulen eine Daseinsberechtigung nur an Plätzen, die
über keine anderen Hochschulen verfügen, aber in sonstiger Beziehung hervorragend
günstige Bedingungen für die Pflege des sich aus das Ausland beziehenden
Wissens aufweisen: so wird niemand dem Kolonialinstitut in Hamburg seine
großen Verdienste abstreiten wollen. Allerdings ist eine solche selbständige
Hochschule wesentlich leichter aufzubauen, wenn sie sich innerhalb des gewaltigen
Reichs des Wissens vom Auslande einem Teilgebiete wie den Kolonien be¬
sonders widmet. Die Bestrebungen zum Ausbau des Hamburger Kolonial¬
instituts zu einer umfassenden Auslandshochschule — ein Weg. der jetzt durch
die Errichtung von Abteilungen für Kultur und Geschichte Japans, Indiens
und Rußlands betreten worden ist — wird schließlich aus die viel diskutierte
Gründung einer Hamburger Universität hinauskommen.

Wenn man sich aber über diese Schwierigkeiten hinwegsetzen will: wie
soll eine selbständige Auslandshochschule in die Organisation unseres Bildungs¬
wesens eingefügt werden?

Ich sehe nur zwei Möglichkeiten:

Entweder die Auslandshochschule tritt für gewisse Berufe an die
Stelle der heute bestehenden Lehranstalten, insbesondere der Univer¬
sitäten oder Handelshochschulen,

oder das Studium auf der Auslandshochschule folgt zeitlich auf
den Abschluß des Studiums auf einer der bestehenden Lehranstalten.


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[0210] Hochschulbildung und Auslaudsinteressen und die Handelsbeziehungen mit diesen bedürfen einer intensiverer Pflege und spezielleren Durcharbeitung als früher; aber es ist ganz unmöglich, die Fülle dieser Aufgaben abseits von den bestehenden Einrichtungen, die der Pflege der Völkerkunde, der Geschichte, der Rechtswissenschaft und Volkswirtschaft dienen, zu bewältigen. Besondere Institute der bestehenden Hochschulen haben sich auf allen Wissensgebieten für die Pflege von Spezialitäten vorzüglich bewährt. In der Errichtung und dem Ausbau solcher Institute bietet sich noch ein weites Feld. Für die Pflege des bürgerlichen und Handelsrechts der wichtigsten fremden Staaten ist bisher in Deutschland noch so gut wie nichts geschehen. Hier liegt ein Bedürfnis vor, dem am zweckmäßigsten im Anschluß an die bestehenden Einrichtungen der juristischen Fakultäten unserer Universitäten genügt werden kann. Mit einigen neuen Professuren und Lehraufträgen, zusammen mit der Bewilligung von Mitteln für Bibliotheken und Archive, läßt sich viel erreichen. Ähnlich liegt es auf dem Gebiete der Landeskunde, der Geschichte und der Wirtschaftsverhältnisse. Wo man aber solche Institute zusammenfassen und selbständig machen will, oder von Anfang an als selbständige Organe begründen will, da wird man unmöglich darauf verzichten können, auch für die allgemeinen Wissenszweige, deren Spezialitäten betrieben werden sollen, ausreichend zu sorgen. Dann kommt in großem Umfang eine Dublierung der bestehenden Hochschuleinrichtungen heraus, durch die in unnötiger Weise Geld und Kräfte vergeudet werden würden. Von diesem Gesichtspunkte aus haben selbständige Auslandshochschulen eine Daseinsberechtigung nur an Plätzen, die über keine anderen Hochschulen verfügen, aber in sonstiger Beziehung hervorragend günstige Bedingungen für die Pflege des sich aus das Ausland beziehenden Wissens aufweisen: so wird niemand dem Kolonialinstitut in Hamburg seine großen Verdienste abstreiten wollen. Allerdings ist eine solche selbständige Hochschule wesentlich leichter aufzubauen, wenn sie sich innerhalb des gewaltigen Reichs des Wissens vom Auslande einem Teilgebiete wie den Kolonien be¬ sonders widmet. Die Bestrebungen zum Ausbau des Hamburger Kolonial¬ instituts zu einer umfassenden Auslandshochschule — ein Weg. der jetzt durch die Errichtung von Abteilungen für Kultur und Geschichte Japans, Indiens und Rußlands betreten worden ist — wird schließlich aus die viel diskutierte Gründung einer Hamburger Universität hinauskommen. Wenn man sich aber über diese Schwierigkeiten hinwegsetzen will: wie soll eine selbständige Auslandshochschule in die Organisation unseres Bildungs¬ wesens eingefügt werden? Ich sehe nur zwei Möglichkeiten: Entweder die Auslandshochschule tritt für gewisse Berufe an die Stelle der heute bestehenden Lehranstalten, insbesondere der Univer¬ sitäten oder Handelshochschulen, oder das Studium auf der Auslandshochschule folgt zeitlich auf den Abschluß des Studiums auf einer der bestehenden Lehranstalten.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_328099/210>, abgerufen am 25.07.2024.