Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Erstes Vierteljahr.Siegfried oder Achill? "Wir ziehen mit dem Herzog an die Mosel!" rief er mit seiner hellen "Sapperlot, das lob ich mir!" Josias wischte sich die Stirn und rückte Er sah zu Sebastian hin, der regungslos, mit weit geöffneten Augen stand. "Ihr solltet mitkommen, Junker!" sagte er halb spöttisch. "Wir armen Klirrend ging er die Straße hinunter und Gerritt folgte ihm mit zufriedenen "Ja, so ein papistisch Herrlein, mit einem Heiligen im Gemach --" Die (Fortsetzung folgt" Siegfried oder Achill? Dr. Roland Schacht Von n allen modernen Literaturen gibt es Werke, deren technische Zunächst der Einfachheit. Das Komplizierte ist stets das Produkt eines Siegfried oder Achill? „Wir ziehen mit dem Herzog an die Mosel!" rief er mit seiner hellen „Sapperlot, das lob ich mir!" Josias wischte sich die Stirn und rückte Er sah zu Sebastian hin, der regungslos, mit weit geöffneten Augen stand. „Ihr solltet mitkommen, Junker!" sagte er halb spöttisch. „Wir armen Klirrend ging er die Straße hinunter und Gerritt folgte ihm mit zufriedenen „Ja, so ein papistisch Herrlein, mit einem Heiligen im Gemach —" Die (Fortsetzung folgt» Siegfried oder Achill? Dr. Roland Schacht Von n allen modernen Literaturen gibt es Werke, deren technische Zunächst der Einfachheit. Das Komplizierte ist stets das Produkt eines <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0614" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/328080"/> <fw type="header" place="top"> Siegfried oder Achill?</fw><lb/> <p xml:id="ID_2924"> „Wir ziehen mit dem Herzog an die Mosel!" rief er mit seiner hellen<lb/> Stimme. „Der Lothringer kommt hernach, wir aber bilden die Vorhut!"</p><lb/> <p xml:id="ID_2925"> „Sapperlot, das lob ich mir!" Josias wischte sich die Stirn und rückte<lb/> an seinem Wehrgehenk. „Die Franzosen laß ich gern über die Klinge springen<lb/> und einige andere dazu!"</p><lb/> <p xml:id="ID_2926"> Er sah zu Sebastian hin, der regungslos, mit weit geöffneten Augen stand.</p><lb/> <p xml:id="ID_2927"> „Ihr solltet mitkommen, Junker!" sagte er halb spöttisch. „Wir armen<lb/> Ketzer tragen unsere Haut für die Rheinländer zu Markt und diese beten nicht<lb/> einmal für uns. Wir haben ja nicht den rechten heiligen Glauben! Aber<lb/> beschützen dürfen wir Euch!"</p><lb/> <p xml:id="ID_2928"> Klirrend ging er die Straße hinunter und Gerritt folgte ihm mit zufriedenen<lb/> Gesicht.</p><lb/> <p xml:id="ID_2929"> „Ja, so ein papistisch Herrlein, mit einem Heiligen im Gemach —" Die<lb/> anderen Worte verklangen, Sebastian hörte sie nicht mehr.</p><lb/> <p xml:id="ID_2930"> (Fortsetzung folgt»</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Siegfried oder Achill?<lb/><note type="byline"> Dr. Roland Schacht</note> Von </head><lb/> <p xml:id="ID_2931"> n allen modernen Literaturen gibt es Werke, deren technische<lb/> Vollkommenheit jeder unvoreingenommene Kritiker anerkennen<lb/> I muß und die doch ohne jede Wirkung sind. Woher mag das<lb/> kommen? Oder stellen wir die Frage gleich allgemeiner: wo-<lb/> ^ durch wird Kunst populär, d. h. wodurch ist sie imstande, nicht<lb/> nur einem engeren Kreise von literarisch Interessierten, nicht nur einem weiteren<lb/> von Gebildeten, sondern auch dem Volk, mithin der gesamten Nation lebendige<lb/> und nachhaltige Eindrücke mitzuteilen? Offenbar zunächst durch künstlerische<lb/> Qualität. Nur was von einer gewissen technischen Qualität ist, es braucht nicht<lb/> immer die höchste zu sein, vermag sich dauernd zu behaupten. Aber wie aus<lb/> der oben gestellten ersten Frage bereits hervorgeht und ich schon unlängst in<lb/> meinem Kleist-Aufsatz angedeutet habe (Grenzboten 72. Jahrg. Ur. 42), genügt<lb/> die Qualität allem nicht, damit ein Werk von der Nation dankbar entgegen¬<lb/> genommen wird, es bedarf offenbar noch anderer Eigenschaften.</p><lb/> <p xml:id="ID_2932" next="#ID_2933"> Zunächst der Einfachheit. Das Komplizierte ist stets das Produkt eines<lb/> relativ engen, in sich geschlossenen Kreises, der mit den ihm gegebenen Möglich¬<lb/> keiten zu spielen beginnt; außerhalb dieses Kreises überzeugt es nicht mit jener<lb/> unmittelbar schlagenden und doch nachhaltigen Wirkung, die die Hauptbedingung</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0614]
Siegfried oder Achill?
„Wir ziehen mit dem Herzog an die Mosel!" rief er mit seiner hellen
Stimme. „Der Lothringer kommt hernach, wir aber bilden die Vorhut!"
„Sapperlot, das lob ich mir!" Josias wischte sich die Stirn und rückte
an seinem Wehrgehenk. „Die Franzosen laß ich gern über die Klinge springen
und einige andere dazu!"
Er sah zu Sebastian hin, der regungslos, mit weit geöffneten Augen stand.
„Ihr solltet mitkommen, Junker!" sagte er halb spöttisch. „Wir armen
Ketzer tragen unsere Haut für die Rheinländer zu Markt und diese beten nicht
einmal für uns. Wir haben ja nicht den rechten heiligen Glauben! Aber
beschützen dürfen wir Euch!"
Klirrend ging er die Straße hinunter und Gerritt folgte ihm mit zufriedenen
Gesicht.
„Ja, so ein papistisch Herrlein, mit einem Heiligen im Gemach —" Die
anderen Worte verklangen, Sebastian hörte sie nicht mehr.
(Fortsetzung folgt»
Siegfried oder Achill?
Dr. Roland Schacht Von
n allen modernen Literaturen gibt es Werke, deren technische
Vollkommenheit jeder unvoreingenommene Kritiker anerkennen
I muß und die doch ohne jede Wirkung sind. Woher mag das
kommen? Oder stellen wir die Frage gleich allgemeiner: wo-
^ durch wird Kunst populär, d. h. wodurch ist sie imstande, nicht
nur einem engeren Kreise von literarisch Interessierten, nicht nur einem weiteren
von Gebildeten, sondern auch dem Volk, mithin der gesamten Nation lebendige
und nachhaltige Eindrücke mitzuteilen? Offenbar zunächst durch künstlerische
Qualität. Nur was von einer gewissen technischen Qualität ist, es braucht nicht
immer die höchste zu sein, vermag sich dauernd zu behaupten. Aber wie aus
der oben gestellten ersten Frage bereits hervorgeht und ich schon unlängst in
meinem Kleist-Aufsatz angedeutet habe (Grenzboten 72. Jahrg. Ur. 42), genügt
die Qualität allem nicht, damit ein Werk von der Nation dankbar entgegen¬
genommen wird, es bedarf offenbar noch anderer Eigenschaften.
Zunächst der Einfachheit. Das Komplizierte ist stets das Produkt eines
relativ engen, in sich geschlossenen Kreises, der mit den ihm gegebenen Möglich¬
keiten zu spielen beginnt; außerhalb dieses Kreises überzeugt es nicht mit jener
unmittelbar schlagenden und doch nachhaltigen Wirkung, die die Hauptbedingung
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |